Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

Bild:
<< vorherige Seite

II. Theil. XII. Capitul.
der Beschreibung seines Hof- und Land-Lebens
p. 73 schreibet: Bey Hofe und in grossen Städten
muß man mehr Haußrath haben, zur Contenti-
rung dererjenigen, die uns in unsern Häusern heim-
suchen, als wir zu unserer Leibes-Nothdurfft brau-
chen. Hergegen sind die, so auf dem Lande woh-
nen, wohl daran, welche einen schlechten Tisch, ei-
ne breite Banck, eine tieffe Schüssel, einen steiner-
nen Krug, ein höltzernes Saltzfaß, ein gemahltes
Bette, leinene Fürhänge, einen guten Schlaf-Rock
bey dem Bette, einen Spieß hinter der Thüre, ein
gut Roß im Stalle, und eine gute Magd haben, die
wohl kochen kan. Daß also einer mit diesem Hauß-
rath viel besser dran ist, und honorabler lebt auf
dem Lande, als ein König in seinem Pallast. Doch,
so war es zu seiner Zeit; solte er sich jetzund in der
Welt wieder umsehen, so würde er finden, daß viele
auf dem Lande, in Anschaffung unnöthiger Meublen,
so thöricht sind, als andere in grossen Städten.

§. 15. Die Meublen müssen sich nach der übri-
gen Lebens-Art richten, und mit den andern Um-
ständen harmoniren; Es läst dahero über die mas-
sen schlecht, wenn einer in einigen Zimmern präch-
tige Meublen hat, und es ihm hingegen an nöthi-
ger Bedienung fehlt, oder einen armseligen Tisch
dabey führet, oder in seiner Kleidung eine betrübte
und barmhertzige Figur macht. So müssen sie
auch in den Zimmern der Kostbarkeit, der Farbe
und der Mode und Facon nach mit einander accor-
di
ren. (1) Der Kostbarkeit nach, sind die Tapis-

serien

II. Theil. XII. Capitul.
der Beſchreibung ſeines Hof- und Land-Lebens
p. 73 ſchreibet: Bey Hofe und in groſſen Staͤdten
muß man mehr Haußrath haben, zur Contenti-
rung dererjenigen, die uns in unſern Haͤuſern heim-
ſuchen, als wir zu unſerer Leibes-Nothdurfft brau-
chen. Hergegen ſind die, ſo auf dem Lande woh-
nen, wohl daran, welche einen ſchlechten Tiſch, ei-
ne breite Banck, eine tieffe Schuͤſſel, einen ſteiner-
nen Krug, ein hoͤltzernes Saltzfaß, ein gemahltes
Bette, leinene Fuͤrhaͤnge, einen guten Schlaf-Rock
bey dem Bette, einen Spieß hinter der Thuͤre, ein
gut Roß im Stalle, und eine gute Magd haben, die
wohl kochen kan. Daß alſo einer mit dieſem Hauß-
rath viel beſſer dran iſt, und honorabler lebt auf
dem Lande, als ein Koͤnig in ſeinem Pallaſt. Doch,
ſo war es zu ſeiner Zeit; ſolte er ſich jetzund in der
Welt wieder umſehen, ſo wuͤrde er finden, daß viele
auf dem Lande, in Anſchaffung unnoͤthiger Meublen,
ſo thoͤricht ſind, als andere in groſſen Staͤdten.

§. 15. Die Meublen muͤſſen ſich nach der uͤbri-
gen Lebens-Art richten, und mit den andern Um-
ſtaͤnden harmoniren; Es laͤſt dahero uͤber die maſ-
ſen ſchlecht, wenn einer in einigen Zimmern praͤch-
tige Meublen hat, und es ihm hingegen an noͤthi-
ger Bedienung fehlt, oder einen armſeligen Tiſch
dabey fuͤhret, oder in ſeiner Kleidung eine betruͤbte
und barmhertzige Figur macht. So muͤſſen ſie
auch in den Zimmern der Koſtbarkeit, der Farbe
und der Mode und Façon nach mit einander accor-
di
ren. (1) Der Koſtbarkeit nach, ſind die Tapis-

