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Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876.

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und Überstürzung aus 1). Auch Graf Broglie, mit seinen 32
Jahren jünger als der Engländer, hatte Geist und große Leb-
haftigkeit; wenn er heftig wurde, brannten seine leuchtenden
Augen wie das Feuer eines Vulkan; von sehr kleiner Gestalt,
trug er, wie sich sein Minister d'Argenson ausgedrückt hat, den
Kopf hoch wie ein kleiner Hahn. Und in der That er war
dreist und kühn in seinen politischen Combinationen, wie in
seinem persönlichen Auftreten: ein eben so treuer Freund als
unversöhnlicher Feind; man sagte bei seiner Ernennung nach
Warschau in Paris scherzhaft, ob Ludwig XV. mit dem Könige
von Polen Krieg anfangen wolle 2). Auf dem Wege nach
Dresden sah er Friedrich II., der ihn zum Diner einlud. Als
der König im Gespräch bemerkte, daß ihre Freunde in Polen
stark entmuthigt wären, er aber die Mittel kenne ihnen Muth
zu machen, antwortete Broglie, er hoffe, daß Se. Majestät,
da sie die Mittel kenne, auch ihrerseits von ihnen Gebrauch
machen werde 3). Als er dann nach Dresden kann, war der
Hof schon nach Polen. Er holte ihn in Bialystock ein, wo-
selbst Branicki den König aufs glänzendste bewirthete. In Bezug
auf die Thronfolge schrieb ihm seine Instruction vor, zu sagen:
die Freiheit Polens sei König Ludwig XV. heilig, unter allen Um-
ständen werde er sie schützen. Der Prinz, den die Polen frei
und einmüthig wählen würden, würde Frankreich immer als
der würdigste erscheinen: dabei aber sollte er durchschimmern
lassen, das sich Ludwig mehr für das Haus Sachsen als für
irgend ein anderes interessire. In Bialystock fand er Williams

1) Vgl. Rulhiere I, 206; Ranke a. a. O., S. 44; Mitchells,
des englischen Gesandten bei Friedrich II., Urtheil über ihn in Schaefers
Geschichte des siebenjährigen Krieges I, 141.
2) Vgl. Boutaric I, 64 sq. La diplomatie secrete de Louis XV.
in der Revue des deux mondes 1870, Vol. 87, p. 257 sq. nach den
Papieren der Familie und der franz. Archive von Herzog Albert de
Broglie. Rulhiere I, 210. Stanislaw Aug., Pam., p. 265.
3) Nach Broglie hat Friedrich II. in der That im Juni 1753 in
Paris anbieten lassen, etwa 1/3 der zur Wiederbelebung der französischen
Parthei in Polen erforderlichen Kosten zu übernehmen; Frankreich lehnte
das ab. S. Revue l. c., p. 770.

und Überſtürzung aus 1). Auch Graf Broglie, mit ſeinen 32
Jahren jünger als der Engländer, hatte Geiſt und große Leb-
haftigkeit; wenn er heftig wurde, brannten ſeine leuchtenden
Augen wie das Feuer eines Vulkan; von ſehr kleiner Geſtalt,
trug er, wie ſich ſein Miniſter d’Argenſon ausgedrückt hat, den
Kopf hoch wie ein kleiner Hahn. Und in der That er war
dreiſt und kühn in ſeinen politiſchen Combinationen, wie in
ſeinem perſönlichen Auftreten: ein eben ſo treuer Freund als
unverſöhnlicher Feind; man ſagte bei ſeiner Ernennung nach
Warſchau in Paris ſcherzhaft, ob Ludwig XV. mit dem Könige
von Polen Krieg anfangen wolle 2). Auf dem Wege nach
Dresden ſah er Friedrich II., der ihn zum Diner einlud. Als
der König im Geſpräch bemerkte, daß ihre Freunde in Polen
ſtark entmuthigt wären, er aber die Mittel kenne ihnen Muth
zu machen, antwortete Broglie, er hoffe, daß Se. Majeſtät,
da ſie die Mittel kenne, auch ihrerſeits von ihnen Gebrauch
machen werde 3). Als er dann nach Dresden kann, war der
Hof ſchon nach Polen. Er holte ihn in Bialyſtock ein, wo-
ſelbſt Branicki den König aufs glänzendſte bewirthete. In Bezug
auf die Thronfolge ſchrieb ihm ſeine Inſtruction vor, zu ſagen:
die Freiheit Polens ſei König Ludwig XV. heilig, unter allen Um-
ſtänden werde er ſie ſchützen. Der Prinz, den die Polen frei
und einmüthig wählen würden, würde Frankreich immer als
der würdigſte erſcheinen: dabei aber ſollte er durchſchimmern
laſſen, das ſich Ludwig mehr für das Haus Sachſen als für
irgend ein anderes intereſſire. In Bialyſtock fand er Williams

