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Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876.

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schon vor, und in engem, vertrauten Verkehr mit der "Familie".
Williams war außerordentlich regsam und thätig, Broglie ver-
legte sich zunächst aufs Hören. Gegenüber der Geschäftigkeit
des Engländers legte er seiner eignen Natur den Zwang auf,
den ruhigen Beobachter zu spielen. Die frühere französische
Parthei hatte sich fast aufgelöst; sie neu zu beleben fand er
nur einige alte verbrauchte Agenten, aber mit den 80000 Fr.,
die er zur Disposition hatte, verschaffte er sich bald jüngere
Kräfte. Er lebte in Grodno mit dem Adel, der in "einem
repas für 100 Ducaten Ungarwein trank", auf dessen Weise.
Ohne 26 bis 30 Personen und Pferde in seinem Gefolge,
dürfe er, schrieb er nach Paris, nicht öffentlich erscheinen;
man habe hier nichts zu hoffen, wenn man sich nicht durch
die Art, wie man lebe, einige Beachtung erwerbe. Bis Ende
December hatte er freilich 100 und einige Tausend Francs
außer jenen 80 Tausend bereits ausgegeben, aber er hatte auch
seine nächsten Zwecke und mehr als sie erreicht.

Übrigens war es für ihn nicht schwer für die Wiederbe-
lebung einer französischen Parthei die geeigneten Führer zu
finden und zu gewinnen. Der alte Branicki, stets voll Sym-
pathie für Frankreich und noch vor wenigen Jahren für Conti
thätig, bot sich hiezu wie von selbst dar, zumal er jetzt als
Krongroßfeldherr fast eine unbeschränkte Gewalt über die Armee
hatte und in der Republik in hoher Achtung stand. Sein
Vertrauter Mokranowski war sogar seit seiner Sendung nach
Paris (1745) in die geheime Cabinetspolitik Ludwig XV. ein-
geweiht und bezog wahrscheinlich schon damals eine französische
Pension 1). Durch seine männliche Schönheit, seine körperliche

1) Vgl. Boutaric II, 432. Als Ludwig XVI. zur Regierung
kam, bewilligte er auf den Bericht Broglie's für Mokranowski eine lebens-
längliche Pension von 20000 Livres jährlich, S. 440. Daß er schon
früher eine solche hatte, ist unzweifelhaft, fraglich nur, seit wann er die
20000 Livres bezog. 1761 erhielt er eine Gratification von 2400 Ducaten,
ebend. I, 265. Rulhiere I, 294 hat mit all der Kunst, die ihm
eigen ist, M. fast wie einen jungen Alcibiades, nur noch von reinerem
Patriotismus erfüllt, characterisirt. Daß Isabella Branicka gegen ihn
nicht unempfindlich gewesen, sagt Broglie. -- M. soll, wie Dorow,

ſchon vor, und in engem, vertrauten Verkehr mit der „Familie“.
Williams war außerordentlich regſam und thätig, Broglie ver-
legte ſich zunächſt aufs Hören. Gegenüber der Geſchäftigkeit
des Engländers legte er ſeiner eignen Natur den Zwang auf,
den ruhigen Beobachter zu ſpielen. Die frühere franzöſiſche
Parthei hatte ſich faſt aufgelöſt; ſie neu zu beleben fand er
nur einige alte verbrauchte Agenten, aber mit den 80000 Fr.,
die er zur Dispoſition hatte, verſchaffte er ſich bald jüngere
Kräfte. Er lebte in Grodno mit dem Adel, der in „einem
repas für 100 Ducaten Ungarwein trank“, auf deſſen Weiſe.
Ohne 26 bis 30 Perſonen und Pferde in ſeinem Gefolge,
dürfe er, ſchrieb er nach Paris, nicht öffentlich erſcheinen;
man habe hier nichts zu hoffen, wenn man ſich nicht durch
die Art, wie man lebe, einige Beachtung erwerbe. Bis Ende
December hatte er freilich 100 und einige Tauſend Francs
außer jenen 80 Tauſend bereits ausgegeben, aber er hatte auch
ſeine nächſten Zwecke und mehr als ſie erreicht.

