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Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894.

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Tages1) nach dem Tode wurde die Leiche mitsammt dem
Lager, auf dem sie gebettet war, aus dem Hause getragen.
Zu grossem Prunke der Ausstattung des Leichenzuges mussten
hier und da die Gesetze steuern2). Wie feierlich und glanz-
voll in älterer Zeit auch dieser Theil des Todtencultus sich
gestaltete, kann uns, wenn sie nur irgend der Wirklichkeit
entspricht, die Darstellung eines Leichenzuges auf einer der
hochalterthümlichen "Dipylonvasen"3) lehren. Hier ist die
Leiche auf einem von zwei Pferden gezogenen Wagen hoch
aufgebahrt, Männer mit Schwertern an der Seite, eine ganze
Schaar wehklagend das Haupt schlagender Weiber folgt. In
Athen beschränkte das Gesetz wenigstens für Weiber die
Leichenfolge auf die Nächstverwandten (bis in's dritte Glied);
Männer, den Weibern vorangehend, scheinen ohne solche Ein-
schränkung zugelassen worden zu sein4). In Athen scheint
ein Gefolge gemietheter karischer Weiber und Männer, die
ihre heimischen Trauerweisen anstimmten, nicht verboten ge-

exekhein: Solon. Gesetz bei Demosth. 43, 62; vgl. Antiph. de chor. 34.
Klearch bei Proclus ad Plat. Remp., p. 63, 6 Sch.: Kleonymos in Athen
tethnanai doxas trites emeras ouses kata ton nomon proutethe, d. h. es war am
Morgen des 3. Tages, unmittelbar vor der ekphora, die prothesis hatte den
2. Tag ausgefüllt. Ebenso in der analogen Geschichte von Thespesios von
Soli, Plutarch de sera num vind. 22 p. 563 D: tritaios, ede peri tas
taphas autas, anenegke. Gleiche Sitte wird für die Griechen auf Cypern
vorausgesetzt bei Anton. Lib. 39, p. 235, 21 West: emera trite to soma
proenegkan eis emphanes (eis toumphanes?) oi prosekontes. Auch nach Platons
Bestimmung Leg. 12, 959 A soll stattfinden tritaia pros to mnema ekphora.
1) Vor Sonnenaufgang: Demosth. 43, 62 (ausdrücklich eingeschärft
durch Gesetz des Demetrius Phal.: Cic. leg. 2, 66). Dagegen galt es als
schimpflich, noch während der Nacht begraben zu werden: e kakos kakos
taphese, nuktos ouk en emera Eurip. Troad. 448.
2) So namentlich die Leichenordnung von Keos, Dittenb. Syll. 468;
vgl. Plut. Sol. 21; Bergk, Rhein. Mus. 15, 468.
3) Abgebildet Monum. d. inst. IX 39.
4) Das Gesetz bei Demosth. 43, 62 (vgl. 64) giebt Beschränkungen
bei der Leichenfolge nur für Weiber (und auch da nur für solche unter
60 Jahren) an; Männer scheinen demnach promiscue zugelassen worden
zu sein. Es heisst auch bei Plut. Sol. 21, bei der ekkomide habe Solon
nicht verboten ep allotria mnemata badizein -- nämlich den Männern,
muss man denken. Die Männer gingen im Zuge voran, die Weiber

Tages1) nach dem Tode wurde die Leiche mitsammt dem
Lager, auf dem sie gebettet war, aus dem Hause getragen.
Zu grossem Prunke der Ausstattung des Leichenzuges mussten
hier und da die Gesetze steuern2). Wie feierlich und glanz-
voll in älterer Zeit auch dieser Theil des Todtencultus sich
gestaltete, kann uns, wenn sie nur irgend der Wirklichkeit
entspricht, die Darstellung eines Leichenzuges auf einer der
hochalterthümlichen „Dipylonvasen“3) lehren. Hier ist die
Leiche auf einem von zwei Pferden gezogenen Wagen hoch
aufgebahrt, Männer mit Schwertern an der Seite, eine ganze
Schaar wehklagend das Haupt schlagender Weiber folgt. In
Athen beschränkte das Gesetz wenigstens für Weiber die
Leichenfolge auf die Nächstverwandten (bis in’s dritte Glied);
Männer, den Weibern vorangehend, scheinen ohne solche Ein-
schränkung zugelassen worden zu sein4). In Athen scheint
ein Gefolge gemietheter karischer Weiber und Männer, die
ihre heimischen Trauerweisen anstimmten, nicht verboten ge-