1) Vgl. Rulhiere I, 206; Ranke a. a. O., S. 44; Mitchells,
des engliſchen Geſandten bei Friedrich II., Urtheil über ihn in Schaefers
Geſchichte des ſiebenjährigen Krieges I, 141.
2) Vgl. Boutaric I, 64 sq. La diplomatie secrète de Louis XV.
in der Revue des deux mondes 1870, Vol. 87, p. 257 sq. nach den
Papieren der Familie und der franz. Archive von Herzog Albert de
Broglie. Rulhiere I, 210. Stanislaw Aug., Pam., p. 265.
3) Nach Broglie hat Friedrich II. in der That im Juni 1753 in
Paris anbieten laſſen, etwa ⅓ der zur Wiederbelebung der franzöſiſchen
Parthei in Polen erforderlichen Koſten zu übernehmen; Frankreich lehnte
das ab. S. Revue l. c., p. 770.
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[88/0102] und Überſtürzung aus 1). Auch Graf Broglie, mit ſeinen 32 Jahren jünger als der Engländer, hatte Geiſt und große Leb- haftigkeit; wenn er heftig wurde, brannten ſeine leuchtenden Augen wie das Feuer eines Vulkan; von ſehr kleiner Geſtalt, trug er, wie ſich ſein Miniſter d’Argenſon ausgedrückt hat, den Kopf hoch wie ein kleiner Hahn. Und in der That er war dreiſt und kühn in ſeinen politiſchen Combinationen, wie in ſeinem perſönlichen Auftreten: ein eben ſo treuer Freund als unverſöhnlicher Feind; man ſagte bei ſeiner Ernennung nach Warſchau in Paris ſcherzhaft, ob Ludwig XV. mit dem Könige von Polen Krieg anfangen wolle 2). Auf dem Wege nach Dresden ſah er Friedrich II., der ihn zum Diner einlud. Als der König im Geſpräch bemerkte, daß ihre Freunde in Polen ſtark entmuthigt wären, er aber die Mittel kenne ihnen Muth zu machen, antwortete Broglie, er hoffe, daß Se. Majeſtät, da ſie die Mittel kenne, auch ihrerſeits von ihnen Gebrauch machen werde 3). Als er dann nach Dresden kann, war der Hof ſchon nach Polen. Er holte ihn in Bialyſtock ein, wo- ſelbſt Branicki den König aufs glänzendſte bewirthete. In Bezug auf die Thronfolge ſchrieb ihm ſeine Inſtruction vor, zu ſagen: die Freiheit Polens ſei König Ludwig XV. heilig, unter allen Um- ſtänden werde er ſie ſchützen. Der Prinz, den die Polen frei und einmüthig wählen würden, würde Frankreich immer als der würdigſte erſcheinen: dabei aber ſollte er durchſchimmern laſſen, das ſich Ludwig mehr für das Haus Sachſen als für irgend ein anderes intereſſire. In Bialyſtock fand er Williams 1) Vgl. Rulhiere I, 206; Ranke a. a. O., S. 44; Mitchells, des engliſchen Geſandten bei Friedrich II., Urtheil über ihn in Schaefers Geſchichte des ſiebenjährigen Krieges I, 141. 2) Vgl. Boutaric I, 64 sq. La diplomatie secrète de Louis XV. in der Revue des deux mondes 1870, Vol. 87, p. 257 sq. nach den Papieren der Familie und der franz. Archive von Herzog Albert de Broglie. Rulhiere I, 210. Stanislaw Aug., Pam., p. 265. 3) Nach Broglie hat Friedrich II. in der That im Juni 1753 in Paris anbieten laſſen, etwa ⅓ der zur Wiederbelebung der franzöſiſchen Parthei in Polen erforderlichen Koſten zu übernehmen; Frankreich lehnte das ab. S. Revue l. c., p. 770.

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Zitationshilfe: Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roepell_polen_1876/102>, abgerufen am 23.11.2024.