Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876.feldherrn auszuführen: er befahl einem Theil der Kronarmee, ihn "Ein anderer von den Potocki, derselbe, der als General der "Einer der Hauptmängel unserer Gesetzgebung war, daß die feldherrn auszuführen: er befahl einem Theil der Kronarmee, ihn „Ein anderer von den Potocki, derſelbe, der als General der „Einer der Hauptmängel unſerer Geſetzgebung war, daß die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0244" n="230"/> feldherrn auszuführen: er befahl einem Theil der Kronarmee, ihn<lb/> nach Petrikau zu begleiten.</p><lb/> <p>„Ein anderer von den Potocki, derſelbe, der als General der<lb/> Artillerie von Lithauen ſtarb, damals aber nur erſt Staroſt von<lb/> Tlomacz war, ein Schweſterſohn des Kron-Großfeldherrn, hatte<lb/> ſich auf dem Landtage von Belz zum Deputirten wählen laſſen:<lb/> der damalige Kaſtellan von Belz aber, Lipski, reiſte ſelbſt nach<lb/> Petrikau, um dort die Ungültigkeit dieſer Wahl zu beweiſen.<lb/> Potocki wollte Marſchall des Tribunals werden, weſentlich um<lb/> durch ſein eigenes Anſehen und durch ſeinen Einfluß auf die<lb/> Collegen alle die Rechtsacte wieder für ungültig erklären zu laſſen,<lb/> welche bei dem Tribunal in den letzten Jahren zu dem Zweck<lb/> eingebracht worden waren, den Beweis zu liefern, daß Graf<lb/> Brühl in grader Linie aus einem alten polniſchen Hauſe ſtamme,<lb/> welches einſt in der Republik gelebt und von dem ein Zweig<lb/> vor zwei Jahrhunderten das Land verlaſſen habe. Außerdem<lb/> aber beabſichtigte Potocki gegen meinen älteſten Bruder, den Groß-<lb/> Kammerherrn, den Proceß zu erneuern, welcher die Folge des<lb/> Zweikampfs geweſen war, in dem mein Bruder im Jahre 1744<lb/> das Unglück gehabt hatte, den Grafen Tarlo, Woiwoden von<lb/> Lublin, zu tödten.“ (S. oben S. 75.)</p><lb/> <p>„Einer der Hauptmängel unſerer Geſetzgebung war, daß die<lb/> Proceſſe am Tribunal ins Unendliche fortgeſponnen werden konnten.<lb/> Wer ſeinen Proceß verlor, konnte im folgenden Jahr und ſelbſt<lb/> noch nach mehreren Jahren ihn unter dem Vorwande wieder an-<lb/> ſtrengen, daß das Urtheil, über welches er ſich beklage, das Geſetz<lb/> verletze. Die Formel hiefür lautete: <hi rendition="#aq">quod vim legis sapit</hi>.<lb/> Gewann er jetzt, ſo konnte aber auch ſein Gegner im dritten<lb/> Tribunal von neuem ihm Gleiches mit Gleichem vergelten und<lb/> ſo bis ins Unendliche fort. Es iſt auf dieſe Weiſe in einzelnen<lb/> Proceſſen 12 Mal abgeurtheilt worden. Im Jahre 1768 aber<lb/> wurde dieſer Mißbrauch aufgehoben: ein Geſetz aus dieſem Jahre<lb/> ſtellte feſt, daß zwei in einer Sache von zwei Tribunalen über-<lb/> einſtimmend erlaſſene Dekrete dieſelbe endgültig entſcheiden ſollten.<lb/> Die Proceßſüchtigen bemühen ſich ſeitdem, die Dekrete nicht über-<lb/> einſtimmend werden zu laſſen.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [230/0244]
feldherrn auszuführen: er befahl einem Theil der Kronarmee, ihn
nach Petrikau zu begleiten.
„Ein anderer von den Potocki, derſelbe, der als General der
Artillerie von Lithauen ſtarb, damals aber nur erſt Staroſt von
Tlomacz war, ein Schweſterſohn des Kron-Großfeldherrn, hatte
ſich auf dem Landtage von Belz zum Deputirten wählen laſſen:
der damalige Kaſtellan von Belz aber, Lipski, reiſte ſelbſt nach
Petrikau, um dort die Ungültigkeit dieſer Wahl zu beweiſen.
Potocki wollte Marſchall des Tribunals werden, weſentlich um
durch ſein eigenes Anſehen und durch ſeinen Einfluß auf die
Collegen alle die Rechtsacte wieder für ungültig erklären zu laſſen,
welche bei dem Tribunal in den letzten Jahren zu dem Zweck
eingebracht worden waren, den Beweis zu liefern, daß Graf
Brühl in grader Linie aus einem alten polniſchen Hauſe ſtamme,
welches einſt in der Republik gelebt und von dem ein Zweig
vor zwei Jahrhunderten das Land verlaſſen habe. Außerdem
aber beabſichtigte Potocki gegen meinen älteſten Bruder, den Groß-
Kammerherrn, den Proceß zu erneuern, welcher die Folge des
Zweikampfs geweſen war, in dem mein Bruder im Jahre 1744
das Unglück gehabt hatte, den Grafen Tarlo, Woiwoden von
Lublin, zu tödten.“ (S. oben S. 75.)
„Einer der Hauptmängel unſerer Geſetzgebung war, daß die
Proceſſe am Tribunal ins Unendliche fortgeſponnen werden konnten.
Wer ſeinen Proceß verlor, konnte im folgenden Jahr und ſelbſt
noch nach mehreren Jahren ihn unter dem Vorwande wieder an-
ſtrengen, daß das Urtheil, über welches er ſich beklage, das Geſetz
verletze. Die Formel hiefür lautete: quod vim legis sapit.
Gewann er jetzt, ſo konnte aber auch ſein Gegner im dritten
Tribunal von neuem ihm Gleiches mit Gleichem vergelten und
ſo bis ins Unendliche fort. Es iſt auf dieſe Weiſe in einzelnen
Proceſſen 12 Mal abgeurtheilt worden. Im Jahre 1768 aber
wurde dieſer Mißbrauch aufgehoben: ein Geſetz aus dieſem Jahre
ſtellte feſt, daß zwei in einer Sache von zwei Tribunalen über-
einſtimmend erlaſſene Dekrete dieſelbe endgültig entſcheiden ſollten.
Die Proceßſüchtigen bemühen ſich ſeitdem, die Dekrete nicht über-
einſtimmend werden zu laſſen.
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