Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

Bild:
<< vorherige Seite

II. Theil. VIII. Capitul.
Abgesandten, p. 183. daß er einen gewissen berühm-
ten und geschickten Abgesandten gekandt, der öff-
ters, da er mit einem gewissen großen Potentaten
gespielt, mit Fleiß verlohren, um selbigen etwas lu-
stig und vergnügt zu machen. Wie ihm nun die-
ses stets nach Wunsch ergangen, so hätte er da-
durch die besten Audienzien bekommen, wegen der
Sache, die er mit ihm zu tractiren gehabt, und der
mittelmäßige Verlust, den er im Spielen erlitten,
wäre bey weiten nicht mit dem großen Nutzen zu
vergleichen gewesen, der ihm daraus zugewachsen,
daß er es dahin gebracht, ihm zu gefallen.

§. 33. Hieher gehört auch, wenn man die Ehre
hat, mit einer höhern Person ein Spiel zu spielen,
das von Nachsinnen dependirt, und man ist ihr
an Geschicklichkeit überlegen, sie aber sich piquirt,
daß sie das Spiel aus dem Grunde verstehe. So
bald man gewahr wird, daß sie einige unglückliche
oder vielmehr unvernünfftige Züge gethan, und sie
darüber hitzig und empfindlich wird, so muß man
ihr die Ehre lassen, das Spiel zu gewinnen, ob es
schon in unsern Händen stünde.

§. 34. Bey den Höhern muß man sich auch im
Spielen in allen Stücken höflich und gefällig er-
weisen, man muß sie nicht corrigiren und hof-
meistern, dafern sie nur die gewöhnliche Regeln
des Spieles beobachten, und wenn sie auch in ei-
nem und andern abgehen solten, muß man doch
die Erinnerungen mit der grösten Submission ein-
richten/ man muß alles dasjenige, was ihnen nach

ihrem

II. Theil. VIII. Capitul.
Abgeſandten, p. 183. daß er einen gewiſſen beruͤhm-
ten und geſchickten Abgeſandten gekandt, der oͤff-
ters, da er mit einem gewiſſen großen Potentaten
geſpielt, mit Fleiß verlohren, um ſelbigen etwas lu-
ſtig und vergnuͤgt zu machen. Wie ihm nun die-
ſes ſtets nach Wunſch ergangen, ſo haͤtte er da-
durch die beſten Audienzien bekommen, wegen der
Sache, die er mit ihm zu tractiren gehabt, und der
mittelmaͤßige Verluſt, den er im Spielen erlitten,
waͤre bey weiten nicht mit dem großen Nutzen zu
vergleichen geweſen, der ihm daraus zugewachſen,
daß er es dahin gebracht, ihm zu gefallen.

§. 33. Hieher gehoͤrt auch, wenn man die Ehre
hat, mit einer hoͤhern Perſon ein Spiel zu ſpielen,
das von Nachſinnen dependirt, und man iſt ihr
an Geſchicklichkeit uͤberlegen, ſie aber ſich piquirt,
daß ſie das Spiel aus dem Grunde verſtehe. So
bald man gewahr wird, daß ſie einige ungluͤckliche
oder vielmehr unvernuͤnfftige Zuͤge gethan, und ſie
daruͤber hitzig und empfindlich wird, ſo muß man
ihr die Ehre laſſen, das Spiel zu gewinnen, ob es
ſchon in unſern Haͤnden ſtuͤnde.

§. 34. Bey den Hoͤhern muß man ſich auch im
Spielen in allen Stuͤcken hoͤflich und gefaͤllig er-
weiſen, man muß ſie nicht corrigiren und hof-
meiſtern, dafern ſie nur die gewoͤhnliche Regeln
des Spieles beobachten, und wenn ſie auch in ei-
nem und andern abgehen ſolten, muß man doch
die Erinnerungen mit der groͤſten Submiſſion ein-
richten/ man muß alles dasjenige, was ihnen nach

