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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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Von der Mode.
Mode kan man wohl sagen, daß ein Thore viel
Thoren zu machen pflege.

§. 10. Oeffters sind Privat-Personen, auch wohl
gar schlechte und geringe Leute, die ersten Erfinder
einer Mode, die nachgehends allgemein wird, nicht
allein aus Gewinnsucht, wie ich in dem 7 § ange-
zeiget, sondern auch aus einer Begierde denen Hö-
hern zu gefallen, und sich bey ihnen einzuschmeicheln,
indem sie die Hohen der Welt mehr fürchten und
lieben, als den grossen GOtt im Himmel, und sich
in allen Stücken nach ihren Passionen richten; So
geben ihrer viele grossen Herren neue Methoden an,
wie sie auf eine neue und veränderliche Weise ihre
Lüste ausüben, und in der Kleidung, in der Equi-
page,
bey ihrer Tafel, bey den divertissemens, u. s. w.
andere, ihres gleichen oder geringere, übertreffen
können. Grosse Herren lassen sich denn derglei-
chen Vorschläge nicht selten gefallen, und nehmen
zu ihren Schaden und zu ihrer disrenommee von
denjenigen Gesetze an, denen sie Gesetze vorschreiben
sollen. Mancher Kauffmann, Künstler, Schnei-
der und andere dergleichen Leute, bilden sich bißwei-
len nicht wenig darauf ein, daß sie hierinnen vermö-
gend sind, den Willen eines grossen Herrn nach ih-
rem Gefallen zu lencken.

§. 11. Bißweilen geschicht es auch, daß hohe
Standes-Personen selbst von beyderley Geschlecht,
ohne fremdes Anrathen, und aus ihren eigenen
Gehirne, eine Mode inventiren, die denn auch nach-
gehends mit dem Nahmen ihres Durchlauchtigsten

Er-
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Von der Mode.
Mode kan man wohl ſagen, daß ein Thore viel
Thoren zu machen pflege.

§. 10. Oeffters ſind Privat-Perſonen, auch wohl
gar ſchlechte und geringe Leute, die erſten Erfinder
einer Mode, die nachgehends allgemein wird, nicht
allein aus Gewinnſucht, wie ich in dem 7 § ange-
zeiget, ſondern auch aus einer Begierde denen Hoͤ-
hern zu gefallen, und ſich bey ihnen einzuſchmeicheln,
indem ſie die Hohen der Welt mehr fuͤrchten und
lieben, als den groſſen GOtt im Himmel, und ſich
in allen Stuͤcken nach ihren Pasſionen richten; So
geben ihrer viele groſſen Herren neue Methoden an,
wie ſie auf eine neue und veraͤnderliche Weiſe ihre
Luͤſte ausuͤben, und in der Kleidung, in der Equi-
page,
bey ihrer Tafel, bey den divertiſſemens, u. ſ. w.
andere, ihres gleichen oder geringere, uͤbertreffen
koͤnnen. Groſſe Herren laſſen ſich denn derglei-
chen Vorſchlaͤge nicht ſelten gefallen, und nehmen
zu ihren Schaden und zu ihrer disrenommée von
denjenigen Geſetze an, denen ſie Geſetze vorſchreiben
ſollen. Mancher Kauffmann, Kuͤnſtler, Schnei-
der und andere dergleichen Leute, bilden ſich bißwei-
len nicht wenig darauf ein, daß ſie hierinnen vermoͤ-
gend ſind, den Willen eines groſſen Herrn nach ih-
rem Gefallen zu lencken.

§. 11. Bißweilen geſchicht es auch, daß hohe
Standes-Perſonen ſelbſt von beyderley Geſchlecht,
ohne fremdes Anrathen, und aus ihren eigenen
Gehirne, eine Mode inventiren, die denn auch nach-
gehends mit dem Nahmen ihres Durchlauchtigſten

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[41/0061] Von der Mode. Mode kan man wohl ſagen, daß ein Thore viel Thoren zu machen pflege. §. 10. Oeffters ſind Privat-Perſonen, auch wohl gar ſchlechte und geringe Leute, die erſten Erfinder einer Mode, die nachgehends allgemein wird, nicht allein aus Gewinnſucht, wie ich in dem 7 § ange- zeiget, ſondern auch aus einer Begierde denen Hoͤ- hern zu gefallen, und ſich bey ihnen einzuſchmeicheln, indem ſie die Hohen der Welt mehr fuͤrchten und lieben, als den groſſen GOtt im Himmel, und ſich in allen Stuͤcken nach ihren Pasſionen richten; So geben ihrer viele groſſen Herren neue Methoden an, wie ſie auf eine neue und veraͤnderliche Weiſe ihre Luͤſte ausuͤben, und in der Kleidung, in der Equi- page, bey ihrer Tafel, bey den divertiſſemens, u. ſ. w. andere, ihres gleichen oder geringere, uͤbertreffen koͤnnen. Groſſe Herren laſſen ſich denn derglei- chen Vorſchlaͤge nicht ſelten gefallen, und nehmen zu ihren Schaden und zu ihrer disrenommée von denjenigen Geſetze an, denen ſie Geſetze vorſchreiben ſollen. Mancher Kauffmann, Kuͤnſtler, Schnei- der und andere dergleichen Leute, bilden ſich bißwei- len nicht wenig darauf ein, daß ſie hierinnen vermoͤ- gend ſind, den Willen eines groſſen Herrn nach ih- rem Gefallen zu lencken. §. 11. Bißweilen geſchicht es auch, daß hohe Standes-Perſonen ſelbſt von beyderley Geſchlecht, ohne fremdes Anrathen, und aus ihren eigenen Gehirne, eine Mode inventiren, die denn auch nach- gehends mit dem Nahmen ihres Durchlauchtigſten Er- C 5

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/61>, abgerufen am 19.05.2024.