dem aus Homer Jedermann geläufigen Namen die "Dämonen", d. i. Götter, genannt werden, so bilden sie doch eine Classe von Wesen, die dem Homer gänzlich unbekannt ist. Homer weiss von einzelnen Menschen, die, an Leib und Seele zugleich, zu unsterblichem Leben erhöhet oder entrückt sind, das spätere Epos auch von solchen, die (wie Memnon, Achill), nach dem Tode neu belebt, nun weiterleben in untrennbarer Gemeinschaft von Leib und Seele. Dass die Seele, allein für sich, ausser- halb des Erebos ein bewusstes Leben weiterführen und auf die lebenden Menschen einwirken könne, davon redet Homer nie. Eben dieses aber ist nach der hesiodischen Dichtung geschehen. Die Menschen des goldenen Zeitalters sind gestorben und leben nun ausserhalb des Leibes weiter, unsichtbar, Göttern ähnlich, daher mit dem Götternamen benannt; wie nach Homer die Götter selbst, mannichfache Gestalt annehmend, die Städte durchstreifen, der Menschen Frevel und Frömmigkeit beauf- sichtigend 1), ähnlich hier die Seelen der Verstorbenen. Denn Seelen sind es ja, die hier, nach ihrer Trennung vom Leibe, zu "Dämonen" geworden sind, d. h. auf jeden Fall in ein höheres, mächtigeres Dasein eingetreten sind als sie während ihrer Vereinigung mit dem Leibe hatten. Und dies ist eine Vorstellung, die uns in den homerischen Gedichten nirgends entgegengetreten ist.
Nun ist es völlig undenkbar, dass diese merkwürdige Vor- stellung von dem böotischen Dichter frei und für den Augen- blick erfunden wäre. Er kommt im weiteren Verlaufe seines Gedichtes noch einmal zurück auf denselben Glauben. Dreissig- tausend (d. h. unzählige) unsterbliche Wächter der sterblichen
zu 122 richtig bemerkt. So ja epikhthonioi bei Homer stets als Beiwort oder, alleinstehend, als Bezeichnung der Menschen im Gegensatz zu den Göttern. Die upokhthonioi 141 bilden dann erst nachträglich wieder einen Gegensatz zu den epikhthonioi.
1) Odyss. 17, 485 ff. Alt sind daher die Sagen von Einkehr ein- zelner Götter in menschlichen Wohnungen: vgl. meinen Griech. Roman p. 506 ff. Insbesondere Zeus Philios kehrt gern bei Menschen ein: Diodor. com. Epikleros, Mein. Com. fr. III p. 543 f. v. 7 ff.
dem aus Homer Jedermann geläufigen Namen die „Dämonen“, d. i. Götter, genannt werden, so bilden sie doch eine Classe von Wesen, die dem Homer gänzlich unbekannt ist. Homer weiss von einzelnen Menschen, die, an Leib und Seele zugleich, zu unsterblichem Leben erhöhet oder entrückt sind, das spätere Epos auch von solchen, die (wie Memnon, Achill), nach dem Tode neu belebt, nun weiterleben in untrennbarer Gemeinschaft von Leib und Seele. Dass die Seele, allein für sich, ausser- halb des Erebos ein bewusstes Leben weiterführen und auf die lebenden Menschen einwirken könne, davon redet Homer nie. Eben dieses aber ist nach der hesiodischen Dichtung geschehen. Die Menschen des goldenen Zeitalters sind gestorben und leben nun ausserhalb des Leibes weiter, unsichtbar, Göttern ähnlich, daher mit dem Götternamen benannt; wie nach Homer die Götter selbst, mannichfache Gestalt annehmend, die Städte durchstreifen, der Menschen Frevel und Frömmigkeit beauf- sichtigend 1), ähnlich hier die Seelen der Verstorbenen. Denn Seelen sind es ja, die hier, nach ihrer Trennung vom Leibe, zu „Dämonen“ geworden sind, d. h. auf jeden Fall in ein höheres, mächtigeres Dasein eingetreten sind als sie während ihrer Vereinigung mit dem Leibe hatten. Und dies ist eine Vorstellung, die uns in den homerischen Gedichten nirgends entgegengetreten ist.
