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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 7. Berlin, Wien, 1915.

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die Betriebsmittel müssen reichlich vorhanden sein. Das Betriebspersonal muß zuverlässig, gut geschult sein und straffe Disziplin besitzen. Endlich müssen alle Vorkehrungen für den Massenverkehr, den Militärtransporte mit sich bringen, richtig und rechtzeitig getroffen werden. Hierzu gehört vor allen Dingen ein wohlvorbereiteter Fahrplan (s. Kriegsbetrieb).

Die Leistungsfähigkeit einer Eisenbahn für militärische Zwecke hängt von der Zahl der Züge ab, die sie in einem bestimmten Zeitraum befahren können, sowie von der Länge der Züge. Die Zahl der Züge ist wiederum bei 2gleisigen Bahnen durch die Länge der Blockstrecken (oder den Zeitabstand), bei eingleisigen Bahnen durch die Entfernung der Kreuzungsstellen und die Fahrgeschwindigkeit bestimmt. In Deutschland und Österreich dürfen Militärzüge nicht über 110 Achsen haben, das entspricht etwa einer Nutzlast von 400 t und einer Zuglänge von 550 m. In Frankreich unterscheidet man trains ordinaires für 300-360 t, trains lourds für 400-500 t Belastung. Ein Militärzug kann im allgemeinen ein kriegsstarkes Bataillon oder eine bis anderthalbe Eskadron, eine fahrende oder reitende Batterie, eine leichte Feldhaubitzbatterie oder zwei Drittel Batterie schwere Artillerie fassen. Bei längeren Bahntransporten dürfen die Züge mit Menschen und Pferden nicht so eng belegt werden wie bei kürzeren. Immer sollte darauf geachtet werden, daß beim Verladen die Verbände nicht zerrissen werden, daß also einer Zugeinheit auch eine taktische Einheit entspricht. In Frankreich verkürzt man aus diesem Grund die Züge für Kavallerie so, daß jeder Zug eine Eskadron aufnimmt.

Die normale Fahrgeschwindigkeit für Militärzüge beträgt in Deutschland 22·5-30 km/Std. in Österreich 20-30 km, in Frankreich 25 bis 30 km. Indessen werden die Truppen derzeit vielfach auch mit größerer Geschwindigkeit befördert.

Wenn auch die Eisenbahnen durch die Möglichkeit, große Truppenmassen in kurzer Zeit auf weite Entfernungen zu befördern, die zum Aufmarsch eines Heeres nötige Zeit erheblich verkürzt haben, so darf doch auch die Mehrbelastung, die durch sie für die Vorbereitung eines Feldzuges entsteht, nicht unterschätzt werden. War es schon, als die Heere noch auf der Straße marschierten, schwer, seitliche Bewegungen oder Änderungen der Marschrichtung auszuführen, wenn das Heer sich einmal in Bewegung gesetzt hat, so ist das bei Beförderung mit der Eisenbahn überhaupt kaum noch möglich. Alle Transporte müssen daher von vornherein so angesetzt sein, daß Änderungen der getroffenen Anordnungen, insbesondere in bezug auf die Gegend, wo der Aufmarsch stattfindet, nicht vorkommen. Die Überlegenheit der Eisenbahnen eines Landes über die des Feindes kann insofern von ausschlaggebender Bedeutung sein, als derjenige der beiden Gegner, der seinen Aufmarsch zuerst beendet hat, die Initiative ergreifen kann und für die Einleitung der kriegerischen Unternehmungen freie Hand hat, während der Gegner, der infolge einer Verzögerung beim Aufmarsch zum Abwarten gezwungen ist, sich von vornherein im Nachteil befindet.

Deutsches Reich. Die Grundlage für das Verhältnis zwischen Militär und Eisenbahn bildet Art. IV der Verfassung (Ges. vom 16. April 1871, für Elsaß-Lothringen vom 9. Juni 1871 und vom 25. Juni 1873). Er enthält unter Nr. 8 die Bestimmung, daß "das Eisenbahnwesen mit Ausnahme von Bayern und die Herstellung von Land- und Wasserstraßen im Interesse der Landesverteidigung und des allgemeinen Verkehrs der Beaufsichtigung von Seiten des Reiches und der Gesetzgebung desselben unterstehen". Nr. 14 desselben Artikels stellt die Angelegenheiten des Heeres und der Flotte unter die Beaufsichtigung und Gesetzgebung des Reiches. Die Ausnahmestellung Bayerns ist durch Art. XLVI und XLVII noch dahin eingeschränkt, daß dem Reich auch gegenüber Bayern das Recht zusteht, im Wege der Gesetzgebung einheitliche Vorschriften für den Bau und die Ausrüstung der für die Landesverteidigung wichtigen Eisenbahnen aufzustellen, daß ferner den Anforderungen der Behörden des Reiches in betreff der Benutzung der Eisenbahnen zum Zwecke der Verteidigung Deutschlands sämtliche Eisenbahnen unweigerlich Folge zu leisten haben und daß insbesondere die Truppen und das Heergerät zu gleichen ermäßigten Sätzen zu befördern sind.

