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Rössig, Carl Gottlob: Versuch einer pragmatischen Geschichte der Ökonomie- Polizey- und Cameralwissenschaften. Deutschland. Bd. 2,1. Leipzig, 1782.

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man hat an vielen Orten, wo er es für nöthig
gefunden, die schattigen Bäume am Ufer der
Flüsse abhauen und ausrotten müssen. Man
beobachtet dieses zur Beförderung des Perlen-
fanges, auch ist das Stehlen und Aufschnei-
den der Perlenmuscheln im J. 1701 bey Lei-
bes und Lebens oder willkührlicher Strafe un-
tersagt. Hingegen wird auch die Muschel da-
durch, daß man ihr die zeitige Perle behutsam
nimmt, mit fast mehrerm Fleiße eine andere
ansetzen.

Die Muscheln werden eingetheilt in träch-
tige und in Legmuscheln; ob eine oder die an-
dere zu der erstern Art gehören, untersucht
der Perlensucher mit einem dazu gemachten
breiten Instrument. Wenn reife Perlen da
sind, so setzt er sein Instrument gelinde an das
Häutchen an, worauf die reife Perle heraus-
fällt. Sind die Perlen nicht zeitig, so legt
er die Muscheln wieder sanft ins Wasser, wo
sie sich selbst wieder einsetzen, das heißt, sie
senken sich allmählich wieder ein, und hängen
sich durch Herausgebung des Unterleibes, fast
wie die Schnecken, wieder fest an den Boden
an, bis sie durch den zugeführten Sand immer
mehr befestiget, und von selbigem bis ungefähr
zur Hälfte umgeben sind. Besonders groß an-
gesetzte Perlen verwahrt der Perlensucher an
besondern Orten, wo sie niemand weiß als er,
sonderlich auch, wo sie vor dem Floßholze,

Grund-

man hat an vielen Orten, wo er es fuͤr noͤthig
gefunden, die ſchattigen Baͤume am Ufer der
Fluͤſſe abhauen und ausrotten muͤſſen. Man
beobachtet dieſes zur Befoͤrderung des Perlen-
fanges, auch iſt das Stehlen und Aufſchnei-
den der Perlenmuſcheln im J. 1701 bey Lei-
bes und Lebens oder willkuͤhrlicher Strafe un-
terſagt. Hingegen wird auch die Muſchel da-
durch, daß man ihr die zeitige Perle behutſam
nimmt, mit faſt mehrerm Fleiße eine andere
anſetzen.

Die Muſcheln werden eingetheilt in traͤch-
tige und in Legmuſcheln; ob eine oder die an-
dere zu der erſtern Art gehoͤren, unterſucht
der Perlenſucher mit einem dazu gemachten
breiten Inſtrument. Wenn reife Perlen da
ſind, ſo ſetzt er ſein Inſtrument gelinde an das
Haͤutchen an, worauf die reife Perle heraus-
faͤllt. Sind die Perlen nicht zeitig, ſo legt
er die Muſcheln wieder ſanft ins Waſſer, wo
ſie ſich ſelbſt wieder einſetzen, das heißt, ſie
ſenken ſich allmaͤhlich wieder ein, und haͤngen
ſich durch Herausgebung des Unterleibes, faſt
wie die Schnecken, wieder feſt an den Boden
an, bis ſie durch den zugefuͤhrten Sand immer
mehr befeſtiget, und von ſelbigem bis ungefaͤhr
zur Haͤlfte umgeben ſind. Beſonders groß an-
geſetzte Perlen verwahrt der Perlenſucher an
beſondern Orten, wo ſie niemand weiß als er,
ſonderlich auch, wo ſie vor dem Floßholze,

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[580/0590] man hat an vielen Orten, wo er es fuͤr noͤthig gefunden, die ſchattigen Baͤume am Ufer der Fluͤſſe abhauen und ausrotten muͤſſen. Man beobachtet dieſes zur Befoͤrderung des Perlen- fanges, auch iſt das Stehlen und Aufſchnei- den der Perlenmuſcheln im J. 1701 bey Lei- bes und Lebens oder willkuͤhrlicher Strafe un- terſagt. Hingegen wird auch die Muſchel da- durch, daß man ihr die zeitige Perle behutſam nimmt, mit faſt mehrerm Fleiße eine andere anſetzen. Die Muſcheln werden eingetheilt in traͤch- tige und in Legmuſcheln; ob eine oder die an- dere zu der erſtern Art gehoͤren, unterſucht der Perlenſucher mit einem dazu gemachten breiten Inſtrument. Wenn reife Perlen da ſind, ſo ſetzt er ſein Inſtrument gelinde an das Haͤutchen an, worauf die reife Perle heraus- faͤllt. Sind die Perlen nicht zeitig, ſo legt er die Muſcheln wieder ſanft ins Waſſer, wo ſie ſich ſelbſt wieder einſetzen, das heißt, ſie ſenken ſich allmaͤhlich wieder ein, und haͤngen ſich durch Herausgebung des Unterleibes, faſt wie die Schnecken, wieder feſt an den Boden an, bis ſie durch den zugefuͤhrten Sand immer mehr befeſtiget, und von ſelbigem bis ungefaͤhr zur Haͤlfte umgeben ſind. Beſonders groß an- geſetzte Perlen verwahrt der Perlenſucher an beſondern Orten, wo ſie niemand weiß als er, ſonderlich auch, wo ſie vor dem Floßholze, Grund-

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Zitationshilfe: Rössig, Carl Gottlob: Versuch einer pragmatischen Geschichte der Ökonomie- Polizey- und Cameralwissenschaften. Deutschland. Bd. 2,1. Leipzig, 1782, S. 580. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roessig_oekonomie02_1782/590>, abgerufen am 21.06.2024.