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Robert, Carl: Bild und Lied. Archäologische Beiträge zur Geschichte der griechischen Heldensage. Berlin, 1881.

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Beil, wie auf A zu denken ist; in ähnlicher Haltung, wie dort,
kehrt sie auch auf der Wiener Amphora F wieder, die nur die
Gruppe von Klytaimnestra und Talthybios auf der Vorderseite,
auf der Rückseite einen nach rechts fliehenden nackten Jüngling
mit dem Reisesack in der Hand, etwa einen Gefährten des
Orestes zeigt4).

Der nicht publicierten und verschollenen Trinkschale des
Kachrylion (C) ihren festen Platz in dieser Reihe anzuweisen, ist
nach der kurz gehaltenen Beschreibung5) nicht leicht. Die Haupt-
gruppe scheint ähnlich gewesen zu sein, wie auf A; wie dort,

4) Diese Deutung scheint mir durch die Vergleichung mit A unabweisbar
zu sein; natürlich ist Klytaimnestra in derselben Situation dargestellt, wie
in der Gruppe A--E; es ist also sowohl die Deutung Millins und Gerhards
auf Aigisthos und Klytaimnestra im Augenblick vor der Ermordung Aga-
memnons als die Welckers und Jahns auf Merope und Kresphontes abzu-
weisen. Der Jüngling der Rückseite ist auch äusserlich zu sehr als Neben-
figur behandelt, um für Kresphontes gelten zu können. Die Amphoren dieser
Form und dieses Stils pflegen in der Regel eine gleichgültige mit der Haupt-
scene nur in einem losen Zusammenhange stehende Figur auf die Rückseite
zu setzen. Andererseits lieben sie gerade einzelne Gruppen aus grösseren
Kompositionen herauszunehmen, da sie selten mehr als zwei Figuren auf
die Vorderseite setzen. Auf einer Vase des Brit. Museums nr. 875 (abgeb.
de Witte et Lenormant Elite ceramog. II 51, M. d. I. I 5) ist Hermes
vor dem leierspielenden Paris dargestellt; die Göttinnen fehlen; allein
der Vergleich der Paris-Vasen des Hieron und Brygos setzt die angeführte
Deutung ausser Zweifel; bisher wollte man fälschlich Hermes und Apollon
erkennen. -- Dass übrigens eine von Euripides beeinflusste und obendrein
in die der Historie nahestehende Mythenperiode gehörige Darstellung auf
einer Vase des fünften Jahrhunderts etwas Unerhörtes wäre, bedarf nach
den oben (Kap. IV) gegebenen Auseinandersetzungen keines besonderen Be-
weises.
5) Die Beschreibung im Musee etrusque de Canino nr. 1186 sagt: A l'en-
terieur d'un cote un homme est renverse par un adolescent furieux qui d'une
main le retient par les cheveux, et de l'autre leve l'epee pour le percer: une
matrone drapee retient l'epee; une autre femme plus jeune accourt avec une
espece de massue dans la main droite; pres de l'homme renverse un adolescent
encourage par ses gestes le meurtrier a accomplir sa vengeance
, vgl. auch
Benndorf a. a. O. p. 223 nr. 1, welcher in der letzten Gruppe Klytaimnestra
und Pylades erblickt.

Beil, wie auf A zu denken ist; in ähnlicher Haltung, wie dort,
kehrt sie auch auf der Wiener Amphora F wieder, die nur die
Gruppe von Klytaimnestra und Talthybios auf der Vorderseite,
auf der Rückseite einen nach rechts fliehenden nackten Jüngling
mit dem Reisesack in der Hand, etwa einen Gefährten des
Orestes zeigt4).

Der nicht publicierten und verschollenen Trinkschale des
Kachrylion (C) ihren festen Platz in dieser Reihe anzuweisen, ist
nach der kurz gehaltenen Beschreibung5) nicht leicht. Die Haupt-
gruppe scheint ähnlich gewesen zu sein, wie auf A; wie dort,