Nun ist es völlig undenkbar, dass diese merkwürdige Vor- stellung von dem böotischen Dichter frei und für den Augen- blick erfunden wäre. Er kommt im weiteren Verlaufe seines Gedichtes noch einmal zurück auf denselben Glauben. Dreissig- tausend (d. h. unzählige) unsterbliche Wächter der sterblichen
zu 122 richtig bemerkt. So ja ἐπιχϑόνιοι bei Homer stets als Beiwort oder, alleinstehend, als Bezeichnung der Menschen im Gegensatz zu den Göttern. Die ὑποχϑόνιοι 141 bilden dann erst nachträglich wieder einen Gegensatz zu den ἐπιχϑόνιοι.
1) Odyss. 17, 485 ff. Alt sind daher die Sagen von Einkehr ein- zelner Götter in menschlichen Wohnungen: vgl. meinen Griech. Roman p. 506 ff. Insbesondere Zeus Philios kehrt gern bei Menschen ein: Diodor. com. Ἐπίκληρος, Mein. Com. fr. III p. 543 f. v. 7 ff.
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dem aus Homer Jedermann geläufigen Namen die „Dämonen“,
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Epos auch von solchen, die (wie Memnon, Achill), nach dem
Tode neu belebt, nun weiterleben in untrennbarer Gemeinschaft
von Leib und Seele. Dass die Seele, allein für sich, ausser-
halb des Erebos ein bewusstes Leben weiterführen und auf die
lebenden Menschen einwirken könne, davon redet Homer nie.
Eben dieses aber ist nach der hesiodischen Dichtung geschehen.
Die Menschen des goldenen Zeitalters sind gestorben und leben
nun ausserhalb des Leibes weiter, unsichtbar, Göttern ähnlich,
daher mit dem Götternamen benannt; wie nach Homer die
Götter selbst, mannichfache Gestalt annehmend, die Städte
durchstreifen, der Menschen Frevel und Frömmigkeit beauf-
sichtigend 1), ähnlich hier die Seelen der Verstorbenen. Denn
Seelen sind es ja, die hier, nach ihrer Trennung vom Leibe,
zu „Dämonen“ geworden sind, d. h. auf jeden Fall in ein
höheres, mächtigeres Dasein eingetreten sind als sie während
ihrer Vereinigung mit dem Leibe hatten. Und dies ist eine
Vorstellung, die uns in den homerischen Gedichten nirgends
entgegengetreten ist.
Nun ist es völlig undenkbar, dass diese merkwürdige Vor-
stellung von dem böotischen Dichter frei und für den Augen-
blick erfunden wäre. Er kommt im weiteren Verlaufe seines
Gedichtes noch einmal zurück auf denselben Glauben. Dreissig-
tausend (d. h. unzählige) unsterbliche Wächter der sterblichen
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1) Odyss. 17, 485 ff. Alt sind daher die Sagen von Einkehr ein-
zelner Götter in menschlichen Wohnungen: vgl. meinen Griech. Roman
p. 506 ff. Insbesondere Zeus Philios kehrt gern bei Menschen ein:
Diodor. com. Ἐπίκληρος, Mein. Com. fr. III p. 543 f. v. 7 ff.
3) zu 122 richtig bemerkt. So ja ἐπιχϑόνιοι bei Homer stets als Beiwort
oder, alleinstehend, als Bezeichnung der Menschen im Gegensatz zu den
Göttern. Die ὑποχϑόνιοι 141 bilden dann erst nachträglich wieder einen
Gegensatz zu den ἐπιχϑόνιοι.
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Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohde_psyche_1894/107>, abgerufen am 23.11.2024.
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