ἐξέχειν: Solon. Gesetz bei Demosth. 43, 62; vgl. Antiph. de chor. 34.
Klearch bei Proclus ad Plat. Remp., p. 63, 6 Sch.: Kleonymos in Athen
τεϑνάναι δόξας τρίτης ἡμέρας οὔσης κατὰ τὸν νόμον προὐτέϑη, d. h. es war am
Morgen des 3. Tages, unmittelbar vor der ἐκφορά, die πρόϑεσις hatte den
2. Tag ausgefüllt. Ebenso in der analogen Geschichte von Thespesios von
Soli, Plutarch de sera num vind. 22 p. 563 D: τριταῖος, ἤδη περὶ τὰς
ταφὰς αὐτάς, ἀνήνεγκε. Gleiche Sitte wird für die Griechen auf Cypern
vorausgesetzt bei Anton. Lib. 39, p. 235, 21 West: ἡμέρᾳ τρίτῃ τὸ σῶμα
προήνεγκαν εἰς ἐμφανές (εἰς τοὐμφανές?) οἱ προσήκοντες. Auch nach Platons
Bestimmung Leg. 12, 959 A soll stattfinden τριταία πρὸς τὸ μνῆμα ἐκφορά.
1) Vor Sonnenaufgang: Demosth. 43, 62 (ausdrücklich eingeschärft
durch Gesetz des Demetrius Phal.: Cic. leg. 2, 66). Dagegen galt es als
schimpflich, noch während der Nacht begraben zu werden: ἦ κακὸς κακῶς
ταφήσῃ, νυκτὸς οὐκ ἐν ἡμέρᾳ Eurip. Troad. 448.
2) So namentlich die Leichenordnung von Keos, Dittenb. Syll. 468;
vgl. Plut. Sol. 21; Bergk, Rhein. Mus. 15, 468.
3) Abgebildet Monum. d. inst. IX 39.
4) Das Gesetz bei Demosth. 43, 62 (vgl. 64) giebt Beschränkungen
bei der Leichenfolge nur für Weiber (und auch da nur für solche unter
60 Jahren) an; Männer scheinen demnach promiscue zugelassen worden
zu sein. Es heisst auch bei Plut. Sol. 21, bei der ἐκκομιδή habe Solon
nicht verboten ἐπ̕ ἀλλότρια μνήματα βαδίζειν — nämlich den Männern,
muss man denken. Die Männer gingen im Zuge voran, die Weiber
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[207/0223] Tages 1) nach dem Tode wurde die Leiche mitsammt dem Lager, auf dem sie gebettet war, aus dem Hause getragen. Zu grossem Prunke der Ausstattung des Leichenzuges mussten hier und da die Gesetze steuern 2). Wie feierlich und glanz- voll in älterer Zeit auch dieser Theil des Todtencultus sich gestaltete, kann uns, wenn sie nur irgend der Wirklichkeit entspricht, die Darstellung eines Leichenzuges auf einer der hochalterthümlichen „Dipylonvasen“ 3) lehren. Hier ist die Leiche auf einem von zwei Pferden gezogenen Wagen hoch aufgebahrt, Männer mit Schwertern an der Seite, eine ganze Schaar wehklagend das Haupt schlagender Weiber folgt. In Athen beschränkte das Gesetz wenigstens für Weiber die Leichenfolge auf die Nächstverwandten (bis in’s dritte Glied); Männer, den Weibern vorangehend, scheinen ohne solche Ein- schränkung zugelassen worden zu sein 4). In Athen scheint ein Gefolge gemietheter karischer Weiber und Männer, die ihre heimischen Trauerweisen anstimmten, nicht verboten ge- 3) 1) Vor Sonnenaufgang: Demosth. 43, 62 (ausdrücklich eingeschärft durch Gesetz des Demetrius Phal.: Cic. leg. 2, 66). Dagegen galt es als schimpflich, noch während der Nacht begraben zu werden: ἦ κακὸς κακῶς ταφήσῃ, νυκτὸς οὐκ ἐν ἡμέρᾳ Eurip. Troad. 448. 2) So namentlich die Leichenordnung von Keos, Dittenb. Syll. 468; vgl. Plut. Sol. 21; Bergk, Rhein. Mus. 15, 468. 3) Abgebildet Monum. d. inst. IX 39. 4) Das Gesetz bei Demosth. 43, 62 (vgl. 64) giebt Beschränkungen bei der Leichenfolge nur für Weiber (und auch da nur für solche unter 60 Jahren) an; Männer scheinen demnach promiscue zugelassen worden zu sein. Es heisst auch bei Plut. Sol. 21, bei der ἐκκομιδή habe Solon nicht verboten ἐπ̕ ἀλλότρια μνήματα βαδίζειν — nämlich den Männern, muss man denken. Die Männer gingen im Zuge voran, die Weiber 3) ἐξέχειν: Solon. Gesetz bei Demosth. 43, 62; vgl. Antiph. de chor. 34. Klearch bei Proclus ad Plat. Remp., p. 63, 6 Sch.: Kleonymos in Athen τεϑνάναι δόξας τρίτης ἡμέρας οὔσης κατὰ τὸν νόμον προὐτέϑη, d. h. es war am Morgen des 3. Tages, unmittelbar vor der ἐκφορά, die πρόϑεσις hatte den 2. Tag ausgefüllt. Ebenso in der analogen Geschichte von Thespesios von Soli, Plutarch de sera num vind. 22 p. 563 D: τριταῖος, ἤδη περὶ τὰς ταφὰς αὐτάς, ἀνήνεγκε. Gleiche Sitte wird für die Griechen auf Cypern vorausgesetzt bei Anton. Lib. 39, p. 235, 21 West: ἡμέρᾳ τρίτῃ τὸ σῶμα προήνεγκαν εἰς ἐμφανές (εἰς τοὐμφανές?) οἱ προσήκοντες. Auch nach Platons Bestimmung Leg. 12, 959 A soll stattfinden τριταία πρὸς τὸ μνῆμα ἐκφορά.

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Zitationshilfe: Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohde_psyche_1894/223>, abgerufen am 23.11.2024.