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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, Wien, 1912.

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Zur Sicherung der getroffenen Abmachungen, zur Vorbereitung der Verstaatlichung und Ausarbeitung der Grundsätze für die Übernahme des Personals wurde bei der Direktion der pfälzischen Eisenbahnen ein höherer Ministerialbeamter als staatlicher Kommissär aufgestellt. Am 29. Dezember 1908 wurde sodann der notarielle Kaufvertrag mit den Gesellschaften verlautbart, nach dem am 1. Januar 1909 das gesamte pfälzische Bahnnetz mit 869·48 km Länge, wovon 810·01 km normalspurig und 59·47 km schmalspurig waren, in das Eigentum des bayerischen Staates überging. Ein von den Generalversammlungen der 3 Gesellschaften gewählter Vollzugsausschuß wurde bevollmächtigt, die zur Ausführung des Kaufvertrags noch erforderlichen Rechtsgeschäfte mit der Staatseisenbahnverwaltung abzuschließen.

Mit dem Bahnunternehmen wurde auch das gesamte aktive und bereits pensionierte Personal auf den Staat übernommen.

Für die Übernahme des Personals und insbesondere für die Überführung des etatsmäßigen Personals in die staatlichen Beamtenklassen wurden eingehende Grundsätze aufgestellt, nach denen im allgemeinen dem Personal die bei den pfälzischen Eisenbahnen zurückgelegte Dienstzeit als staatliche Dienstzeit angerechnet und hiernach der Gehaltsanspruch für jeden einzelnen festgestellt wurde. Wenn der hiernach berechnete staatliche Gesamtaktivitätsbezug hinter dem pfälzischen Gesamtbezug zurückblieb, so wurde ein Ausgleichgeld bis zum Höchstbetrag von 1200 M. gewährt.

Von den in den allermeisten Fällen für das Personal günstigen Angeboten machte dieses mit einzelnen wenigen Ausnahmen Gebrauch.

Die Verwaltungseinrichtungen der Staatseisenbahnen wurden sofort auch auf dem pfälzischen Netz eingeführt (s. u. C II.), die besonderen pfälzischen Tarife aber zunächst in Geltung gelassen. Die Dienstvorschriften der bayerischen Staatseisenbahnen wurden nach und nach eingeführt. Die pfälzischen Eisenbahnen werden als "kgl. bayerische Staatseisenbahnen, pfälzisches Netz" bezeichnet. Ihr Wagenpark wird auch fernerhin von dem Wagenpark des rechtsrheinischen Netzes der bayerischen Staatseisenbahnen getrennt gehalten.

7. Staatlicher Bahnbau in der Pfalz.

Mit dem Erlöschen der staatlichen Zinsgarantie am 31. Dezember 1904 endigte auch die Verpflichtung der Pfalzbahngesellschaften, neue Bahnlinien zur Ergänzung ihres Eisenbahnnetzes auf Verlangen der Staatsregierung auszuführen und zu betreiben.

Um die bayerische Rheinpfalz bei der Ausgestaltung des lokalen Netzes nicht ungünstiger zu stellen als das rechtsrheinische Bayern, wurde zum Bau staatlicher Lokalbahnen in der Pfalz übergegangen, die in das unter I, 5b, erwähnte staatliche Lokalbahngesetz vom Jahre 1904 und in das außerordentliche Budget für 1908/09 aufgenommen wurden.

B. Eisenbahnrecht und Eisenbahnpolitik in Bayern.

I. Eisenbahnrecht

Die Vorschriften der Reichsverfassung über das Eisenbahnwesen (Art. 4, Ziff. 8, Art. 41-47) haben für Bayern nur mit weitgehenden Einschränkungen Geltung. Insbesondere findet die allgemeine Bestimmung des Art. 42, wonach die Bundesregierungen sich verpflichten, die deutschen Eisenbahnen wie ein einheitliches Netz zu verwalten, auf Bayern keine Anwendung.