Während zu der Zeit, als diese Bestimmungen erlassen wurden, in Deutschland die Privatbahnen überwogen, sind die einschlägigen Verhältnisse durch die Durchführung der Verstaatlichung erheblich vereinfacht worden. Die Eisenbahnen Deutschlands zerfielen im Jahre 1871 in einige 50 einzelne Netze, die 9 verschiedenen Ministerien unterstanden. Die mangelnde Einheitlichkeit machte sich bei der Mobilmachung sehr störend bemerkbar, doch hat außer der durch die Verfassung gegebenen Handhabe auch die Zusammenfassung großer Netze zu einer Einheit die Mehrzahl dieser Schwierigkeiten beseitigt.

Auf Grund der erwähnten Bestimmungen der Verfassung ist im Laufe der Jahre die

die Betriebsmittel müssen reichlich vorhanden sein. Das Betriebspersonal muß zuverlässig, gut geschult sein und straffe Disziplin besitzen. Endlich müssen alle Vorkehrungen für den Massenverkehr, den Militärtransporte mit sich bringen, richtig und rechtzeitig getroffen werden. Hierzu gehört vor allen Dingen ein wohlvorbereiteter Fahrplan (s. Kriegsbetrieb).

Die Leistungsfähigkeit einer Eisenbahn für militärische Zwecke hängt von der Zahl der Züge ab, die sie in einem bestimmten Zeitraum befahren können, sowie von der Länge der Züge. Die Zahl der Züge ist wiederum bei 2gleisigen Bahnen durch die Länge der Blockstrecken (oder den Zeitabstand), bei eingleisigen Bahnen durch die Entfernung der Kreuzungsstellen und die Fahrgeschwindigkeit bestimmt. In Deutschland und Österreich dürfen Militärzüge nicht über 110 Achsen haben, das entspricht etwa einer Nutzlast von 400 t und einer Zuglänge von 550 m. In Frankreich unterscheidet man trains ordinaires für 300–360 t, trains lourds für 400–500 t Belastung. Ein Militärzug kann im allgemeinen ein kriegsstarkes Bataillon oder eine bis anderthalbe Eskadron, eine fahrende oder reitende Batterie, eine leichte Feldhaubitzbatterie oder zwei Drittel Batterie schwere Artillerie fassen. Bei längeren Bahntransporten dürfen die Züge mit Menschen und Pferden nicht so eng belegt werden wie bei kürzeren. Immer sollte darauf geachtet werden, daß beim Verladen die Verbände nicht zerrissen werden, daß also einer Zugeinheit auch eine taktische Einheit entspricht. In Frankreich verkürzt man aus diesem Grund die Züge für Kavallerie so, daß jeder Zug eine Eskadron aufnimmt.

Die normale Fahrgeschwindigkeit für Militärzüge beträgt in Deutschland 22·5–30 km/Std. in Österreich 20–30 km, in Frankreich 25 bis 30 km. Indessen werden die Truppen derzeit vielfach auch mit größerer Geschwindigkeit befördert.

Wenn auch die Eisenbahnen durch die Möglichkeit, große Truppenmassen in kurzer Zeit auf weite Entfernungen zu befördern, die zum Aufmarsch eines Heeres nötige Zeit erheblich verkürzt haben, so darf doch auch die Mehrbelastung, die durch sie für die Vorbereitung eines Feldzuges entsteht, nicht unterschätzt werden. War es schon, als die Heere noch auf der Straße marschierten, schwer, seitliche Bewegungen oder Änderungen der Marschrichtung auszuführen, wenn das Heer sich einmal in Bewegung gesetzt hat, so ist das bei Beförderung mit der Eisenbahn überhaupt kaum noch möglich. Alle Transporte müssen daher von vornherein so angesetzt sein, daß Änderungen der getroffenen Anordnungen, insbesondere in bezug auf die Gegend, wo der Aufmarsch stattfindet, nicht vorkommen. Die Überlegenheit der Eisenbahnen eines Landes über die des Feindes kann insofern von ausschlaggebender Bedeutung sein, als derjenige der beiden Gegner, der seinen Aufmarsch zuerst beendet hat, die Initiative ergreifen kann und für die Einleitung der kriegerischen Unternehmungen freie Hand hat, während der Gegner, der infolge einer Verzögerung beim Aufmarsch zum Abwarten gezwungen ist, sich von vornherein im Nachteil befindet.

