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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729.

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Von der Kleidung.
stetswährender Erinnerung ihrer Niedrigkeit, ihre
ehmahligen Kleider Zeit Lebens aufgehoben, und
sie auch wohl bißweilen angelegt. Also melden
die Geschicht-Schreiber, daß der Hertzog in Poh-
len Lescus II. der anno Christi 776. erwehlt wor-
den, alle Jahre einmahl, zum Andencken seines
Bauer-Standes, seine Fürstlichen Kleider mit son-
derbahren Ceremonien abgelegt, und an deren
Statt seine Bauer-Kleider angezogen. Nach-
dem er nun die gantze Zeit seines Lebens diese Ge-
wohnheit beobachtet, so sind auch alle seine Hof-
Bedienten hiedurch bewogen worden, um solche
Zeit gleichfalls in geringen Kleidern einher zu ge-
hen. S. Connors Beschreibung von Pohlen,
p. 20.

§. 3. Die bey ihrer eigenen Kleidung die Kost-
barkeit und Veränderung lieben, sehen auch der-
gleichen gerne bey ihrer Hofstatt. Bey dem Kay-
ser Josepho, glorwürdigsten Andenckens, war die
so genannte Hof- oder Mantel-Tracht, welche
Imperiale genennet wird, allezeit sehr kostbar, und
konte auch bey seinen Ministris die Veränderungen
in der Kleidung trefflich leiden. Einmahl schertz-
te er, da er noch Römischer König war, mit sei-
nen Premier-Ministre dem Cardinal Lamberg,
und sagte zu ihm, weil er allzu offt bey Hofe mit
einem Kleide erschien: ich glaube du und dein
Kleid haben einander zur Ehe genommen, worauf
aber Lamberg versatzte: wenn Jhro Majestät die
Polygamie von unsern Kleidern verlangen, so wer-

den

Von der Kleidung.
ſtetswaͤhrender Erinnerung ihrer Niedrigkeit, ihre
ehmahligen Kleider Zeit Lebens aufgehoben, und
ſie auch wohl bißweilen angelegt. Alſo melden
die Geſchicht-Schreiber, daß der Hertzog in Poh-
len Leſcus II. der anno Chriſti 776. erwehlt wor-
den, alle Jahre einmahl, zum Andencken ſeines
Bauer-Standes, ſeine Fuͤrſtlichen Kleider mit ſon-
derbahren Ceremonien abgelegt, und an deren
Statt ſeine Bauer-Kleider angezogen. Nach-
dem er nun die gantze Zeit ſeines Lebens dieſe Ge-
wohnheit beobachtet, ſo ſind auch alle ſeine Hof-
Bedienten hiedurch bewogen worden, um ſolche
Zeit gleichfalls in geringen Kleidern einher zu ge-
hen. S. Connors Beſchreibung von Pohlen,
p. 20.

§. 3. Die bey ihrer eigenen Kleidung die Koſt-
barkeit und Veraͤnderung lieben, ſehen auch der-
gleichen gerne bey ihrer Hofſtatt. Bey dem Kay-
ſer Joſepho, glorwuͤrdigſten Andenckens, war die
ſo genannte Hof- oder Mantel-Tracht, welche
Imperiale genennet wird, allezeit ſehr koſtbar, und
konte auch bey ſeinen Miniſtris die Veraͤnderungen
in der Kleidung trefflich leiden. Einmahl ſchertz-
te er, da er noch Roͤmiſcher Koͤnig war, mit ſei-
nen Premier-Miniſtre dem Cardinal Lamberg,
und ſagte zu ihm, weil er allzu offt bey Hofe mit
einem Kleide erſchien: ich glaube du und dein
Kleid haben einander zur Ehe genommen, worauf
aber Lamberg verſatzte: wenn Jhro Majeſtaͤt die
Polygamie von unſern Kleidern verlangen, ſo wer-

den
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[27/0051] Von der Kleidung. ſtetswaͤhrender Erinnerung ihrer Niedrigkeit, ihre ehmahligen Kleider Zeit Lebens aufgehoben, und ſie auch wohl bißweilen angelegt. Alſo melden die Geſchicht-Schreiber, daß der Hertzog in Poh- len Leſcus II. der anno Chriſti 776. erwehlt wor- den, alle Jahre einmahl, zum Andencken ſeines Bauer-Standes, ſeine Fuͤrſtlichen Kleider mit ſon- derbahren Ceremonien abgelegt, und an deren Statt ſeine Bauer-Kleider angezogen. Nach- dem er nun die gantze Zeit ſeines Lebens dieſe Ge- wohnheit beobachtet, ſo ſind auch alle ſeine Hof- Bedienten hiedurch bewogen worden, um ſolche Zeit gleichfalls in geringen Kleidern einher zu ge- hen. S. Connors Beſchreibung von Pohlen, p. 20. §. 3. Die bey ihrer eigenen Kleidung die Koſt- barkeit und Veraͤnderung lieben, ſehen auch der- gleichen gerne bey ihrer Hofſtatt. Bey dem Kay- ſer Joſepho, glorwuͤrdigſten Andenckens, war die ſo genannte Hof- oder Mantel-Tracht, welche Imperiale genennet wird, allezeit ſehr koſtbar, und konte auch bey ſeinen Miniſtris die Veraͤnderungen in der Kleidung trefflich leiden. Einmahl ſchertz- te er, da er noch Roͤmiſcher Koͤnig war, mit ſei- nen Premier-Miniſtre dem Cardinal Lamberg, und ſagte zu ihm, weil er allzu offt bey Hofe mit einem Kleide erſchien: ich glaube du und dein Kleid haben einander zur Ehe genommen, worauf aber Lamberg verſatzte: wenn Jhro Majeſtaͤt die Polygamie von unſern Kleidern verlangen, ſo wer- den

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/51>, abgerufen am 27.11.2024.