Höhern werden sie gemeiniglich, durch Dispensa- tion des Consistorii, nachgelassen. Wie dieser Gebrauch schon von ein fünff Seculis her in dem Pabstthum in Observanz gewesen, kan in Hilde- brands Tractat, de nuptiis Veterum Christiano- rum, nachgelesen werden. Ebenfalls ist es eine sehr alte Gewohnheit, daß die Hochzeiten in der Fastnachts- und in der Advents-Zeit nicht celebri- ret werden dürffen.
§. 24. Ob sich die ersten Christen bey ihren Ehe- Bündnissen durch die Kirchen-Diener einseegnen lassen, ist aus ihren Schrifften so genau nicht zu er- sehen, jedoch findet man wohl so viel, daß die Ver- bindung mit Vorbewust der Gemeinde oder des Aufsehers, um guter Ordnung willen, hat müssen vollzogen werden. Die andern Solennitäten wa- ren unter ihnen ziemlich unbekandt. Jhr bedräng- ter Zustand verstattete nicht, viel Gepränge oder Aufzüge zu machen, oder dabey Lermen zu blasen, am allerwenigsten zu sauffen, dantzen u. s. w. indem ihnen die Heyden bald alles würden zerstöhret ha- ben. Wenn auch gleich ruhige Zeiten einfielen, so ließ ihnen doch ihre gewöhnliche Sittsamkeit, Mäßigkeit und Gottseligkeit nicht zu, etwas von dem vorzunehmen, was man nachmahls unter dem ver- fallenen Christenthume, nach der Heyden Weise, geschehen sahe. Hingegen waren bey den Hochzei- ten der Heyden nichts als leichtfertige Reden, un- verschämt Gelächter, unordentliches Sitzen durch- einander, grosse Pracht in Speisen, närrische Dän-
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Von der Verehlichung.
Hoͤhern werden ſie gemeiniglich, durch Diſpenſa- tion des Conſiſtorii, nachgelaſſen. Wie dieſer Gebrauch ſchon von ein fuͤnff Seculis her in dem Pabſtthum in Obſervanz geweſen, kan in Hilde- brands Tractat, de nuptiis Veterum Chriſtiano- rum, nachgeleſen werden. Ebenfalls iſt es eine ſehr alte Gewohnheit, daß die Hochzeiten in der Faſtnachts- und in der Advents-Zeit nicht celebri- ret werden duͤrffen.
§. 24. Ob ſich die erſten Chriſten bey ihren Ehe- Buͤndniſſen durch die Kirchen-Diener einſeegnen laſſen, iſt aus ihren Schrifften ſo genau nicht zu er- ſehen, jedoch findet man wohl ſo viel, daß die Ver- bindung mit Vorbewuſt der Gemeinde oder des Aufſehers, um guter Ordnung willen, hat muͤſſen vollzogen werden. Die andern Solennitaͤten wa- ren unter ihnen ziemlich unbekandt. Jhr bedraͤng- ter Zuſtand verſtattete nicht, viel Gepraͤnge oder Aufzuͤge zu machen, oder dabey Lermen zu blaſen, am allerwenigſten zu ſauffen, dantzen u. ſ. w. indem ihnen die Heyden bald alles wuͤrden zerſtoͤhret ha- ben. Wenn auch gleich ruhige Zeiten einfielen, ſo ließ ihnen doch ihre gewoͤhnliche Sittſamkeit, Maͤßigkeit und Gottſeligkeit nicht zu, etwas von dem vorzunehmen, was man nachmahls unter dem ver- fallenen Chriſtenthume, nach der Heyden Weiſe, geſchehen ſahe. Hingegen waren bey den Hochzei- ten der Heyden nichts als leichtfertige Reden, un- verſchaͤmt Gelaͤchter, unordentliches Sitzen durch- einander, groſſe Pracht in Speiſen, naͤrriſche Daͤn-
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Von der Verehlichung.
Hoͤhern werden ſie gemeiniglich, durch Diſpenſa-
tion des Conſiſtorii, nachgelaſſen. Wie dieſer
Gebrauch ſchon von ein fuͤnff Seculis her in dem
Pabſtthum in Obſervanz geweſen, kan in Hilde-
brands Tractat, de nuptiis Veterum Chriſtiano-
rum, nachgeleſen werden. Ebenfalls iſt es eine
ſehr alte Gewohnheit, daß die Hochzeiten in der
Faſtnachts- und in der Advents-Zeit nicht celebri-
ret werden duͤrffen.
§. 24. Ob ſich die erſten Chriſten bey ihren Ehe-
Buͤndniſſen durch die Kirchen-Diener einſeegnen
laſſen, iſt aus ihren Schrifften ſo genau nicht zu er-
ſehen, jedoch findet man wohl ſo viel, daß die Ver-
bindung mit Vorbewuſt der Gemeinde oder des
Aufſehers, um guter Ordnung willen, hat muͤſſen
vollzogen werden. Die andern Solennitaͤten wa-
ren unter ihnen ziemlich unbekandt. Jhr bedraͤng-
ter Zuſtand verſtattete nicht, viel Gepraͤnge oder
Aufzuͤge zu machen, oder dabey Lermen zu blaſen,
am allerwenigſten zu ſauffen, dantzen u. ſ. w. indem
ihnen die Heyden bald alles wuͤrden zerſtoͤhret ha-
ben. Wenn auch gleich ruhige Zeiten einfielen,
ſo ließ ihnen doch ihre gewoͤhnliche Sittſamkeit,
Maͤßigkeit und Gottſeligkeit nicht zu, etwas von dem
vorzunehmen, was man nachmahls unter dem ver-
fallenen Chriſtenthume, nach der Heyden Weiſe,
geſchehen ſahe. Hingegen waren bey den Hochzei-
ten der Heyden nichts als leichtfertige Reden, un-
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einander, groſſe Pracht in Speiſen, naͤrriſche Daͤn-
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 611. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/631>, abgerufen am 22.11.2024.
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