Deutsches Reich. Die Grundlage für das Verhältnis zwischen Militär und Eisenbahn bildet Art. IV der Verfassung (Ges. vom 16. April 1871, für Elsaß-Lothringen vom 9. Juni 1871 und vom 25. Juni 1873). Er enthält unter Nr. 8 die Bestimmung, daß „das Eisenbahnwesen mit Ausnahme von Bayern und die Herstellung von Land- und Wasserstraßen im Interesse der Landesverteidigung und des allgemeinen Verkehrs der Beaufsichtigung von Seiten des Reiches und der Gesetzgebung desselben unterstehen“. Nr. 14 desselben Artikels stellt die Angelegenheiten des Heeres und der Flotte unter die Beaufsichtigung und Gesetzgebung des Reiches. Die Ausnahmestellung Bayerns ist durch Art. XLVI und XLVII noch dahin eingeschränkt, daß dem Reich auch gegenüber Bayern das Recht zusteht, im Wege der Gesetzgebung einheitliche Vorschriften für den Bau und die Ausrüstung der für die Landesverteidigung wichtigen Eisenbahnen aufzustellen, daß ferner den Anforderungen der Behörden des Reiches in betreff der Benutzung der Eisenbahnen zum Zwecke der Verteidigung Deutschlands sämtliche Eisenbahnen unweigerlich Folge zu leisten haben und daß insbesondere die Truppen und das Heergerät zu gleichen ermäßigten Sätzen zu befördern sind.

Während zu der Zeit, als diese Bestimmungen erlassen wurden, in Deutschland die Privatbahnen überwogen, sind die einschlägigen Verhältnisse durch die Durchführung der Verstaatlichung erheblich vereinfacht worden. Die Eisenbahnen Deutschlands zerfielen im Jahre 1871 in einige 50 einzelne Netze, die 9 verschiedenen Ministerien unterstanden. Die mangelnde Einheitlichkeit machte sich bei der Mobilmachung sehr störend bemerkbar, doch hat außer der durch die Verfassung gegebenen Handhabe auch die Zusammenfassung großer Netze zu einer Einheit die Mehrzahl dieser Schwierigkeiten beseitigt.

