das Amphitheatrum in den Comoedien vor schlecht gehalten, weil da allerhand Zeug zusammen kommt; in der Opera hingegen ist es manchmahl honorable und der Premier-Logen gleich. Unanständig ists, wenn einige mit Gewalt in die Logen treten, wo die Acteurs und Actricen sich an- und auskleiden.
§. 16. Fügt es sich, daß man, auf dem Theatro oder sonst, mit dem Frauenzimmer aus der Comoe- die oder Opera zu sprechen kommt, so erzeige man ihnen alle Höflichkeit; jedoch lasse man sich nicht so weit mit ihnen ein, daß man ein Liebes-Commerce mit ihnen aufrichte, man kan sich durch solche unzei- tige Liebe allerley Händel über den Hals ziehen, dar- über man sich in Leib- und Lebens-Gefahr stürtzt. S. Nemeitz Sejour de Paris. p. 84. 88.
§. 17. Ob schon ein junger Cavalier ein sehr zierlicher Däntzer wäre, so muß er sich doch nicht so weit vergehen, daß er sich bey denen Balletten, oder sonst in der Comoedie und Oper, mit solte gebrau- chen lassen. Vorerwehnter Autor meldet, daß sich in Franckreich ein Edelmann oder Dame von Adel, ohne Nachtheil ihres Standes, in die Opera bege- ben könte. Schlüge sie sich aber zu denen Comoe- dianten, so verlöhre sie dadurch ihren Adel.
§. 18. Wer in die Comoedie oder Oper gehet, muß den Schein von sich geben, als ob er deswe- gen hinein gegangen, damit er einen aufmercksamen Zuschauer dabey abgeben wolte. Er muß seine Augen so wohl auf das Oper-Buch als auf das Theatrum richten. Lieset er stets in dem Opern-
Buche,
II. Theil. XI. Capitul.
das Amphitheatrum in den Comœdien vor ſchlecht gehalten, weil da allerhand Zeug zuſammen kommt; in der Opera hingegen iſt es manchmahl honorable und der Premier-Logen gleich. Unanſtaͤndig iſts, wenn einige mit Gewalt in die Logen treten, wo die Acteurs und Actricen ſich an- und auskleiden.
§. 16. Fuͤgt es ſich, daß man, auf dem Theatro oder ſonſt, mit dem Frauenzimmer aus der Comœ- die oder Opera zu ſprechen kommt, ſo erzeige man ihnen alle Hoͤflichkeit; jedoch laſſe man ſich nicht ſo weit mit ihnen ein, daß man ein Liebes-Commerce mit ihnen aufrichte, man kan ſich durch ſolche unzei- tige Liebe allerley Haͤndel uͤber den Hals ziehen, dar- uͤber man ſich in Leib- und Lebens-Gefahr ſtuͤrtzt. S. Nemeitz Sejour de Paris. p. 84. 88.
§. 17. Ob ſchon ein junger Cavalier ein ſehr zierlicher Daͤntzer waͤre, ſo muß er ſich doch nicht ſo weit vergehen, daß er ſich bey denen Balletten, oder ſonſt in der Comœdie und Oper, mit ſolte gebrau- chen laſſen. Vorerwehnter Autor meldet, daß ſich in Franckreich ein Edelmann oder Dame von Adel, ohne Nachtheil ihres Standes, in die Opera bege- ben koͤnte. Schluͤge ſie ſich aber zu denen Comœ- dianten, ſo verloͤhre ſie dadurch ihren Adel.
