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Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894.

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an eine Seelenwanderung tritt deutlich nirgends hervor 1). Von
einer Einwirkung Platonischer Lehre im besonderen findet sich
kaum eine Spur 2).

Nicht philosophischer Belehrung, sondern den Gedanken
volksthümlicher Religionsübung gehen diejenigen nach, die
einem seligen Leben nach dem Tode zugeführt zu werden
hoffen durch die eigene Fürsorge eines Gottes, vermuthlich
dessen, dem sie bei Lebzeiten besonders hingebende Verehrung
gewidmet haben. Er wird sie, so vertrauen sie, an seiner
eigenen Hand in das Land der Wonne und Reinheit einführen.
Wer so "einen Gott zum Führer erlangt hat" 3), kann getrost

Leib gefesselt und vollendete im Leibe seinen Lauf, nach dessen Ende
er alsbald (wieder) in das Götterreich aufstieg. Also tumbo ein alao
pepedemenos: gebannt in das "dunkle Grab" des Leibes. soma -- sema.
-- 603: Der hier Begrabene thnetois psukhen peisas epi somasin elthein ten
autou, meleos, ouk anepeise menein. Das soll heissen: er hat seine (vorher
körperlos lebende) Seele überredet, in das Reich der sterblichen Leiber
einzugehn (einen Leib zu bewohnen), konnte sie aber nicht überreden,
lange dort, in diesem irdischen Leben, auszuharren.
1) Höchstens einmal: ei palin esti genesthai -- --, ei douk estin palin
elthein -- Ep. 304. (Vgl. oben p. 546, 1).
2) Die p. 674, 3 angeführten Stücke enthalten zwar theologisirende
aber nirgends speciell Platonische Meinungen oder Lehren. -- In den
zahlreichen Stücken, die von einem Aufsteigen der Seele in den Aether,
zu den Sternen u. s. w. reden (oben p. 673, 1. 2.) Platonisirende Ansichten
zu erkennen (mit Lehrs., Popul. Aufs.2 p. 339 f.), ist kein Grund. Zwar
Alexis der Komiker (Mein. Com. 3, 455) fragt, ob nicht die Meinung,
dass der Leib nach dem Tode verwese, to d athanaton exere pros ton aera,
Platonische Lehre sei: taut ou skhole Platonos; Aber er nennt eben
Platonisch jene seit langem und schon vor Platos Auftreten in Athen
populär gewordene Vorstellung vom Aufsteigen der Seele des Todten in
die oberen Regionen, ohne wirkliche Kenntniss von Plato's Lehre zu
haben. In Wirklichkeit hat diese ja an jene verbreitete Meinung nicht
mehr als den vagsten Anklang und bildete und erhielt jene sich ohne
jeden Einfluss des Plato und seiner Schule.
3) Ep. 650, 12: Zu der Schaar der Seligen, die teiresei sun aitherioisi
khoreuei, gehöre ich lakhon theon egemonea. Die Schlussworte müssen auf
ein besonderes Pietätsverhältniss zu einem Gotte hinweisen sollen. Man
vgl. die Verheissung eines ägyptischen Zauberbuches bei Parthey, Abh.
d. Berl. Akad.
1865 p. 125, Z. 178 ff.: der herangezauberte Geist wird,
wenn du gestorben bist, sou to pneuma bastaxas eis aera axei sun auto,
eis gar aden ou khoresei aerion pneuma sustathen (d. h. empfohlen)
43*

an eine Seelenwanderung tritt deutlich nirgends hervor 1). Von
einer Einwirkung Platonischer Lehre im besonderen findet sich
kaum eine Spur 2).

Nicht philosophischer Belehrung, sondern den Gedanken
volksthümlicher Religionsübung gehen diejenigen nach, die
einem seligen Leben nach dem Tode zugeführt zu werden
hoffen durch die eigene Fürsorge eines Gottes, vermuthlich
dessen, dem sie bei Lebzeiten besonders hingebende Verehrung
gewidmet haben. Er wird sie, so vertrauen sie, an seiner
eigenen Hand in das Land der Wonne und Reinheit einführen.
Wer so „einen Gott zum Führer erlangt hat“ 3), kann getrost