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[280/0295] die Betriebsmittel müssen reichlich vorhanden sein. Das Betriebspersonal muß zuverlässig, gut geschult sein und straffe Disziplin besitzen. Endlich müssen alle Vorkehrungen für den Massenverkehr, den Militärtransporte mit sich bringen, richtig und rechtzeitig getroffen werden. Hierzu gehört vor allen Dingen ein wohlvorbereiteter Fahrplan (s. Kriegsbetrieb). Die Leistungsfähigkeit einer Eisenbahn für militärische Zwecke hängt von der Zahl der Züge ab, die sie in einem bestimmten Zeitraum befahren können, sowie von der Länge der Züge. Die Zahl der Züge ist wiederum bei 2gleisigen Bahnen durch die Länge der Blockstrecken (oder den Zeitabstand), bei eingleisigen Bahnen durch die Entfernung der Kreuzungsstellen und die Fahrgeschwindigkeit bestimmt. In Deutschland und Österreich dürfen Militärzüge nicht über 110 Achsen haben, das entspricht etwa einer Nutzlast von 400 t und einer Zuglänge von 550 m. In Frankreich unterscheidet man trains ordinaires für 300–360 t, trains lourds für 400–500 t Belastung. Ein Militärzug kann im allgemeinen ein kriegsstarkes Bataillon oder eine bis anderthalbe Eskadron, eine fahrende oder reitende Batterie, eine leichte Feldhaubitzbatterie oder zwei Drittel Batterie schwere Artillerie fassen. Bei längeren Bahntransporten dürfen die Züge mit Menschen und Pferden nicht so eng belegt werden wie bei kürzeren. Immer sollte darauf geachtet werden, daß beim Verladen die Verbände nicht zerrissen werden, daß also einer Zugeinheit auch eine taktische Einheit entspricht. In Frankreich verkürzt man aus diesem Grund die Züge für Kavallerie so, daß jeder Zug eine Eskadron aufnimmt. Die normale Fahrgeschwindigkeit für Militärzüge beträgt in Deutschland 22·5–30 km/Std. in Österreich 20–30 km, in Frankreich 25 bis 30 km. Indessen werden die Truppen derzeit vielfach auch mit größerer Geschwindigkeit befördert. Wenn auch die Eisenbahnen durch die Möglichkeit, große Truppenmassen in kurzer Zeit auf weite Entfernungen zu befördern, die zum Aufmarsch eines Heeres nötige Zeit erheblich verkürzt haben, so darf doch auch die Mehrbelastung, die durch sie für die Vorbereitung eines Feldzuges entsteht, nicht unterschätzt werden. War es schon, als die Heere noch auf der Straße marschierten, schwer, seitliche Bewegungen oder Änderungen der Marschrichtung auszuführen, wenn das Heer sich einmal in Bewegung gesetzt hat, so ist das bei Beförderung mit der Eisenbahn überhaupt kaum noch möglich. Alle Transporte müssen daher von vornherein so angesetzt sein, daß Änderungen der getroffenen Anordnungen, insbesondere in bezug auf die Gegend, wo der Aufmarsch stattfindet, nicht vorkommen. Die Überlegenheit der Eisenbahnen eines Landes über die des Feindes kann insofern von ausschlaggebender Bedeutung sein, als derjenige der beiden Gegner, der seinen Aufmarsch zuerst beendet hat, die Initiative ergreifen kann und für die Einleitung der kriegerischen Unternehmungen freie Hand hat, während der Gegner, der infolge einer Verzögerung beim Aufmarsch zum Abwarten gezwungen ist, sich von vornherein im Nachteil befindet. Deutsches Reich. Die Grundlage für das Verhältnis zwischen Militär und Eisenbahn bildet Art. IV der Verfassung (Ges. vom 16. April 1871, für Elsaß-Lothringen vom 9. Juni 1871 und vom 25. Juni 1873). Er enthält unter Nr. 8 die Bestimmung, daß „das Eisenbahnwesen mit Ausnahme von Bayern und die Herstellung von Land- und Wasserstraßen im Interesse der Landesverteidigung und des allgemeinen Verkehrs der Beaufsichtigung von Seiten des Reiches und der Gesetzgebung desselben unterstehen“. Nr. 14 desselben Artikels stellt die Angelegenheiten des Heeres und der Flotte unter die Beaufsichtigung und Gesetzgebung des Reiches. Die Ausnahmestellung Bayerns ist durch Art. XLVI und XLVII noch dahin eingeschränkt, daß dem Reich auch gegenüber Bayern das Recht zusteht, im Wege der Gesetzgebung einheitliche Vorschriften für den Bau und die Ausrüstung der für die Landesverteidigung wichtigen Eisenbahnen aufzustellen, daß ferner den Anforderungen der Behörden des Reiches in betreff der Benutzung der Eisenbahnen zum Zwecke der Verteidigung Deutschlands sämtliche Eisenbahnen unweigerlich Folge zu leisten haben und daß insbesondere die Truppen und das Heergerät zu gleichen ermäßigten Sätzen zu befördern sind. Während zu der Zeit, als diese Bestimmungen erlassen wurden, in Deutschland die Privatbahnen überwogen, sind die einschlägigen Verhältnisse durch die Durchführung der Verstaatlichung erheblich vereinfacht worden. Die Eisenbahnen Deutschlands zerfielen im Jahre 1871 in einige 50 einzelne Netze, die 9 verschiedenen Ministerien unterstanden. Die mangelnde Einheitlichkeit machte sich bei der Mobilmachung sehr störend bemerkbar, doch hat außer der durch die Verfassung gegebenen Handhabe auch die Zusammenfassung großer Netze zu einer Einheit die Mehrzahl dieser Schwierigkeiten beseitigt. Auf Grund der erwähnten Bestimmungen der Verfassung ist im Laufe der Jahre die

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 7. Berlin, Wien, 1915, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen07_1915/295>, abgerufen am 05.07.2024.