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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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Vom Briefschreiben u. Correspondenz.
fassen, wenn sie zwey oder drey Zeilen Teutsch ge-
schrieben, alsdenn wieder zwey oder drey Frantzö-
sische Zeilen hersetzen, und diese Weise von Anfang
des Briefes, biß an das Ende belieben. Derglei-
chen Schreiben sehen nicht anders aus, als wie die
halb Teutschen und halb Lateinischen Grab-
Schrifften und Lieder, die in dem dreyzehenden
und vierzehenden Jahrhunderten gebräuchlich wa-
ren, sie thäten ja weit besser, wenn sie bey einer
Sprache blieben. Unter guten Freunden kan es
noch endlich eher hingehen, wenn man aber an ei-
nem großen Herrn auf diese Art schreiben wolte,
würde es sehr phantastisch lassen.

§. 10. Schreibt man in einer fremden Spra-
che an einem grossen Minister, oder sonst an einem
Patron, so muß man vorhero wissen, daß ihm die
Sprache, darinnen man den Brief an ihm abfassen
will, angenehm und vollkommen wohl bekandt sey,
sonst kan man auch hierinne gewaltig verstossen.
Es setzt sich daher nicht ein jedweder Studiosus
Theologiae
bey einem Juncker in besondere Gunst,
wenn er bey seinem Teutschen Patron in einem La-
teinischen Schreiben, und ob es schon mit den
schönsten Flosculis ausgeziert wäre, um eine Pfar-
re anhalten will. Manchen Patron, wenn er ei-
nen Candidaten auf seine Lateinische Supplique
mit Resolution versehen soll, ist eben so zu Muthe,
als manchen Candidaten, wenn er ohne fremde
Beyhülffe ein Lateinisch Schreiben aufsetzen
soll.

§. 11.
X 4

Vom Briefſchreiben u. Correſpondenz.
faſſen, wenn ſie zwey oder drey Zeilen Teutſch ge-
ſchrieben, alsdenn wieder zwey oder drey Frantzoͤ-
ſiſche Zeilen herſetzen, und dieſe Weiſe von Anfang
des Briefes, biß an das Ende belieben. Derglei-
chen Schreiben ſehen nicht anders aus, als wie die
halb Teutſchen und halb Lateiniſchen Grab-
Schrifften und Lieder, die in dem dreyzehenden
und vierzehenden Jahrhunderten gebraͤuchlich wa-
ren, ſie thaͤten ja weit beſſer, wenn ſie bey einer
Sprache blieben. Unter guten Freunden kan es
noch endlich eher hingehen, wenn man aber an ei-
nem großen Herrn auf dieſe Art ſchreiben wolte,
wuͤrde es ſehr phantaſtiſch laſſen.

§. 10. Schreibt man in einer fremden Spra-
che an einem groſſen Miniſter, oder ſonſt an einem
Patron, ſo muß man vorhero wiſſen, daß ihm die
Sprache, darinnen man den Brief an ihm abfaſſen
will, angenehm und vollkommen wohl bekandt ſey,
ſonſt kan man auch hierinne gewaltig verſtoſſen.
Es ſetzt ſich daher nicht ein jedweder Studioſus
Theologiæ
bey einem Juncker in beſondere Gunſt,
wenn er bey ſeinem Teutſchen Patron in einem La-
teiniſchen Schreiben, und ob es ſchon mit den
ſchoͤnſten Floſculis ausgeziert waͤre, um eine Pfar-
re anhalten will. Manchen Patron, wenn er ei-
nen Candidaten auf ſeine Lateiniſche Supplique
mit Reſolution verſehen ſoll, iſt eben ſo zu Muthe,
als manchen Candidaten, wenn er ohne fremde
Beyhuͤlffe ein Lateiniſch Schreiben aufſetzen
ſoll.

§. 11.
X 4
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[327/0347] Vom Briefſchreiben u. Correſpondenz. faſſen, wenn ſie zwey oder drey Zeilen Teutſch ge- ſchrieben, alsdenn wieder zwey oder drey Frantzoͤ- ſiſche Zeilen herſetzen, und dieſe Weiſe von Anfang des Briefes, biß an das Ende belieben. Derglei- chen Schreiben ſehen nicht anders aus, als wie die halb Teutſchen und halb Lateiniſchen Grab- Schrifften und Lieder, die in dem dreyzehenden und vierzehenden Jahrhunderten gebraͤuchlich wa- ren, ſie thaͤten ja weit beſſer, wenn ſie bey einer Sprache blieben. Unter guten Freunden kan es noch endlich eher hingehen, wenn man aber an ei- nem großen Herrn auf dieſe Art ſchreiben wolte, wuͤrde es ſehr phantaſtiſch laſſen. §. 10. Schreibt man in einer fremden Spra- che an einem groſſen Miniſter, oder ſonſt an einem Patron, ſo muß man vorhero wiſſen, daß ihm die Sprache, darinnen man den Brief an ihm abfaſſen will, angenehm und vollkommen wohl bekandt ſey, ſonſt kan man auch hierinne gewaltig verſtoſſen. Es ſetzt ſich daher nicht ein jedweder Studioſus Theologiæ bey einem Juncker in beſondere Gunſt, wenn er bey ſeinem Teutſchen Patron in einem La- teiniſchen Schreiben, und ob es ſchon mit den ſchoͤnſten Floſculis ausgeziert waͤre, um eine Pfar- re anhalten will. Manchen Patron, wenn er ei- nen Candidaten auf ſeine Lateiniſche Supplique mit Reſolution verſehen ſoll, iſt eben ſo zu Muthe, als manchen Candidaten, wenn er ohne fremde Beyhuͤlffe ein Lateiniſch Schreiben aufſetzen ſoll. §. 11. X 4

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/347>, abgerufen am 22.11.2024.