Eine Einflußnahme auf das bayerische Eisenbahnwesen steht dem Reich nur nach folgenden Richtungen zu:

1. nach Art. 41 der Reichsverfassung können Eisenbahnen, die im Interesse der Verteidigung Deutschlands oder des gemeinsamen Verkehrs für nötig erachtet werden, kraft eines Reichsgesetzes auch gegen den Widerspruch der Bundesglieder unbeschadet der Landeshoheitsrechte auf Rechnung des Reiches angelegt oder konzessioniert werden;

2. nach Art. 46, Abs. 3, steht dem Reiche auch Bayern gegenüber das Recht zu, im Wege der Gesetzgebung einheitliche Normen für die Konstruktion und Ausrüstung der für die Landesverteidigung wichtigen Eisenbahnen aufzustellen, endlich

3. nach Art. 47 müssen den Anforderungen der Reichsbehörden in betreff der Benützung der Eisenbahnen zum Zwecke der Verteidigung Deutschlands alle Eisenbahnverwaltungen Folge leisten, insbesondere ist das Militär und alles Kriegsmaterial zu gleichen ermäßigten Sätzen zu befördern.

Es untersteht daher auch das bayerische Eisenbahnwesen nicht der Aufsicht des zufolge Reichsgesetzes vom 27. Juni 1873 errichteten Reichseisenbahnamtes.

Gleichwohl sind jedoch die auf Beschluß des Bundesrats beruhenden allgemeinen Vorschriften für die Eisenbahnen Deutschlands, allerdings mit den erforderlichen Zusätzen und Einschränkungen, auch von Bayern übernommen und als landesrechtliche Normen im bayerischen Gesetz- und Verordnungsblatt veröffentlicht worden. Es sind dies

1. die Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung für die Haupt- und Nebeneisenbahnen Bayerns vom 1. Mai 1905,

Zur Sicherung der getroffenen Abmachungen, zur Vorbereitung der Verstaatlichung und Ausarbeitung der Grundsätze für die Übernahme des Personals wurde bei der Direktion der pfälzischen Eisenbahnen ein höherer Ministerialbeamter als staatlicher Kommissär aufgestellt. Am 29. Dezember 1908 wurde sodann der notarielle Kaufvertrag mit den Gesellschaften verlautbart, nach dem am 1. Januar 1909 das gesamte pfälzische Bahnnetz mit 869·48 km Länge, wovon 810·01 km normalspurig und 59·47 km schmalspurig waren, in das Eigentum des bayerischen Staates überging. Ein von den Generalversammlungen der 3 Gesellschaften gewählter Vollzugsausschuß wurde bevollmächtigt, die zur Ausführung des Kaufvertrags noch erforderlichen Rechtsgeschäfte mit der Staatseisenbahnverwaltung abzuschließen.

Mit dem Bahnunternehmen wurde auch das gesamte aktive und bereits pensionierte Personal auf den Staat übernommen.

Für die Übernahme des Personals und insbesondere für die Überführung des etatsmäßigen Personals in die staatlichen Beamtenklassen wurden eingehende Grundsätze aufgestellt, nach denen im allgemeinen dem Personal die bei den pfälzischen Eisenbahnen zurückgelegte Dienstzeit als staatliche Dienstzeit angerechnet und hiernach der Gehaltsanspruch für jeden einzelnen festgestellt wurde. Wenn der hiernach berechnete staatliche Gesamtaktivitätsbezug hinter dem pfälzischen Gesamtbezug zurückblieb, so wurde ein Ausgleichgeld bis zum Höchstbetrag von 1200 M. gewährt.

Von den in den allermeisten Fällen für das Personal günstigen Angeboten machte dieses mit einzelnen wenigen Ausnahmen Gebrauch.

Die Verwaltungseinrichtungen der Staatseisenbahnen wurden sofort auch auf dem pfälzischen Netz eingeführt (s. u. C II.), die besonderen pfälzischen Tarife aber zunächst in Geltung gelassen. Die Dienstvorschriften der bayerischen Staatseisenbahnen wurden nach und nach eingeführt. Die pfälzischen Eisenbahnen werden als „kgl. bayerische Staatseisenbahnen, pfälzisches Netz“ bezeichnet. Ihr Wagenpark wird auch fernerhin von dem Wagenpark des rechtsrheinischen Netzes der bayerischen Staatseisenbahnen getrennt gehalten.

7. Staatlicher Bahnbau in der Pfalz.

Mit dem Erlöschen der staatlichen Zinsgarantie am 31. Dezember 1904 endigte auch die Verpflichtung der Pfalzbahngesellschaften, neue Bahnlinien zur Ergänzung ihres Eisenbahnnetzes auf Verlangen der Staatsregierung auszuführen und zu betreiben.

