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Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894.

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wesen zu sein 1). Auf Keos schreibt das Gesetz schweigenden
Zug zum Grabe vor 2). Im Ganzen war, in der Beschränkung
eng bürgerlichen Lebens, "das Wilde, Barbarische" 3) der
Trauerbezeigungen, das in früheren Zeiten vorgeherrscht haben
soll, zu einer mässigen Symbolik abgedämpft.

Ueber die Einzelheiten der Bestattung sind wir ungenügend
unterrichtet. Gelegentliche Aussagen der Schriftsteller lassen
erkennen, was auch die Gräberfunde in griechischen Land-
schaften bestätigen, dass neben der in homerischer Zeit allein
üblichen Verbrennung auch die ältere Sitte, die Leichen un-
verbrannt beizusetzen, in Uebung blieb 4). Der Leib sollte
nicht spurlos vernichtet werden. Aus der Asche des Scheiter-
haufens sammelt der Sohn sorgfältig die Reste der Gebeine

folgten: Demosth. 43, 62. Ebenso offenbar in Keos: Dittenb. 468, 19. 20.
-- Pittakos (als Aesymnet in Mitylene) verbot völlig accedere quemquam
in funus aliorum
. Cic. de leg. 2, § 65.
1) Als bestehende Sitte erwähnt dies Plato Leg. 7, 800 E. Vgl.
dort die Schol., Hesych. s. Karinai. Menander Karine, Com. Mein. 4, p. 144
(Karisch-phrygische Trauerflöten: Ath. 4, 174 F; Pollux 4, 75. 79).
2) ton thanonta de pheren katakekalummenon siope mekhri epi to sema.
Dittenb. Syll. 468, 11.
3) Solon milderte (angeblich unter dem Einfluss des Epimenides)
bei den Leichenfeiern to skleron kai to barbarikon o suneikhonto proteron
ai pleistai gunaikes. Plut. Sol. 12.
4) Unter den, von Becker, Charikles2 3, 98 ff. besprochenen Aus-
sagen einzelner Schriftsteller seit dem 5. Jahrhundert sprechen für Be-
graben
als herrschende Sitte wesentlich nur Plut. Sol. 21: ouk eiasen
(Solon) suntithenai pleon imation trion, Plut. Lycurg. 27: sunthaptein
ouden eiasen (Lykurg), alla en phoinikidi kai phullois elaias thentes to soma
periestellon; vgl. Thucyd. 1, 134, 4. Verbrennen als das Ueblichere
setzt dagegen für Athen (im 4. Jahrh.) voraus Isaeus 4, 19: out ekausen
out ostologesen, ebenso (im 3. Jahrh.) das Testament des Peripatetikers
Lykon (Laert. 5, 70): peri de tes ekphoras kai kauseos epimelethetosan
ktl. (vgl. auch Teles bei Stob. flor. 40, 8; II p. 69, 24: ti diapherei upo
puros katakauthenai -- dies wird hier als griechische Bestattungsweise
vorausgesetzt). Welche Bestattungsweise wirklich vorwog, könnte nur eine
genaue Statistik der Gräberfunde in griechischen Ländern lehren, welche
bis dahin fehlt. (L. Ross, seiner Zeit der genaueste Kenner dieser Dinge,
versichert, in Attika sei Bestattung unverbrannter Leichen das vor-
herrschende gewesen: Archäol. Aufs. 1, 23.)

wesen zu sein 1). Auf Keos schreibt das Gesetz schweigenden
Zug zum Grabe vor 2). Im Ganzen war, in der Beschränkung
eng bürgerlichen Lebens, „das Wilde, Barbarische“ 3) der
Trauerbezeigungen, das in früheren Zeiten vorgeherrscht haben
soll, zu einer mässigen Symbolik abgedämpft.

Ueber die Einzelheiten der Bestattung sind wir ungenügend
unterrichtet. Gelegentliche Aussagen der Schriftsteller lassen
erkennen, was auch die Gräberfunde in griechischen Land-
schaften bestätigen, dass neben der in homerischer Zeit allein
üblichen Verbrennung auch die ältere Sitte, die Leichen un-
verbrannt beizusetzen, in Uebung blieb 4). Der Leib sollte
nicht spurlos vernichtet werden. Aus der Asche des Scheiter-
haufens sammelt der Sohn sorgfältig die Reste der Gebeine

