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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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II. Theil. XVIII. Capitul.
durch mancherley Unglücks-Fälle, eine grosse Schul-
den-Last über den Halß gezogen, aus der du dich
nicht heraus wickeln kanst, und du siehest, daß dieje-
nigen Jahre heran kommen, von welchen es heist,
sie gefallen mir nicht, oder daß sich dein Sterbe-
Stündlein annähert, so bemühe dich, nach den Re-
geln der Vernunfft, die kurtze Zeit über, die noch
dein eigen ist, vornehmlich aber durch Busse und
Glauben, die Scharte auszuwetzen, und das unrich-
tige Wesen zu verbessern, so gut du kanst. Hast du
dieses gethan, so wirff deine Sorge, wegen deiner
übrigen Unrichtigkeit, die du den Deinigen zurück
lässest, auf denjenigen HErrn, der unendliche Mit-
tel und Wege hat, deine von dir begangenen Fehler
zu verbessern, die Deinigen aus der Unrichtigkeit
heraus zu reissen, und sie derjenigen Glückseligkeit,
die ihnen nöthig, theilhafftig zu machen. Bewah-
re alsdenn den Frieden in deinem Hertzen, und er-
warte mit stiller Gelassenheit diejenige Minute, die
dich aus der Zeit in die Ewigkeit versetzt.

§. 12. Es ist eine grosse Thorheit, daß manche
Leute die Verordnung, wegen ihrer künfftigen Ver-
lassenschafft, so lange aufschieben, biß ihnen der Tod,
so zu sagen, auf der Zunge sitzt, oder es ihnen an nö-
thigen Leibes- und Gemüths-Kräfften fehlet, ihren
Willen vollkömmlich zu verstehen zu geben, darü-
ber denn hernach unter denen Erben hunderterley
Disputen entstehen. Viel Leute dencken, so bald
sie ihr Testament solten niederschreiben oder gericht-
lich beylegen lassen, so bald müsten sie sterben. Ein

Ver-

II. Theil. XVIII. Capitul.
durch mancherley Ungluͤcks-Faͤlle, eine groſſe Schul-
den-Laſt uͤber den Halß gezogen, aus der du dich
nicht heraus wickeln kanſt, und du ſieheſt, daß dieje-
nigen Jahre heran kommen, von welchen es heiſt,
ſie gefallen mir nicht, oder daß ſich dein Sterbe-
Stuͤndlein annaͤhert, ſo bemuͤhe dich, nach den Re-
geln der Vernunfft, die kurtze Zeit uͤber, die noch
dein eigen iſt, vornehmlich aber durch Buſſe und
Glauben, die Scharte auszuwetzen, und das unrich-
tige Weſen zu verbeſſern, ſo gut du kanſt. Haſt du
dieſes gethan, ſo wirff deine Sorge, wegen deiner
uͤbrigen Unrichtigkeit, die du den Deinigen zuruͤck
laͤſſeſt, auf denjenigen HErrn, der unendliche Mit-
tel und Wege hat, deine von dir begangenen Fehler
zu verbeſſern, die Deinigen aus der Unrichtigkeit
heraus zu reiſſen, und ſie derjenigen Gluͤckſeligkeit,
die ihnen noͤthig, theilhafftig zu machen. Bewah-
re alsdenn den Frieden in deinem Hertzen, und er-
warte mit ſtiller Gelaſſenheit diejenige Minute, die
dich aus der Zeit in die Ewigkeit verſetzt.

§. 12. Es iſt eine groſſe Thorheit, daß manche
Leute die Verordnung, wegen ihrer kuͤnfftigen Ver-
laſſenſchafft, ſo lange aufſchieben, biß ihnen der Tod,
ſo zu ſagen, auf der Zunge ſitzt, oder es ihnen an noͤ-
thigen Leibes- und Gemuͤths-Kraͤfften fehlet, ihren
Willen vollkoͤmmlich zu verſtehen zu geben, daruͤ-
ber denn hernach unter denen Erben hunderterley
Diſputen entſtehen. Viel Leute dencken, ſo bald
ſie ihr Teſtament ſolten niederſchreiben oder gericht-
lich beylegen laſſen, ſo bald muͤſten ſie ſterben. Ein

Ver-
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[656/0676] II. Theil. XVIII. Capitul. durch mancherley Ungluͤcks-Faͤlle, eine groſſe Schul- den-Laſt uͤber den Halß gezogen, aus der du dich nicht heraus wickeln kanſt, und du ſieheſt, daß dieje- nigen Jahre heran kommen, von welchen es heiſt, ſie gefallen mir nicht, oder daß ſich dein Sterbe- Stuͤndlein annaͤhert, ſo bemuͤhe dich, nach den Re- geln der Vernunfft, die kurtze Zeit uͤber, die noch dein eigen iſt, vornehmlich aber durch Buſſe und Glauben, die Scharte auszuwetzen, und das unrich- tige Weſen zu verbeſſern, ſo gut du kanſt. Haſt du dieſes gethan, ſo wirff deine Sorge, wegen deiner uͤbrigen Unrichtigkeit, die du den Deinigen zuruͤck laͤſſeſt, auf denjenigen HErrn, der unendliche Mit- tel und Wege hat, deine von dir begangenen Fehler zu verbeſſern, die Deinigen aus der Unrichtigkeit heraus zu reiſſen, und ſie derjenigen Gluͤckſeligkeit, die ihnen noͤthig, theilhafftig zu machen. Bewah- re alsdenn den Frieden in deinem Hertzen, und er- warte mit ſtiller Gelaſſenheit diejenige Minute, die dich aus der Zeit in die Ewigkeit verſetzt. §. 12. Es iſt eine groſſe Thorheit, daß manche Leute die Verordnung, wegen ihrer kuͤnfftigen Ver- laſſenſchafft, ſo lange aufſchieben, biß ihnen der Tod, ſo zu ſagen, auf der Zunge ſitzt, oder es ihnen an noͤ- thigen Leibes- und Gemuͤths-Kraͤfften fehlet, ihren Willen vollkoͤmmlich zu verſtehen zu geben, daruͤ- ber denn hernach unter denen Erben hunderterley Diſputen entſtehen. Viel Leute dencken, ſo bald ſie ihr Teſtament ſolten niederſchreiben oder gericht- lich beylegen laſſen, ſo bald muͤſten ſie ſterben. Ein Ver-

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 656. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/676>, abgerufen am 22.11.2024.