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Robert, Carl: Bild und Lied. Archäologische Beiträge zur Geschichte der griechischen Heldensage. Berlin, 1881.

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fr. IX ab classe ad urbem tendunt, neque quisquam potest
fulgentium armum armatus ardorem obtui
.
fr. X incursio ita erat acris.
fr. XIV primores procerum provocavit nominans
si esset quis, qui armis secum vellet cernere
.
fr. XI Mavortes armis duo congressos crederes.

Also von der Flotte zur Stadt geht die Flucht und niemand
vermag den Anblick der funkelnden Rüstung -- offenbar des
Helden -- zu ertragen; die Tapfersten der Gegner ruft er beim
Namen zum Kampf; zuletzt findet er einen ebenbürtigen Gegner.
Wer ist der Held? und wer sein Gegner? Ribbeck antwortet:
Achill und Hektor. Unbegreiflich; als Achill sich in den Kampf
stürzt, sind die Troer längst nicht mehr nahe bei der Flotte, schon
am Tage vorher hat sie Patroklos zurückgetrieben; und weiter,
welche Veranlassung hat Achill, die Helden der Troer einzeln
herauszufordern? Es ist ihm doch wahrlich jetzt nicht um eine
Schaustellung seiner Stärke, sondern um Rache zu thun. Achill
sucht in diesem Moment nur einen auf dem ganzen Schlachtfeld,
Hektor. Wie passt dazu die Herausforderung? Und weiter, das
in Trochäen abgefasste Fragment XII zeigt, dass Achill selbst
seine Thaten erzählt; welche Tautologie, wenn bereits ein Boten-
bericht vorausgegangen war. Wie trefflich fügt sich hingegen
Alles, wenn Patroklos der Held des Berichtes ist. An der Spitze
der Myrmidonen treibt er die Troer von der Flotte zur Stadt
zurück; der Glanz der Achilleusrüstung, die er trägt, blendet die
Troer; bei Namen ruft er die tapfersten Troer auf, und als er
mit Hektor (oder Sarpedon?) kämpft, da sah es aus, als ob zwei
Kriegsgötter mit einander sich messen wollten.

Eine zweite Gruppe von Fragmenten ordnet sich fast von
selbst zu der Scene zusammen, in welcher Patroklos den Achilleus
zuerst zur Teilnahme am Kampfe zu bewegen sucht, dann
wenigstens seine Waffen erbittet und erhält, und endlich zum
Kampf auszieht. Hierher gehören als Worte des Patroklos 5)


5) So schon Nieberding p. 14.
fr. IX ab classe ad urbem tendunt, neque quisquam potest
fulgentium armum armatus ardorem obtui
.
fr. X incursio ita erat acris.
fr. XIV primores procerum provocavit nominans
si esset quis, qui armis secum vellet cernere
.
fr. XI Mavortes armis duo congressos crederes.

Also von der Flotte zur Stadt geht die Flucht und niemand
vermag den Anblick der funkelnden Rüstung — offenbar des
Helden — zu ertragen; die Tapfersten der Gegner ruft er beim
Namen zum Kampf; zuletzt findet er einen ebenbürtigen Gegner.
Wer ist der Held? und wer sein Gegner? Ribbeck antwortet:
Achill und Hektor. Unbegreiflich; als Achill sich in den Kampf
stürzt, sind die Troer längst nicht mehr nahe bei der Flotte, schon
am Tage vorher hat sie Patroklos zurückgetrieben; und weiter,
welche Veranlassung hat Achill, die Helden der Troer einzeln
herauszufordern? Es ist ihm doch wahrlich jetzt nicht um eine
Schaustellung seiner Stärke, sondern um Rache zu thun. Achill
sucht in diesem Moment nur einen auf dem ganzen Schlachtfeld,
Hektor. Wie paſst dazu die Herausforderung? Und weiter, das
in Trochäen abgefaſste Fragment XII zeigt, daſs Achill selbst
seine Thaten erzählt; welche Tautologie, wenn bereits ein Boten-
bericht vorausgegangen war. Wie trefflich fügt sich hingegen
Alles, wenn Patroklos der Held des Berichtes ist. An der Spitze
der Myrmidonen treibt er die Troer von der Flotte zur Stadt
zurück; der Glanz der Achilleusrüstung, die er trägt, blendet die
Troer; bei Namen ruft er die tapfersten Troer auf, und als er
mit Hektor (oder Sarpedon?) kämpft, da sah es aus, als ob zwei
Kriegsgötter mit einander sich messen wollten.

Eine zweite Gruppe von Fragmenten ordnet sich fast von
selbst zu der Scene zusammen, in welcher Patroklos den Achilleus
zuerst zur Teilnahme am Kampfe zu bewegen sucht, dann
wenigstens seine Waffen erbittet und erhält, und endlich zum
Kampf auszieht. Hierher gehören als Worte des Patroklos 5)


5) So schon Nieberding p. 14.
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[137/0151] fr. IX ab classe ad urbem tendunt, neque quisquam potest fulgentium armum armatus ardorem obtui. fr. X incursio ita erat acris. fr. XIV primores procerum provocavit nominans si esset quis, qui armis secum vellet cernere. fr. XI Mavortes armis duo congressos crederes. Also von der Flotte zur Stadt geht die Flucht und niemand vermag den Anblick der funkelnden Rüstung — offenbar des Helden — zu ertragen; die Tapfersten der Gegner ruft er beim Namen zum Kampf; zuletzt findet er einen ebenbürtigen Gegner. Wer ist der Held? und wer sein Gegner? Ribbeck antwortet: Achill und Hektor. Unbegreiflich; als Achill sich in den Kampf stürzt, sind die Troer längst nicht mehr nahe bei der Flotte, schon am Tage vorher hat sie Patroklos zurückgetrieben; und weiter, welche Veranlassung hat Achill, die Helden der Troer einzeln herauszufordern? Es ist ihm doch wahrlich jetzt nicht um eine Schaustellung seiner Stärke, sondern um Rache zu thun. Achill sucht in diesem Moment nur einen auf dem ganzen Schlachtfeld, Hektor. Wie paſst dazu die Herausforderung? Und weiter, das in Trochäen abgefaſste Fragment XII zeigt, daſs Achill selbst seine Thaten erzählt; welche Tautologie, wenn bereits ein Boten- bericht vorausgegangen war. Wie trefflich fügt sich hingegen Alles, wenn Patroklos der Held des Berichtes ist. An der Spitze der Myrmidonen treibt er die Troer von der Flotte zur Stadt zurück; der Glanz der Achilleusrüstung, die er trägt, blendet die Troer; bei Namen ruft er die tapfersten Troer auf, und als er mit Hektor (oder Sarpedon?) kämpft, da sah es aus, als ob zwei Kriegsgötter mit einander sich messen wollten. Eine zweite Gruppe von Fragmenten ordnet sich fast von selbst zu der Scene zusammen, in welcher Patroklos den Achilleus zuerst zur Teilnahme am Kampfe zu bewegen sucht, dann wenigstens seine Waffen erbittet und erhält, und endlich zum Kampf auszieht. Hierher gehören als Worte des Patroklos 5) 5) So schon Nieberding p. 14.

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Zitationshilfe: Robert, Carl: Bild und Lied. Archäologische Beiträge zur Geschichte der griechischen Heldensage. Berlin, 1881, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/robert_griechische_1881/151>, abgerufen am 27.04.2024.