Um die bayerische Rheinpfalz bei der Ausgestaltung des lokalen Netzes nicht ungünstiger zu stellen als das rechtsrheinische Bayern, wurde zum Bau staatlicher Lokalbahnen in der Pfalz übergegangen, die in das unter I, 5b, erwähnte staatliche Lokalbahngesetz vom Jahre 1904 und in das außerordentliche Budget für 1908/09 aufgenommen wurden.

B. Eisenbahnrecht und Eisenbahnpolitik in Bayern.

I. Eisenbahnrecht

Die Vorschriften der Reichsverfassung über das Eisenbahnwesen (Art. 4, Ziff. 8, Art. 41–47) haben für Bayern nur mit weitgehenden Einschränkungen Geltung. Insbesondere findet die allgemeine Bestimmung des Art. 42, wonach die Bundesregierungen sich verpflichten, die deutschen Eisenbahnen wie ein einheitliches Netz zu verwalten, auf Bayern keine Anwendung.

Eine Einflußnahme auf das bayerische Eisenbahnwesen steht dem Reich nur nach folgenden Richtungen zu:

1. nach Art. 41 der Reichsverfassung können Eisenbahnen, die im Interesse der Verteidigung Deutschlands oder des gemeinsamen Verkehrs für nötig erachtet werden, kraft eines Reichsgesetzes auch gegen den Widerspruch der Bundesglieder unbeschadet der Landeshoheitsrechte auf Rechnung des Reiches angelegt oder konzessioniert werden;

2. nach Art. 46, Abs. 3, steht dem Reiche auch Bayern gegenüber das Recht zu, im Wege der Gesetzgebung einheitliche Normen für die Konstruktion und Ausrüstung der für die Landesverteidigung wichtigen Eisenbahnen aufzustellen, endlich

3. nach Art. 47 müssen den Anforderungen der Reichsbehörden in betreff der Benützung der Eisenbahnen zum Zwecke der Verteidigung Deutschlands alle Eisenbahnverwaltungen Folge leisten, insbesondere ist das Militär und alles Kriegsmaterial zu gleichen ermäßigten Sätzen zu befördern.

Es untersteht daher auch das bayerische Eisenbahnwesen nicht der Aufsicht des zufolge Reichsgesetzes vom 27. Juni 1873 errichteten Reichseisenbahnamtes.

Gleichwohl sind jedoch die auf Beschluß des Bundesrats beruhenden allgemeinen Vorschriften für die Eisenbahnen Deutschlands, allerdings mit den erforderlichen Zusätzen und Einschränkungen, auch von Bayern übernommen und als landesrechtliche Normen im bayerischen Gesetz- und Verordnungsblatt veröffentlicht worden. Es sind dies

1. die Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung für die Haupt- und Nebeneisenbahnen Bayerns vom 1. Mai 1905,