folgten: Demosth. 43, 62. Ebenso offenbar in Keos: Dittenb. 468, 19. 20.
— Pittakos (als Aesymnet in Mitylene) verbot völlig accedere quemquam
in funus aliorum
. Cic. de leg. 2, § 65.
1) Als bestehende Sitte erwähnt dies Plato Leg. 7, 800 E. Vgl.
dort die Schol., Hesych. s. Καρῖναι. Menander Καρίνη, Com. Mein. 4, p. 144
(Karisch-phrygische Trauerflöten: Ath. 4, 174 F; Pollux 4, 75. 79).
2) τὸν ϑανόντα δὲ φέρεν κατακεκαλυμμένον σιωπῇ μέχρι ἐπὶ τὸ σῆμα.
Dittenb. Syll. 468, 11.
3) Solon milderte (angeblich unter dem Einfluss des Epimenides)
bei den Leichenfeiern τὸ σκληρὸν καὶ τὸ βαρβαρικὸν ᾧ συνείχοντο πρότερον
αἱ πλεῖσται γυναῖκες. Plut. Sol. 12.
4) Unter den, von Becker, Charikles2 3, 98 ff. besprochenen Aus-
sagen einzelner Schriftsteller seit dem 5. Jahrhundert sprechen für Be-
graben
als herrschende Sitte wesentlich nur Plut. Sol. 21: οὐκ εἴασεν
(Solon) συντιϑέναι πλέον ἱματίων τριῶν, Plut. Lycurg. 27: συνϑάπτειν
οὐδὲν εἴασεν (Lykurg), ἀλλὰ ἐν φοινικίδι καὶ φύλλοις ἐλαίας ϑέντες τὸ σῶμα
περιέστελλον; vgl. Thucyd. 1, 134, 4. Verbrennen als das Ueblichere
setzt dagegen für Athen (im 4. Jahrh.) voraus Isaeus 4, 19: οὔτ̕ ἔκαυσεν
οὔτ̕ ὠστολόγησεν, ebenso (im 3. Jahrh.) das Testament des Peripatetikers
Lykon (Laert. 5, 70): περὶ δὲ τῆς ἐκφορᾶς καὶ καύσεως ὲπιμεληϑήτωσαν
κτλ. (vgl. auch Teles bei Stob. flor. 40, 8; II p. 69, 24: τί διαφέρει ὑπὸ
πυρὸς κατακαυϑῆναι — dies wird hier als griechische Bestattungsweise
vorausgesetzt). Welche Bestattungsweise wirklich vorwog, könnte nur eine
genaue Statistik der Gräberfunde in griechischen Ländern lehren, welche
bis dahin fehlt. (L. Ross, seiner Zeit der genaueste Kenner dieser Dinge,
versichert, in Attika sei Bestattung unverbrannter Leichen das vor-
herrschende gewesen: Archäol. Aufs. 1, 23.)
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[208/0224] wesen zu sein 1). Auf Keos schreibt das Gesetz schweigenden Zug zum Grabe vor 2). Im Ganzen war, in der Beschränkung eng bürgerlichen Lebens, „das Wilde, Barbarische“ 3) der Trauerbezeigungen, das in früheren Zeiten vorgeherrscht haben soll, zu einer mässigen Symbolik abgedämpft. Ueber die Einzelheiten der Bestattung sind wir ungenügend unterrichtet. Gelegentliche Aussagen der Schriftsteller lassen erkennen, was auch die Gräberfunde in griechischen Land- schaften bestätigen, dass neben der in homerischer Zeit allein üblichen Verbrennung auch die ältere Sitte, die Leichen un- verbrannt beizusetzen, in Uebung blieb 4). Der Leib sollte nicht spurlos vernichtet werden. Aus der Asche des Scheiter- haufens sammelt der Sohn sorgfältig die Reste der Gebeine 4) 1) Als bestehende Sitte erwähnt dies Plato Leg. 7, 800 E. Vgl. dort die Schol., Hesych. s. Καρῖναι. Menander Καρίνη, Com. Mein. 4, p. 144 (Karisch-phrygische Trauerflöten: Ath. 4, 174 F; Pollux 4, 75. 79). 2) τὸν ϑανόντα δὲ φέρεν κατακεκαλυμμένον σιωπῇ μέχρι ἐπὶ τὸ σῆμα. Dittenb. Syll. 468, 11. 3) Solon milderte (angeblich unter dem Einfluss des Epimenides) bei den Leichenfeiern τὸ σκληρὸν καὶ τὸ βαρβαρικὸν ᾧ συνείχοντο πρότερον αἱ πλεῖσται γυναῖκες. Plut. Sol. 12. 4) Unter den, von Becker, Charikles2 3, 98 ff. besprochenen Aus- sagen einzelner Schriftsteller seit dem 5. Jahrhundert sprechen für Be- graben als herrschende Sitte wesentlich nur Plut. Sol. 21: οὐκ εἴασεν (Solon) συντιϑέναι πλέον ἱματίων τριῶν, Plut. Lycurg. 27: συνϑάπτειν οὐδὲν εἴασεν (Lykurg), ἀλλὰ ἐν φοινικίδι καὶ φύλλοις ἐλαίας ϑέντες τὸ σῶμα περιέστελλον; vgl. Thucyd. 1, 134, 4. Verbrennen als das Ueblichere setzt dagegen für Athen (im 4. Jahrh.) voraus Isaeus 4, 19: οὔτ̕ ἔκαυσεν οὔτ̕ ὠστολόγησεν, ebenso (im 3. Jahrh.) das Testament des Peripatetikers Lykon (Laert. 5, 70): περὶ δὲ τῆς ἐκφορᾶς καὶ καύσεως ὲπιμεληϑήτωσαν κτλ. (vgl. auch Teles bei Stob. flor. 40, 8; II p. 69, 24: τί διαφέρει ὑπὸ πυρὸς κατακαυϑῆναι — dies wird hier als griechische Bestattungsweise vorausgesetzt). Welche Bestattungsweise wirklich vorwog, könnte nur eine genaue Statistik der Gräberfunde in griechischen Ländern lehren, welche bis dahin fehlt. (L. Ross, seiner Zeit der genaueste Kenner dieser Dinge, versichert, in Attika sei Bestattung unverbrannter Leichen das vor- herrschende gewesen: Archäol. Aufs. 1, 23.) 4) folgten: Demosth. 43, 62. Ebenso offenbar in Keos: Dittenb. 468, 19. 20. — Pittakos (als Aesymnet in Mitylene) verbot völlig accedere quemquam in funus aliorum. Cic. de leg. 2, § 65.

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Zitationshilfe: Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohde_psyche_1894/224>, abgerufen am 23.11.2024.