Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

Bild:
<< vorherige Seite

II. Theil. XIII. Capitul.
ben, daß alle Stücke derselben, nicht allein den
Farben, sondern auch der Kostbarkeit, der Rein-
lichkeit und Ordnung nach mit einander harmoni-
ren mögen. Es würde also sehr schlecht lassen,
wenn ein Cavalier in einem propren Kleide er-
schiene, hingegen eine altväterische confuse Peru-
que
auf hätte, oder einen lappichten zurißnen Hut
trüge. So muß man auch bey Abstattung der
Visiten, zumahl an Höhere und Vornehmere, sei-
ne Kleidung einiger massen mit in Betrachtung zie-
hen, und sich nach ihren Neigungen oder doch sonst
nach denjenigen Umständen richten, die der Wohl-
stand etwan hierbey erfordern will. Wenn man
also bey einem grossen Minister, der in tieffer Trauer
stehet, seine Aufwartung machen will, muß man
nicht in bunter, sondern in schwartzer Kleidung er-
scheinen.

§. 37. Daß die meisten Moden in der Kleidung
auch deren besondere Benennungen ihren Ursprung
aus Franckreich her hohlen, ist jederman bekandt.
Bißweilen hat eine Caprice einer hohen Standes-
Person, oder auch wohl nur ein ungefehrer Zufall
zu etwas Gelegenheit gegeben, welches hernach bey
andern ins Ansehen gekommen, und von den Teut-
schen auf das begierigste nachgeahmet worden.
Also sollen die Fontangen des Frauenzimmers ih-
ren Nahmen von der Madame Fontange in Franck-
reich erhalten haben. Diese wäre mit dem Kö-
nig einstens auf der Jagt gewesen, und hätte sich
wegen allzugroßer Hitze einen dergleichen hohen

Aufsatz

II. Theil. XIII. Capitul.
ben, daß alle Stuͤcke derſelben, nicht allein den
Farben, ſondern auch der Koſtbarkeit, der Rein-
lichkeit und Ordnung nach mit einander harmoni-
ren moͤgen. Es wuͤrde alſo ſehr ſchlecht laſſen,
wenn ein Cavalier in einem propren Kleide er-
ſchiene, hingegen eine altvaͤteriſche confuſe Peru-
que
auf haͤtte, oder einen lappichten zurißnen Hut
truͤge. So muß man auch bey Abſtattung der
Viſiten, zumahl an Hoͤhere und Vornehmere, ſei-
ne Kleidung einiger maſſen mit in Betrachtung zie-
hen, und ſich nach ihren Neigungen oder doch ſonſt
nach denjenigen Umſtaͤnden richten, die der Wohl-
ſtand etwan hierbey erfordern will. Wenn man
alſo bey einem groſſen Miniſter, der in tieffer Trauer
ſtehet, ſeine Aufwartung machen will, muß man
nicht in bunter, ſondern in ſchwartzer Kleidung er-
ſcheinen.

§. 37. Daß die meiſten Moden in der Kleidung
auch deren beſondere Benennungen ihren Urſprung
aus Franckreich her hohlen, iſt jederman bekandt.
Bißweilen hat eine Caprice einer hohen Standes-
Perſon, oder auch wohl nur ein ungefehrer Zufall
zu etwas Gelegenheit gegeben, welches hernach bey
andern ins Anſehen gekommen, und von den Teut-
ſchen auf das begierigſte nachgeahmet worden.
Alſo ſollen die Fontangen des Frauenzimmers ih-
ren Nahmen von der Madame Fontange in Franck-
reich erhalten haben. Dieſe waͤre mit dem Koͤ-
nig einſtens auf der Jagt geweſen, und haͤtte ſich
wegen allzugroßer Hitze einen dergleichen hohen