Übrigens war es für ihn nicht ſchwer für die Wiederbe-
lebung einer franzöſiſchen Parthei die geeigneten Führer zu
finden und zu gewinnen. Der alte Branicki, ſtets voll Sym-
pathie für Frankreich und noch vor wenigen Jahren für Conti
thätig, bot ſich hiezu wie von ſelbſt dar, zumal er jetzt als
Krongroßfeldherr faſt eine unbeſchränkte Gewalt über die Armee
hatte und in der Republik in hoher Achtung ſtand. Sein
Vertrauter Mokranowski war ſogar ſeit ſeiner Sendung nach
Paris (1745) in die geheime Cabinetspolitik Ludwig XV. ein-
geweiht und bezog wahrſcheinlich ſchon damals eine franzöſiſche
Penſion 1). Durch ſeine männliche Schönheit, ſeine körperliche

1) Vgl. Boutaric II, 432. Als Ludwig XVI. zur Regierung
kam, bewilligte er auf den Bericht Broglie’s für Mokranowski eine lebens-
längliche Penſion von 20000 Livres jährlich, S. 440. Daß er ſchon
früher eine ſolche hatte, iſt unzweifelhaft, fraglich nur, ſeit wann er die
20000 Livres bezog. 1761 erhielt er eine Gratification von 2400 Ducaten,
ebend. I, 265. Rulhiere I, 294 hat mit all der Kunſt, die ihm
eigen iſt, M. faſt wie einen jungen Alcibiades, nur noch von reinerem
Patriotismus erfüllt, characteriſirt. Daß Iſabella Branicka gegen ihn
nicht unempfindlich geweſen, ſagt Broglie. — M. ſoll, wie Dorow,
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[89/0103] ſchon vor, und in engem, vertrauten Verkehr mit der „Familie“. Williams war außerordentlich regſam und thätig, Broglie ver- legte ſich zunächſt aufs Hören. Gegenüber der Geſchäftigkeit des Engländers legte er ſeiner eignen Natur den Zwang auf, den ruhigen Beobachter zu ſpielen. Die frühere franzöſiſche Parthei hatte ſich faſt aufgelöſt; ſie neu zu beleben fand er nur einige alte verbrauchte Agenten, aber mit den 80000 Fr., die er zur Dispoſition hatte, verſchaffte er ſich bald jüngere Kräfte. Er lebte in Grodno mit dem Adel, der in „einem repas für 100 Ducaten Ungarwein trank“, auf deſſen Weiſe. Ohne 26 bis 30 Perſonen und Pferde in ſeinem Gefolge, dürfe er, ſchrieb er nach Paris, nicht öffentlich erſcheinen; man habe hier nichts zu hoffen, wenn man ſich nicht durch die Art, wie man lebe, einige Beachtung erwerbe. Bis Ende December hatte er freilich 100 und einige Tauſend Francs außer jenen 80 Tauſend bereits ausgegeben, aber er hatte auch ſeine nächſten Zwecke und mehr als ſie erreicht. Übrigens war es für ihn nicht ſchwer für die Wiederbe- lebung einer franzöſiſchen Parthei die geeigneten Führer zu finden und zu gewinnen. Der alte Branicki, ſtets voll Sym- pathie für Frankreich und noch vor wenigen Jahren für Conti thätig, bot ſich hiezu wie von ſelbſt dar, zumal er jetzt als Krongroßfeldherr faſt eine unbeſchränkte Gewalt über die Armee hatte und in der Republik in hoher Achtung ſtand. Sein Vertrauter Mokranowski war ſogar ſeit ſeiner Sendung nach Paris (1745) in die geheime Cabinetspolitik Ludwig XV. ein- geweiht und bezog wahrſcheinlich ſchon damals eine franzöſiſche Penſion 1). Durch ſeine männliche Schönheit, ſeine körperliche 1) Vgl. Boutaric II, 432. Als Ludwig XVI. zur Regierung kam, bewilligte er auf den Bericht Broglie’s für Mokranowski eine lebens- längliche Penſion von 20000 Livres jährlich, S. 440. Daß er ſchon früher eine ſolche hatte, iſt unzweifelhaft, fraglich nur, ſeit wann er die 20000 Livres bezog. 1761 erhielt er eine Gratification von 2400 Ducaten, ebend. I, 265. Rulhiere I, 294 hat mit all der Kunſt, die ihm eigen iſt, M. faſt wie einen jungen Alcibiades, nur noch von reinerem Patriotismus erfüllt, characteriſirt. Daß Iſabella Branicka gegen ihn nicht unempfindlich geweſen, ſagt Broglie. — M. ſoll, wie Dorow,

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Zitationshilfe: Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roepell_polen_1876/103>, abgerufen am 23.11.2024.