§. 18. Wer in die Comœdie oder Oper gehet, muß den Schein von ſich geben, als ob er deswe- gen hinein gegangen, damit er einen aufmerckſamen Zuſchauer dabey abgeben wolte. Er muß ſeine Augen ſo wohl auf das Oper-Buch als auf das Theatrum richten. Lieſet er ſtets in dem Opern-
Buche,
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0522"n="502"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">II.</hi> Theil. <hirendition="#aq">XI.</hi> Capitul.</hi></fw><lb/>
das <hirendition="#aq">Amphitheatrum</hi> in den <hirendition="#aq">Comœdi</hi>en vor ſchlecht<lb/>
gehalten, weil da allerhand Zeug zuſammen kommt;<lb/>
in der <hirendition="#aq">Opera</hi> hingegen iſt es manchmahl <hirendition="#aq">honorable</hi><lb/>
und der <hirendition="#aq">Premier-Logen</hi> gleich. Unanſtaͤndig iſts,<lb/>
wenn einige mit Gewalt in die <hirendition="#aq">Logen</hi> treten, wo die<lb/><hirendition="#aq">Acteurs</hi> und <hirendition="#aq">Actric</hi>en ſich an- und auskleiden.</p><lb/><p>§. 16. Fuͤgt es ſich, daß man, auf dem <hirendition="#aq">Theatro</hi><lb/>
oder ſonſt, mit dem Frauenzimmer aus der <hirendition="#aq">Comœ-<lb/>
die</hi> oder <hirendition="#aq">Opera</hi> zu ſprechen kommt, ſo erzeige man<lb/>
ihnen alle Hoͤflichkeit; jedoch laſſe man ſich nicht ſo<lb/>
weit mit ihnen ein, daß man ein Liebes-<hirendition="#aq">Commerce</hi><lb/>
mit ihnen aufrichte, man kan ſich durch ſolche unzei-<lb/>
tige Liebe allerley Haͤndel uͤber den Hals ziehen, dar-<lb/>
uͤber man ſich in Leib- und Lebens-Gefahr ſtuͤrtzt.<lb/>
S. Nemeitz <hirendition="#aq">Sejour de Paris. p.</hi> 84. 88.</p><lb/><p>§. 17. Ob ſchon ein junger <hirendition="#aq">Cavalier</hi> ein ſehr<lb/>
zierlicher Daͤntzer waͤre, ſo muß er ſich doch nicht ſo<lb/>
weit vergehen, daß er ſich bey denen <hirendition="#aq">Balletten,</hi> oder<lb/>ſonſt in der <hirendition="#aq">Comœdie</hi> und <hirendition="#aq">Oper,</hi> mit ſolte gebrau-<lb/>
chen laſſen. Vorerwehnter <hirendition="#aq">Autor</hi> meldet, daß ſich<lb/>
in Franckreich ein Edelmann oder <hirendition="#aq">Dame</hi> von Adel,<lb/>
ohne Nachtheil ihres Standes, in die <hirendition="#aq">Opera</hi> bege-<lb/>
ben koͤnte. Schluͤge ſie ſich aber zu denen <hirendition="#aq">Comœ-<lb/>
diant</hi>en, ſo verloͤhre ſie dadurch ihren Adel.</p><lb/><p>§. 18. Wer in die <hirendition="#aq">Comœdie</hi> oder <hirendition="#aq">Oper</hi> gehet,<lb/>
muß den Schein von ſich geben, als ob er deswe-<lb/>
gen hinein gegangen, damit er einen aufmerckſamen<lb/>
Zuſchauer dabey abgeben wolte. Er muß ſeine<lb/>
Augen ſo wohl auf das <hirendition="#aq">Oper-</hi>Buch als auf das<lb/><hirendition="#aq">Theatrum</hi> richten. Lieſet er ſtets in dem <hirendition="#aq">Opern-</hi><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Buche,</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[502/0522]
II. Theil. XI. Capitul.
das Amphitheatrum in den Comœdien vor ſchlecht
gehalten, weil da allerhand Zeug zuſammen kommt;
in der Opera hingegen iſt es manchmahl honorable
und der Premier-Logen gleich. Unanſtaͤndig iſts,
wenn einige mit Gewalt in die Logen treten, wo die
Acteurs und Actricen ſich an- und auskleiden.
§. 16. Fuͤgt es ſich, daß man, auf dem Theatro
oder ſonſt, mit dem Frauenzimmer aus der Comœ-
die oder Opera zu ſprechen kommt, ſo erzeige man
ihnen alle Hoͤflichkeit; jedoch laſſe man ſich nicht ſo
weit mit ihnen ein, daß man ein Liebes-Commerce
mit ihnen aufrichte, man kan ſich durch ſolche unzei-
tige Liebe allerley Haͤndel uͤber den Hals ziehen, dar-
uͤber man ſich in Leib- und Lebens-Gefahr ſtuͤrtzt.
S. Nemeitz Sejour de Paris. p. 84. 88.
§. 17. Ob ſchon ein junger Cavalier ein ſehr
zierlicher Daͤntzer waͤre, ſo muß er ſich doch nicht ſo
weit vergehen, daß er ſich bey denen Balletten, oder
ſonſt in der Comœdie und Oper, mit ſolte gebrau-
chen laſſen. Vorerwehnter Autor meldet, daß ſich
in Franckreich ein Edelmann oder Dame von Adel,
ohne Nachtheil ihres Standes, in die Opera bege-
ben koͤnte. Schluͤge ſie ſich aber zu denen Comœ-
dianten, ſo verloͤhre ſie dadurch ihren Adel.
§. 18. Wer in die Comœdie oder Oper gehet,
muß den Schein von ſich geben, als ob er deswe-
gen hinein gegangen, damit er einen aufmerckſamen
Zuſchauer dabey abgeben wolte. Er muß ſeine
Augen ſo wohl auf das Oper-Buch als auf das
Theatrum richten. Lieſet er ſtets in dem Opern-
Buche,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 502. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/522>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.