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[56/0064] Zur Sicherung der getroffenen Abmachungen, zur Vorbereitung der Verstaatlichung und Ausarbeitung der Grundsätze für die Übernahme des Personals wurde bei der Direktion der pfälzischen Eisenbahnen ein höherer Ministerialbeamter als staatlicher Kommissär aufgestellt. Am 29. Dezember 1908 wurde sodann der notarielle Kaufvertrag mit den Gesellschaften verlautbart, nach dem am 1. Januar 1909 das gesamte pfälzische Bahnnetz mit 869·48 km Länge, wovon 810·01 km normalspurig und 59·47 km schmalspurig waren, in das Eigentum des bayerischen Staates überging. Ein von den Generalversammlungen der 3 Gesellschaften gewählter Vollzugsausschuß wurde bevollmächtigt, die zur Ausführung des Kaufvertrags noch erforderlichen Rechtsgeschäfte mit der Staatseisenbahnverwaltung abzuschließen. Mit dem Bahnunternehmen wurde auch das gesamte aktive und bereits pensionierte Personal auf den Staat übernommen. Für die Übernahme des Personals und insbesondere für die Überführung des etatsmäßigen Personals in die staatlichen Beamtenklassen wurden eingehende Grundsätze aufgestellt, nach denen im allgemeinen dem Personal die bei den pfälzischen Eisenbahnen zurückgelegte Dienstzeit als staatliche Dienstzeit angerechnet und hiernach der Gehaltsanspruch für jeden einzelnen festgestellt wurde. Wenn der hiernach berechnete staatliche Gesamtaktivitätsbezug hinter dem pfälzischen Gesamtbezug zurückblieb, so wurde ein Ausgleichgeld bis zum Höchstbetrag von 1200 M. gewährt. Von den in den allermeisten Fällen für das Personal günstigen Angeboten machte dieses mit einzelnen wenigen Ausnahmen Gebrauch. Die Verwaltungseinrichtungen der Staatseisenbahnen wurden sofort auch auf dem pfälzischen Netz eingeführt (s. u. C II.), die besonderen pfälzischen Tarife aber zunächst in Geltung gelassen. Die Dienstvorschriften der bayerischen Staatseisenbahnen wurden nach und nach eingeführt. Die pfälzischen Eisenbahnen werden als „kgl. bayerische Staatseisenbahnen, pfälzisches Netz“ bezeichnet. Ihr Wagenpark wird auch fernerhin von dem Wagenpark des rechtsrheinischen Netzes der bayerischen Staatseisenbahnen getrennt gehalten. 7. Staatlicher Bahnbau in der Pfalz. Mit dem Erlöschen der staatlichen Zinsgarantie am 31. Dezember 1904 endigte auch die Verpflichtung der Pfalzbahngesellschaften, neue Bahnlinien zur Ergänzung ihres Eisenbahnnetzes auf Verlangen der Staatsregierung auszuführen und zu betreiben. Um die bayerische Rheinpfalz bei der Ausgestaltung des lokalen Netzes nicht ungünstiger zu stellen als das rechtsrheinische Bayern, wurde zum Bau staatlicher Lokalbahnen in der Pfalz übergegangen, die in das unter I, 5b, erwähnte staatliche Lokalbahngesetz vom Jahre 1904 und in das außerordentliche Budget für 1908/09 aufgenommen wurden. B. Eisenbahnrecht und Eisenbahnpolitik in Bayern. I. Eisenbahnrecht Die Vorschriften der Reichsverfassung über das Eisenbahnwesen (Art. 4, Ziff. 8, Art. 41–47) haben für Bayern nur mit weitgehenden Einschränkungen Geltung. Insbesondere findet die allgemeine Bestimmung des Art. 42, wonach die Bundesregierungen sich verpflichten, die deutschen Eisenbahnen wie ein einheitliches Netz zu verwalten, auf Bayern keine Anwendung. Eine Einflußnahme auf das bayerische Eisenbahnwesen steht dem Reich nur nach folgenden Richtungen zu: 1. nach Art. 41 der Reichsverfassung können Eisenbahnen, die im Interesse der Verteidigung Deutschlands oder des gemeinsamen Verkehrs für nötig erachtet werden, kraft eines Reichsgesetzes auch gegen den Widerspruch der Bundesglieder unbeschadet der Landeshoheitsrechte auf Rechnung des Reiches angelegt oder konzessioniert werden; 2. nach Art. 46, Abs. 3, steht dem Reiche auch Bayern gegenüber das Recht zu, im Wege der Gesetzgebung einheitliche Normen für die Konstruktion und Ausrüstung der für die Landesverteidigung wichtigen Eisenbahnen aufzustellen, endlich 3. nach Art. 47 müssen den Anforderungen der Reichsbehörden in betreff der Benützung der Eisenbahnen zum Zwecke der Verteidigung Deutschlands alle Eisenbahnverwaltungen Folge leisten, insbesondere ist das Militär und alles Kriegsmaterial zu gleichen ermäßigten Sätzen zu befördern. Es untersteht daher auch das bayerische Eisenbahnwesen nicht der Aufsicht des zufolge Reichsgesetzes vom 27. Juni 1873 errichteten Reichseisenbahnamtes. Gleichwohl sind jedoch die auf Beschluß des Bundesrats beruhenden allgemeinen Vorschriften für die Eisenbahnen Deutschlands, allerdings mit den erforderlichen Zusätzen und Einschränkungen, auch von Bayern übernommen und als landesrechtliche Normen im bayerischen Gesetz- und Verordnungsblatt veröffentlicht worden. Es sind dies 1. die Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung für die Haupt- und Nebeneisenbahnen Bayerns vom 1. Mai 1905,

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, Wien, 1912, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen02_1912/64>, abgerufen am 16.07.2024.