Leib gefesselt und vollendete im Leibe seinen Lauf, nach dessen Ende
er alsbald (wieder) in das Götterreich aufstieg. Also τύμβῳ εἰν ἀλαῷ
πεπεδημένος: gebannt in das „dunkle Grab“ des Leibes. σῶμα — σῆμα.
— 603: Der hier Begrabene ϑνητοῖς ψυχὴν πείσας ἐπὶ σώμασιν ἐλϑεῖν τὴν
αὑτοῦ, μέλεος, οὐκ ἀνέπεισε μένειν. Das soll heissen: er hat seine (vorher
körperlos lebende) Seele überredet, in das Reich der sterblichen Leiber
einzugehn (einen Leib zu bewohnen), konnte sie aber nicht überreden,
lange dort, in diesem irdischen Leben, auszuharren.
1) Höchstens einmal: εἰ πάλιν ἔστι γενέσϑαι — —, εἰ δ̕οὐκ ἔστιν πάλιν
ἐλϑεῖν — Ep. 304. (Vgl. oben p. 546, 1).
2) Die p. 674, 3 angeführten Stücke enthalten zwar theologisirende
aber nirgends speciell Platonische Meinungen oder Lehren. — In den
zahlreichen Stücken, die von einem Aufsteigen der Seele in den Aether,
zu den Sternen u. s. w. reden (oben p. 673, 1. 2.) Platonisirende Ansichten
zu erkennen (mit Lehrs., Popul. Aufs.2 p. 339 f.), ist kein Grund. Zwar
Alexis der Komiker (Mein. Com. 3, 455) fragt, ob nicht die Meinung,
dass der Leib nach dem Tode verwese, τὸ δ̕ ἀϑάνατον ἐξῆρε πρὸς τὸν ἀέρα,
Platonische Lehre sei: ταῦτ̕ οὐ σχολὴ Πλάτωνος; Aber er nennt eben
Platonisch jene seit langem und schon vor Platos Auftreten in Athen
populär gewordene Vorstellung vom Aufsteigen der Seele des Todten in
die oberen Regionen, ohne wirkliche Kenntniss von Plato’s Lehre zu
haben. In Wirklichkeit hat diese ja an jene verbreitete Meinung nicht
mehr als den vagsten Anklang und bildete und erhielt jene sich ohne
jeden Einfluss des Plato und seiner Schule.
3) Ep. 650, 12: Zu der Schaar der Seligen, die τείρεσει σὺν αἰϑερίοισι
χορεύει, gehöre ich λαχὼν ϑεὸν ἡγεμονῆα. Die Schlussworte müssen auf
ein besonderes Pietätsverhältniss zu einem Gotte hinweisen sollen. Man
vgl. die Verheissung eines ägyptischen Zauberbuches bei Parthey, Abh.
d. Berl. Akad.
1865 p. 125, Z. 178 ff.: der herangezauberte Geist wird,
wenn du gestorben bist, σοῦ τὸ πνεῦμα βαστάξας εἰς ἀέρα ἄξει σὺν αὑτῷ,
εἰς γὰρ ᾅδην οὐ χωρήσει ἀέριον πνεῦμα συσταϑὲν (d. h. empfohlen)
43*
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[675/0691] an eine Seelenwanderung tritt deutlich nirgends hervor 1). Von einer Einwirkung Platonischer Lehre im besonderen findet sich kaum eine Spur 2). Nicht philosophischer Belehrung, sondern den Gedanken volksthümlicher Religionsübung gehen diejenigen nach, die einem seligen Leben nach dem Tode zugeführt zu werden hoffen durch die eigene Fürsorge eines Gottes, vermuthlich dessen, dem sie bei Lebzeiten besonders hingebende Verehrung gewidmet haben. Er wird sie, so vertrauen sie, an seiner eigenen Hand in das Land der Wonne und Reinheit einführen. Wer so „einen Gott zum Führer erlangt hat“ 3), kann getrost 3) 1) Höchstens einmal: εἰ πάλιν ἔστι γενέσϑαι — —, εἰ δ̕οὐκ ἔστιν πάλιν ἐλϑεῖν — Ep. 304. (Vgl. oben p. 546, 1). 2) Die p. 674, 3 angeführten Stücke enthalten zwar theologisirende aber nirgends speciell Platonische Meinungen oder Lehren. — In den zahlreichen Stücken, die von einem Aufsteigen der Seele in den Aether, zu den Sternen u. s. w. reden (oben p. 673, 1. 2.) Platonisirende Ansichten zu erkennen (mit Lehrs., Popul. Aufs.2 p. 339 f.), ist kein Grund. Zwar Alexis der Komiker (Mein. Com. 3, 455) fragt, ob nicht die Meinung, dass der Leib nach dem Tode verwese, τὸ δ̕ ἀϑάνατον ἐξῆρε πρὸς τὸν ἀέρα, Platonische Lehre sei: ταῦτ̕ οὐ σχολὴ Πλάτωνος; Aber er nennt eben Platonisch jene seit langem und schon vor Platos Auftreten in Athen populär gewordene Vorstellung vom Aufsteigen der Seele des Todten in die oberen Regionen, ohne wirkliche Kenntniss von Plato’s Lehre zu haben. In Wirklichkeit hat diese ja an jene verbreitete Meinung nicht mehr als den vagsten Anklang und bildete und erhielt jene sich ohne jeden Einfluss des Plato und seiner Schule. 3) Ep. 650, 12: Zu der Schaar der Seligen, die τείρεσει σὺν αἰϑερίοισι χορεύει, gehöre ich λαχὼν ϑεὸν ἡγεμονῆα. Die Schlussworte müssen auf ein besonderes Pietätsverhältniss zu einem Gotte hinweisen sollen. Man vgl. die Verheissung eines ägyptischen Zauberbuches bei Parthey, Abh. d. Berl. Akad. 1865 p. 125, Z. 178 ff.: der herangezauberte Geist wird, wenn du gestorben bist, σοῦ τὸ πνεῦμα βαστάξας εἰς ἀέρα ἄξει σὺν αὑτῷ, εἰς γὰρ ᾅδην οὐ χωρήσει ἀέριον πνεῦμα συσταϑὲν (d. h. empfohlen) 3) Leib gefesselt und vollendete im Leibe seinen Lauf, nach dessen Ende er alsbald (wieder) in das Götterreich aufstieg. Also τύμβῳ εἰν ἀλαῷ πεπεδημένος: gebannt in das „dunkle Grab“ des Leibes. σῶμα — σῆμα. — 603: Der hier Begrabene ϑνητοῖς ψυχὴν πείσας ἐπὶ σώμασιν ἐλϑεῖν τὴν αὑτοῦ, μέλεος, οὐκ ἀνέπεισε μένειν. Das soll heissen: er hat seine (vorher körperlos lebende) Seele überredet, in das Reich der sterblichen Leiber einzugehn (einen Leib zu bewohnen), konnte sie aber nicht überreden, lange dort, in diesem irdischen Leben, auszuharren. 43*

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Zitationshilfe: Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894, S. 675. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohde_psyche_1894/691>, abgerufen am 23.11.2024.