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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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II. Theil. XI. Capitul.
das Amphitheatrum in den Comoedien vor schlecht
gehalten, weil da allerhand Zeug zusammen kommt;
in der Opera hingegen ist es manchmahl honorable
und der Premier-Logen gleich. Unanständig ists,
wenn einige mit Gewalt in die Logen treten, wo die
Acteurs und Actricen sich an- und auskleiden.

§. 16. Fügt es sich, daß man, auf dem Theatro
oder sonst, mit dem Frauenzimmer aus der Comoe-
die
oder Opera zu sprechen kommt, so erzeige man
ihnen alle Höflichkeit; jedoch lasse man sich nicht so
weit mit ihnen ein, daß man ein Liebes-Commerce
mit ihnen aufrichte, man kan sich durch solche unzei-
tige Liebe allerley Händel über den Hals ziehen, dar-
über man sich in Leib- und Lebens-Gefahr stürtzt.
S. Nemeitz Sejour de Paris. p. 84. 88.

§. 17. Ob schon ein junger Cavalier ein sehr
zierlicher Däntzer wäre, so muß er sich doch nicht so
weit vergehen, daß er sich bey denen Balletten, oder
sonst in der Comoedie und Oper, mit solte gebrau-
chen lassen. Vorerwehnter Autor meldet, daß sich
in Franckreich ein Edelmann oder Dame von Adel,
ohne Nachtheil ihres Standes, in die Opera bege-
ben könte. Schlüge sie sich aber zu denen Comoe-
diant
en, so verlöhre sie dadurch ihren Adel.

§. 18. Wer in die Comoedie oder Oper gehet,
muß den Schein von sich geben, als ob er deswe-
gen hinein gegangen, damit er einen aufmercksamen
Zuschauer dabey abgeben wolte. Er muß seine
Augen so wohl auf das Oper-Buch als auf das
Theatrum richten. Lieset er stets in dem Opern-

Buche,

II. Theil. XI. Capitul.
das Amphitheatrum in den Comœdien vor ſchlecht
gehalten, weil da allerhand Zeug zuſammen kommt;
in der Opera hingegen iſt es manchmahl honorable
und der Premier-Logen gleich. Unanſtaͤndig iſts,
wenn einige mit Gewalt in die Logen treten, wo die
Acteurs und Actricen ſich an- und auskleiden.

§. 16. Fuͤgt es ſich, daß man, auf dem Theatro
oder ſonſt, mit dem Frauenzimmer aus der Comœ-
die
oder Opera zu ſprechen kommt, ſo erzeige man
ihnen alle Hoͤflichkeit; jedoch laſſe man ſich nicht ſo
weit mit ihnen ein, daß man ein Liebes-Commerce
mit ihnen aufrichte, man kan ſich durch ſolche unzei-
tige Liebe allerley Haͤndel uͤber den Hals ziehen, dar-
uͤber man ſich in Leib- und Lebens-Gefahr ſtuͤrtzt.
S. Nemeitz Sejour de Paris. p. 84. 88.

§. 17. Ob ſchon ein junger Cavalier ein ſehr
zierlicher Daͤntzer waͤre, ſo muß er ſich doch nicht ſo
weit vergehen, daß er ſich bey denen Balletten, oder
ſonſt in der Comœdie und Oper, mit ſolte gebrau-
chen laſſen. Vorerwehnter Autor meldet, daß ſich
in Franckreich ein Edelmann oder Dame von Adel,
ohne Nachtheil ihres Standes, in die Opera bege-
ben koͤnte. Schluͤge ſie ſich aber zu denen Comœ-
diant
en, ſo verloͤhre ſie dadurch ihren Adel.

§. 18. Wer in die Comœdie oder Oper gehet,
muß den Schein von ſich geben, als ob er deswe-
gen hinein gegangen, damit er einen aufmerckſamen
Zuſchauer dabey abgeben wolte. Er muß ſeine
Augen ſo wohl auf das Oper-Buch als auf das
Theatrum richten. Lieſet er ſtets in dem Opern-

Buche,
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[502/0522] II. Theil. XI. Capitul. das Amphitheatrum in den Comœdien vor ſchlecht gehalten, weil da allerhand Zeug zuſammen kommt; in der Opera hingegen iſt es manchmahl honorable und der Premier-Logen gleich. Unanſtaͤndig iſts, wenn einige mit Gewalt in die Logen treten, wo die Acteurs und Actricen ſich an- und auskleiden. §. 16. Fuͤgt es ſich, daß man, auf dem Theatro oder ſonſt, mit dem Frauenzimmer aus der Comœ- die oder Opera zu ſprechen kommt, ſo erzeige man ihnen alle Hoͤflichkeit; jedoch laſſe man ſich nicht ſo weit mit ihnen ein, daß man ein Liebes-Commerce mit ihnen aufrichte, man kan ſich durch ſolche unzei- tige Liebe allerley Haͤndel uͤber den Hals ziehen, dar- uͤber man ſich in Leib- und Lebens-Gefahr ſtuͤrtzt. S. Nemeitz Sejour de Paris. p. 84. 88. §. 17. Ob ſchon ein junger Cavalier ein ſehr zierlicher Daͤntzer waͤre, ſo muß er ſich doch nicht ſo weit vergehen, daß er ſich bey denen Balletten, oder ſonſt in der Comœdie und Oper, mit ſolte gebrau- chen laſſen. Vorerwehnter Autor meldet, daß ſich in Franckreich ein Edelmann oder Dame von Adel, ohne Nachtheil ihres Standes, in die Opera bege- ben koͤnte. Schluͤge ſie ſich aber zu denen Comœ- dianten, ſo verloͤhre ſie dadurch ihren Adel. §. 18. Wer in die Comœdie oder Oper gehet, muß den Schein von ſich geben, als ob er deswe- gen hinein gegangen, damit er einen aufmerckſamen Zuſchauer dabey abgeben wolte. Er muß ſeine Augen ſo wohl auf das Oper-Buch als auf das Theatrum richten. Lieſet er ſtets in dem Opern- Buche,

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 502. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/522>, abgerufen am 13.05.2024.