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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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Vom Tractiren und denen Gastereyen.
hen pflegt, in grosser Quantitaet, und mit einer fast
unersättlichen Begierde hinein schlucket, oder sich
gar, welches noch weit heßlicher, die Schubsäcke,
wie die kleinen Kinder zu thun pflegen, damit an-
füllet, oder auf eine ungewöhnliche Weise die
Schälgen mit eingemachten Sachen in die Wein-
gläser schüttet. Die Confituren werden den Gä-
sten theils zum Kosten, theils und öffters auch gar
nur zur Parade und Schau hingesetzt, nicht aber zu
dem Ende, daß die Gäste alle Confect-Schaalen,
wie die Schulmeister-Weiber auf den Dörffern
zu thun pflegen, ausleeren sollen.

§. 49. Bey den Complimens mit den Tellern
hat man in Obacht zu haben, ob sie an diesem oder
jenem Ort eingeführet, und bey dieser oder jener
Gesellschafft nach besondern Umständen wohl pas-
si
ren möchten oder nicht. Menantes behauptet in
seiner allerneuesten Manier höflich und galant zu
reden und zu leben p. 138. es schickte sich durchaus
nicht, es wäre nur eine Höflichkeit bey geringer
Leute Tischen. Doch ich achte diese Regel eben
nicht vor allgemein, und wolte dieses überhaupt
eben nicht sagen. An den Fürstlichen Tafeln gel-
ten die Teller-Complimens wenig oder nichts,
denn hier pflegt der Cavalier oder der Page die
Speisen einem ieden nach seinem Range anzubie-
ten, und was ein ieder bekommt, muß er behalten;
bey etzlichen andern Gesellschafften aber, theils in
Städten, theils und insonderheit aber auf dem Lan-
de, würde es manchen doch wohl verdacht werden,

wenn
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Vom Tractiren und denen Gaſtereyen.
hen pflegt, in groſſer Quantitæt, und mit einer faſt
unerſaͤttlichen Begierde hinein ſchlucket, oder ſich
gar, welches noch weit heßlicher, die Schubſaͤcke,
wie die kleinen Kinder zu thun pflegen, damit an-
fuͤllet, oder auf eine ungewoͤhnliche Weiſe die
Schaͤlgen mit eingemachten Sachen in die Wein-
glaͤſer ſchuͤttet. Die Confituren werden den Gaͤ-
ſten theils zum Koſten, theils und oͤffters auch gar
nur zur Parade und Schau hingeſetzt, nicht aber zu
dem Ende, daß die Gaͤſte alle Confect-Schaalen,
wie die Schulmeiſter-Weiber auf den Doͤrffern
zu thun pflegen, ausleeren ſollen.

§. 49. Bey den Complimens mit den Tellern
hat man in Obacht zu haben, ob ſie an dieſem oder
jenem Ort eingefuͤhret, und bey dieſer oder jener
Geſellſchafft nach beſondern Umſtaͤnden wohl pas-
ſi
ren moͤchten oder nicht. Menantes behauptet in
ſeiner allerneueſten Manier hoͤflich und galant zu
reden und zu leben p. 138. es ſchickte ſich durchaus
nicht, es waͤre nur eine Hoͤflichkeit bey geringer
Leute Tiſchen. Doch ich achte dieſe Regel eben
nicht vor allgemein, und wolte dieſes uͤberhaupt
eben nicht ſagen. An den Fuͤrſtlichen Tafeln gel-
ten die Teller-Complimens wenig oder nichts,
denn hier pflegt der Cavalier oder der Page die
Speiſen einem ieden nach ſeinem Range anzubie-
ten, und was ein ieder bekommt, muß er behalten;
bey etzlichen andern Geſellſchafften aber, theils in
Staͤdten, theils und inſonderheit aber auf dem Lan-
de, wuͤrde es manchen doch wohl verdacht werden,

wenn
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[457/0477] Vom Tractiren und denen Gaſtereyen. hen pflegt, in groſſer Quantitæt, und mit einer faſt unerſaͤttlichen Begierde hinein ſchlucket, oder ſich gar, welches noch weit heßlicher, die Schubſaͤcke, wie die kleinen Kinder zu thun pflegen, damit an- fuͤllet, oder auf eine ungewoͤhnliche Weiſe die Schaͤlgen mit eingemachten Sachen in die Wein- glaͤſer ſchuͤttet. Die Confituren werden den Gaͤ- ſten theils zum Koſten, theils und oͤffters auch gar nur zur Parade und Schau hingeſetzt, nicht aber zu dem Ende, daß die Gaͤſte alle Confect-Schaalen, wie die Schulmeiſter-Weiber auf den Doͤrffern zu thun pflegen, ausleeren ſollen. §. 49. Bey den Complimens mit den Tellern hat man in Obacht zu haben, ob ſie an dieſem oder jenem Ort eingefuͤhret, und bey dieſer oder jener Geſellſchafft nach beſondern Umſtaͤnden wohl pas- ſiren moͤchten oder nicht. Menantes behauptet in ſeiner allerneueſten Manier hoͤflich und galant zu reden und zu leben p. 138. es ſchickte ſich durchaus nicht, es waͤre nur eine Hoͤflichkeit bey geringer Leute Tiſchen. Doch ich achte dieſe Regel eben nicht vor allgemein, und wolte dieſes uͤberhaupt eben nicht ſagen. An den Fuͤrſtlichen Tafeln gel- ten die Teller-Complimens wenig oder nichts, denn hier pflegt der Cavalier oder der Page die Speiſen einem ieden nach ſeinem Range anzubie- ten, und was ein ieder bekommt, muß er behalten; bey etzlichen andern Geſellſchafften aber, theils in Staͤdten, theils und inſonderheit aber auf dem Lan- de, wuͤrde es manchen doch wohl verdacht werden, wenn F f 5

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 457. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/477>, abgerufen am 25.11.2024.