ſerien
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0548" n="528"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">II.</hi> Theil. <hi rendition="#aq">XII.</hi> Capitul.</hi></fw><lb/>
der Be&#x017F;chreibung &#x017F;eines Hof- und Land-Lebens<lb/><hi rendition="#aq">p.</hi> 73 &#x017F;chreibet: Bey Hofe und in gro&#x017F;&#x017F;en Sta&#x0364;dten<lb/>
muß man mehr Haußrath haben, zur <hi rendition="#aq">Contenti-</hi><lb/>
rung dererjenigen, die uns in un&#x017F;ern Ha&#x0364;u&#x017F;ern heim-<lb/>
&#x017F;uchen, als wir zu un&#x017F;erer Leibes-Nothdurfft brau-<lb/>
chen. Hergegen &#x017F;ind die, &#x017F;o auf dem Lande woh-<lb/>
nen, wohl daran, welche einen &#x017F;chlechten Ti&#x017F;ch, ei-<lb/>
ne breite Banck, eine tieffe Schu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el, einen &#x017F;teiner-<lb/>
nen Krug, ein ho&#x0364;ltzernes Saltzfaß, ein gemahltes<lb/>
Bette, leinene Fu&#x0364;rha&#x0364;nge, einen guten Schlaf-Rock<lb/>
bey dem Bette, einen Spieß hinter der Thu&#x0364;re, ein<lb/>
gut Roß im Stalle, und eine gute Magd haben, die<lb/>
wohl kochen kan. Daß al&#x017F;o einer mit die&#x017F;em Hauß-<lb/>
rath viel be&#x017F;&#x017F;er dran i&#x017F;t, und <hi rendition="#aq">honorabler</hi> lebt auf<lb/>
dem Lande, als ein Ko&#x0364;nig in &#x017F;einem Palla&#x017F;t. Doch,<lb/>
&#x017F;o war es zu &#x017F;einer Zeit; &#x017F;olte er &#x017F;ich jetzund in der<lb/>
Welt wieder um&#x017F;ehen, &#x017F;o wu&#x0364;rde er finden, daß viele<lb/>
auf dem Lande, in An&#x017F;chaffung unno&#x0364;thiger <hi rendition="#aq">Meubl</hi>en,<lb/>
&#x017F;o tho&#x0364;richt &#x017F;ind, als andere in gro&#x017F;&#x017F;en Sta&#x0364;dten.</p><lb/>
        <p>§. 15. Die <hi rendition="#aq">Meubl</hi>en mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich nach der u&#x0364;bri-<lb/>
gen Lebens-Art richten, und mit den andern Um-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;nden <hi rendition="#aq">harmoni</hi>ren; Es la&#x0364;&#x017F;t dahero u&#x0364;ber die ma&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en &#x017F;chlecht, wenn einer in einigen Zimmern pra&#x0364;ch-<lb/>
tige <hi rendition="#aq">Meubl</hi>en hat, und es ihm hingegen an no&#x0364;thi-<lb/>
ger Bedienung fehlt, oder einen arm&#x017F;eligen Ti&#x017F;ch<lb/>
dabey fu&#x0364;hret, oder in &#x017F;einer Kleidung eine betru&#x0364;bte<lb/>
und barmhertzige <hi rendition="#aq">Figur</hi> macht. So mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie<lb/>
auch in den Zimmern der Ko&#x017F;tbarkeit, der Farbe<lb/>
und der <hi rendition="#aq">Mode</hi> und <hi rendition="#aq">Façon</hi> nach mit einander <hi rendition="#aq">accor-<lb/>
di</hi>ren. (1) <hi rendition="#fr">Der Ko&#x017F;tbarkeit</hi> nach, &#x017F;ind die <hi rendition="#aq">Tapis-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">&#x017F;eri</hi>en</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[528/0548] II. Theil. XII. Capitul. der Beſchreibung ſeines Hof- und Land-Lebens p. 73 ſchreibet: Bey Hofe und in groſſen Staͤdten muß man mehr Haußrath haben, zur Contenti- rung dererjenigen, die uns in unſern Haͤuſern heim- ſuchen, als wir zu unſerer Leibes-Nothdurfft brau- chen. Hergegen ſind die, ſo auf dem Lande woh- nen, wohl daran, welche einen ſchlechten Tiſch, ei- ne breite Banck, eine tieffe Schuͤſſel, einen ſteiner- nen Krug, ein hoͤltzernes Saltzfaß, ein gemahltes Bette, leinene Fuͤrhaͤnge, einen guten Schlaf-Rock bey dem Bette, einen Spieß hinter der Thuͤre, ein gut Roß im Stalle, und eine gute Magd haben, die wohl kochen kan. Daß alſo einer mit dieſem Hauß- rath viel beſſer dran iſt, und honorabler lebt auf dem Lande, als ein Koͤnig in ſeinem Pallaſt. Doch, ſo war es zu ſeiner Zeit; ſolte er ſich jetzund in der Welt wieder umſehen, ſo wuͤrde er finden, daß viele auf dem Lande, in Anſchaffung unnoͤthiger Meublen, ſo thoͤricht ſind, als andere in groſſen Staͤdten. §. 15. Die Meublen muͤſſen ſich nach der uͤbri- gen Lebens-Art richten, und mit den andern Um- ſtaͤnden harmoniren; Es laͤſt dahero uͤber die maſ- ſen ſchlecht, wenn einer in einigen Zimmern praͤch- tige Meublen hat, und es ihm hingegen an noͤthi- ger Bedienung fehlt, oder einen armſeligen Tiſch dabey fuͤhret, oder in ſeiner Kleidung eine betruͤbte und barmhertzige Figur macht. So muͤſſen ſie auch in den Zimmern der Koſtbarkeit, der Farbe und der Mode und Façon nach mit einander accor- diren. (1) Der Koſtbarkeit nach, ſind die Tapis- ſerien

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/548
Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 528. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/548>, abgerufen am 12.05.2024.