4) Diese Deutung scheint mir durch die Vergleichung mit A unabweisbar
zu sein; natürlich ist Klytaimnestra in derselben Situation dargestellt, wie
in der Gruppe A—E; es ist also sowohl die Deutung Millins und Gerhards
auf Aigisthos und Klytaimnestra im Augenblick vor der Ermordung Aga-
memnons als die Welckers und Jahns auf Merope und Kresphontes abzu-
weisen. Der Jüngling der Rückseite ist auch äuſserlich zu sehr als Neben-
figur behandelt, um für Kresphontes gelten zu können. Die Amphoren dieser
Form und dieses Stils pflegen in der Regel eine gleichgültige mit der Haupt-
scene nur in einem losen Zusammenhange stehende Figur auf die Rückseite
zu setzen. Andererseits lieben sie gerade einzelne Gruppen aus gröſseren
Kompositionen herauszunehmen, da sie selten mehr als zwei Figuren auf
die Vorderseite setzen. Auf einer Vase des Brit. Museums nr. 875 (abgeb.
de Witte et Lenormant Élite céramog. II 51, M. d. I. I 5) ist Hermes
vor dem leierspielenden Paris dargestellt; die Göttinnen fehlen; allein
der Vergleich der Paris-Vasen des Hieron und Brygos setzt die angeführte
Deutung auſser Zweifel; bisher wollte man fälschlich Hermes und Apollon
erkennen. — Daſs übrigens eine von Euripides beeinfluſste und obendrein
in die der Historie nahestehende Mythenperiode gehörige Darstellung auf
einer Vase des fünften Jahrhunderts etwas Unerhörtes wäre, bedarf nach
den oben (Kap. IV) gegebenen Auseinandersetzungen keines besonderen Be-
weises.
5) Die Beschreibung im Musée étrusque de Canino nr. 1186 sagt: A l’en-
terieur d’un côté un homme est renversé par un adolescent furieux qui d’une
main le retient par les cheveux, et de l’autre lève l’épée pour le percer: une
matrone drapée retient l’epée; une autre femme plus jeune accourt avec une
espèce de massue dans la main droite; près de l’homme renversé un adolescent
encourage par ses gestes le meurtrier à accomplir sa vengeance
, vgl. auch
Benndorf a. a. O. p. 223 nr. 1, welcher in der letzten Gruppe Klytaimnestra
und Pylades erblickt.
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[158/0172] Beil, wie auf A zu denken ist; in ähnlicher Haltung, wie dort, kehrt sie auch auf der Wiener Amphora F wieder, die nur die Gruppe von Klytaimnestra und Talthybios auf der Vorderseite, auf der Rückseite einen nach rechts fliehenden nackten Jüngling mit dem Reisesack in der Hand, etwa einen Gefährten des Orestes zeigt 4). Der nicht publicierten und verschollenen Trinkschale des Kachrylion (C) ihren festen Platz in dieser Reihe anzuweisen, ist nach der kurz gehaltenen Beschreibung 5) nicht leicht. Die Haupt- gruppe scheint ähnlich gewesen zu sein, wie auf A; wie dort, 4) Diese Deutung scheint mir durch die Vergleichung mit A unabweisbar zu sein; natürlich ist Klytaimnestra in derselben Situation dargestellt, wie in der Gruppe A—E; es ist also sowohl die Deutung Millins und Gerhards auf Aigisthos und Klytaimnestra im Augenblick vor der Ermordung Aga- memnons als die Welckers und Jahns auf Merope und Kresphontes abzu- weisen. Der Jüngling der Rückseite ist auch äuſserlich zu sehr als Neben- figur behandelt, um für Kresphontes gelten zu können. Die Amphoren dieser Form und dieses Stils pflegen in der Regel eine gleichgültige mit der Haupt- scene nur in einem losen Zusammenhange stehende Figur auf die Rückseite zu setzen. Andererseits lieben sie gerade einzelne Gruppen aus gröſseren Kompositionen herauszunehmen, da sie selten mehr als zwei Figuren auf die Vorderseite setzen. Auf einer Vase des Brit. Museums nr. 875 (abgeb. de Witte et Lenormant Élite céramog. II 51, M. d. I. I 5) ist Hermes vor dem leierspielenden Paris dargestellt; die Göttinnen fehlen; allein der Vergleich der Paris-Vasen des Hieron und Brygos setzt die angeführte Deutung auſser Zweifel; bisher wollte man fälschlich Hermes und Apollon erkennen. — Daſs übrigens eine von Euripides beeinfluſste und obendrein in die der Historie nahestehende Mythenperiode gehörige Darstellung auf einer Vase des fünften Jahrhunderts etwas Unerhörtes wäre, bedarf nach den oben (Kap. IV) gegebenen Auseinandersetzungen keines besonderen Be- weises. 5) Die Beschreibung im Musée étrusque de Canino nr. 1186 sagt: A l’en- terieur d’un côté un homme est renversé par un adolescent furieux qui d’une main le retient par les cheveux, et de l’autre lève l’épée pour le percer: une matrone drapée retient l’epée; une autre femme plus jeune accourt avec une espèce de massue dans la main droite; près de l’homme renversé un adolescent encourage par ses gestes le meurtrier à accomplir sa vengeance, vgl. auch Benndorf a. a. O. p. 223 nr. 1, welcher in der letzten Gruppe Klytaimnestra und Pylades erblickt.

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Zitationshilfe: Robert, Carl: Bild und Lied. Archäologische Beiträge zur Geschichte der griechischen Heldensage. Berlin, 1881, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/robert_griechische_1881/172>, abgerufen am 27.04.2024.