ihrem
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0442" n="422"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">II.</hi> Theil. <hi rendition="#aq">VIII.</hi> Capitul.</hi></fw><lb/>
Abge&#x017F;andten, <hi rendition="#aq">p.</hi> 183. daß er einen gewi&#x017F;&#x017F;en beru&#x0364;hm-<lb/>
ten und ge&#x017F;chickten Abge&#x017F;andten gekandt, der o&#x0364;ff-<lb/>
ters, da er mit einem gewi&#x017F;&#x017F;en großen Potentaten<lb/>
ge&#x017F;pielt, mit Fleiß verlohren, um &#x017F;elbigen etwas lu-<lb/>
&#x017F;tig und vergnu&#x0364;gt zu machen. Wie ihm nun die-<lb/>
&#x017F;es &#x017F;tets nach Wun&#x017F;ch ergangen, &#x017F;o ha&#x0364;tte er da-<lb/>
durch die be&#x017F;ten <hi rendition="#aq">Audienzi</hi>en bekommen, wegen der<lb/>
Sache, die er mit ihm zu <hi rendition="#aq">tracti</hi>ren gehabt, und der<lb/>
mittelma&#x0364;ßige Verlu&#x017F;t, den er im Spielen erlitten,<lb/>
wa&#x0364;re bey weiten nicht mit dem großen Nutzen zu<lb/>
vergleichen gewe&#x017F;en, der ihm daraus zugewach&#x017F;en,<lb/>
daß er es dahin gebracht, ihm zu gefallen.</p><lb/>
        <p>§. 33. Hieher geho&#x0364;rt auch, wenn man die Ehre<lb/>
hat, mit einer ho&#x0364;hern Per&#x017F;on ein Spiel zu &#x017F;pielen,<lb/>
das von Nach&#x017F;innen <hi rendition="#aq">dependi</hi>rt, und man i&#x017F;t ihr<lb/>
an Ge&#x017F;chicklichkeit u&#x0364;berlegen, &#x017F;ie aber &#x017F;ich <hi rendition="#aq">piqui</hi>rt,<lb/>
daß &#x017F;ie das Spiel aus dem Grunde ver&#x017F;tehe. So<lb/>
bald man gewahr wird, daß &#x017F;ie einige unglu&#x0364;ckliche<lb/>
oder vielmehr unvernu&#x0364;nfftige Zu&#x0364;ge gethan, und &#x017F;ie<lb/>
daru&#x0364;ber hitzig und empfindlich wird, &#x017F;o muß man<lb/>
ihr die Ehre la&#x017F;&#x017F;en, das Spiel zu gewinnen, ob es<lb/>
&#x017F;chon in un&#x017F;ern Ha&#x0364;nden &#x017F;tu&#x0364;nde.</p><lb/>
        <p>§. 34. Bey den Ho&#x0364;hern muß man &#x017F;ich auch im<lb/>
Spielen in allen Stu&#x0364;cken ho&#x0364;flich und gefa&#x0364;llig er-<lb/>
wei&#x017F;en, man muß &#x017F;ie nicht <hi rendition="#aq">corrigi</hi>ren und hof-<lb/>
mei&#x017F;tern, dafern &#x017F;ie nur die gewo&#x0364;hnliche Regeln<lb/>
des Spieles beobachten, und wenn &#x017F;ie auch in ei-<lb/>
nem und andern abgehen &#x017F;olten, muß man doch<lb/>
die Erinnerungen mit der gro&#x0364;&#x017F;ten <hi rendition="#aq">Submi&#x017F;&#x017F;ion</hi> ein-<lb/>
richten/ man muß alles dasjenige, was ihnen nach<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ihrem</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[422/0442] II. Theil. VIII. Capitul. Abgeſandten, p. 183. daß er einen gewiſſen beruͤhm- ten und geſchickten Abgeſandten gekandt, der oͤff- ters, da er mit einem gewiſſen großen Potentaten geſpielt, mit Fleiß verlohren, um ſelbigen etwas lu- ſtig und vergnuͤgt zu machen. Wie ihm nun die- ſes ſtets nach Wunſch ergangen, ſo haͤtte er da- durch die beſten Audienzien bekommen, wegen der Sache, die er mit ihm zu tractiren gehabt, und der mittelmaͤßige Verluſt, den er im Spielen erlitten, waͤre bey weiten nicht mit dem großen Nutzen zu vergleichen geweſen, der ihm daraus zugewachſen, daß er es dahin gebracht, ihm zu gefallen. §. 33. Hieher gehoͤrt auch, wenn man die Ehre hat, mit einer hoͤhern Perſon ein Spiel zu ſpielen, das von Nachſinnen dependirt, und man iſt ihr an Geſchicklichkeit uͤberlegen, ſie aber ſich piquirt, daß ſie das Spiel aus dem Grunde verſtehe. So bald man gewahr wird, daß ſie einige ungluͤckliche oder vielmehr unvernuͤnfftige Zuͤge gethan, und ſie daruͤber hitzig und empfindlich wird, ſo muß man ihr die Ehre laſſen, das Spiel zu gewinnen, ob es ſchon in unſern Haͤnden ſtuͤnde. §. 34. Bey den Hoͤhern muß man ſich auch im Spielen in allen Stuͤcken hoͤflich und gefaͤllig er- weiſen, man muß ſie nicht corrigiren und hof- meiſtern, dafern ſie nur die gewoͤhnliche Regeln des Spieles beobachten, und wenn ſie auch in ei- nem und andern abgehen ſolten, muß man doch die Erinnerungen mit der groͤſten Submiſſion ein- richten/ man muß alles dasjenige, was ihnen nach ihrem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/442
Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 422. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/442>, abgerufen am 28.11.2024.