Aufſatz
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0588" n="568"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">II.</hi> Theil. <hi rendition="#aq">XIII.</hi> Capitul.</hi></fw><lb/>
ben, daß alle Stu&#x0364;cke der&#x017F;elben, nicht allein den<lb/>
Farben, &#x017F;ondern auch der Ko&#x017F;tbarkeit, der Rein-<lb/>
lichkeit und Ordnung nach mit einander <hi rendition="#aq">harmoni-</hi><lb/>
ren mo&#x0364;gen. Es wu&#x0364;rde al&#x017F;o &#x017F;ehr &#x017F;chlecht la&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
wenn ein <hi rendition="#aq">Cavalier</hi> in einem <hi rendition="#aq">propr</hi>en Kleide er-<lb/>
&#x017F;chiene, hingegen eine altva&#x0364;teri&#x017F;che <hi rendition="#aq">confu&#x017F;e Peru-<lb/>
que</hi> auf ha&#x0364;tte, oder einen lappichten zurißnen Hut<lb/>
tru&#x0364;ge. So muß man auch bey Ab&#x017F;tattung der<lb/><hi rendition="#aq">Vi&#x017F;it</hi>en, zumahl an Ho&#x0364;here und Vornehmere, &#x017F;ei-<lb/>
ne Kleidung einiger ma&#x017F;&#x017F;en mit in Betrachtung zie-<lb/>
hen, und &#x017F;ich nach ihren Neigungen oder doch &#x017F;on&#x017F;t<lb/>
nach denjenigen Um&#x017F;ta&#x0364;nden richten, die der Wohl-<lb/>
&#x017F;tand etwan hierbey erfordern will. Wenn man<lb/>
al&#x017F;o bey einem gro&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#aq">Mini&#x017F;ter,</hi> der in tieffer Trauer<lb/>
&#x017F;tehet, &#x017F;eine Aufwartung machen will, muß man<lb/>
nicht in bunter, &#x017F;ondern in &#x017F;chwartzer Kleidung er-<lb/>
&#x017F;cheinen.</p><lb/>
        <p>§. 37. Daß die mei&#x017F;ten <hi rendition="#aq">Moden</hi> in der Kleidung<lb/>
auch deren be&#x017F;ondere Benennungen ihren Ur&#x017F;prung<lb/>
aus Franckreich her hohlen, i&#x017F;t jederman bekandt.<lb/>
Bißweilen hat eine <hi rendition="#aq">Caprice</hi> einer hohen Standes-<lb/>
Per&#x017F;on, oder auch wohl nur ein ungefehrer Zufall<lb/>
zu etwas Gelegenheit gegeben, welches hernach bey<lb/>
andern ins An&#x017F;ehen gekommen, und von den Teut-<lb/>
&#x017F;chen auf das begierig&#x017F;te nachgeahmet worden.<lb/>
Al&#x017F;o &#x017F;ollen die <hi rendition="#aq">Fontangen</hi> des Frauenzimmers ih-<lb/>
ren Nahmen von der <hi rendition="#aq">Madame Fontange</hi> in Franck-<lb/>
reich erhalten haben. Die&#x017F;e wa&#x0364;re mit dem Ko&#x0364;-<lb/>
nig ein&#x017F;tens auf der Jagt gewe&#x017F;en, und ha&#x0364;tte &#x017F;ich<lb/>
wegen allzugroßer Hitze einen dergleichen hohen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Auf&#x017F;atz</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[568/0588] II. Theil. XIII. Capitul. ben, daß alle Stuͤcke derſelben, nicht allein den Farben, ſondern auch der Koſtbarkeit, der Rein- lichkeit und Ordnung nach mit einander harmoni- ren moͤgen. Es wuͤrde alſo ſehr ſchlecht laſſen, wenn ein Cavalier in einem propren Kleide er- ſchiene, hingegen eine altvaͤteriſche confuſe Peru- que auf haͤtte, oder einen lappichten zurißnen Hut truͤge. So muß man auch bey Abſtattung der Viſiten, zumahl an Hoͤhere und Vornehmere, ſei- ne Kleidung einiger maſſen mit in Betrachtung zie- hen, und ſich nach ihren Neigungen oder doch ſonſt nach denjenigen Umſtaͤnden richten, die der Wohl- ſtand etwan hierbey erfordern will. Wenn man alſo bey einem groſſen Miniſter, der in tieffer Trauer ſtehet, ſeine Aufwartung machen will, muß man nicht in bunter, ſondern in ſchwartzer Kleidung er- ſcheinen. §. 37. Daß die meiſten Moden in der Kleidung auch deren beſondere Benennungen ihren Urſprung aus Franckreich her hohlen, iſt jederman bekandt. Bißweilen hat eine Caprice einer hohen Standes- Perſon, oder auch wohl nur ein ungefehrer Zufall zu etwas Gelegenheit gegeben, welches hernach bey andern ins Anſehen gekommen, und von den Teut- ſchen auf das begierigſte nachgeahmet worden. Alſo ſollen die Fontangen des Frauenzimmers ih- ren Nahmen von der Madame Fontange in Franck- reich erhalten haben. Dieſe waͤre mit dem Koͤ- nig einſtens auf der Jagt geweſen, und haͤtte ſich wegen allzugroßer Hitze einen dergleichen hohen Aufſatz

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/588
Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 568. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/588>, abgerufen am 25.11.2024.