Robert, Carl: Bild und Lied. Archäologische Beiträge zur Geschichte der griechischen Heldensage. Berlin, 1881.dieselbe Gewandung gegeben, wie auf der Vorderseite beim Mit der uns geläufigen Vorstellung von des Paris Rückkehr Dass es nun Brygos selbst war, der diese Scene zuerst künst- dieselbe Gewandung gegeben, wie auf der Vorderseite beim Mit der uns geläufigen Vorstellung von des Paris Rückkehr Daſs es nun Brygos selbst war, der diese Scene zuerst künst- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0108" n="94"/> dieselbe Gewandung gegeben, wie auf der Vorderseite beim<lb/> Parisurteil. Um den Preis der Schönheit zu erlangen, hat ihm<lb/> Aphrodite den Besitz der Helena versprochen; die notwendige<lb/> Vorbedingung dazu ist die Rückkehr ins Vaterhaus, und so<lb/> sehen wir Aphrodite selbst ihn unter ihrem göttlichen Schutz ins<lb/> Vaterhaus zurückgeleiten.</p><lb/> <p>Mit der uns geläufigen Vorstellung von des Paris Rückkehr<lb/> ins Vaterhaus stimmt diese Darstellung nun freilich nicht. Wir<lb/> haben uns einmal gewöhnt, die Fassung der Sage, wie sie im<lb/> attischen Drame vorlag, für alt und ursprünglich zu halten. Allein<lb/> es läſst sich leicht erkennen und soll unten (s. den Excurs: die<lb/> Jugend des Paris) ausführlich bewiesen werden, daſs die Sage<lb/> von Paris Aussetzung und Wiedererkennung vielleicht erst im<lb/> fünften Jahrhundert erfunden, jedenfalls aber dem Epos fremd<lb/> ist. Brygos aber folgt natürlich der epischen Fassung der Sage.</p><lb/> <p>Daſs es nun Brygos selbst war, der diese Scene zuerst künst-<lb/> lerisch gestaltet hat und zwar eben in der Absicht sie als Gegen-<lb/> bild zum Parisurteil zu verwenden, schlieſse ich zunächst aus dem<lb/> Umstand, daſs dieselbe sowol auf schwarzfigurigen wie auf rot-<lb/> figurigen Vasen sonst völlig fehlt und überhaupt nur auf dieser<lb/> Vase vorkommt. Doch gebe ich das Trügerische dieser Argumen-<lb/> tation zu, obgleich bei der Fülle der zu Tage gekommenen<lb/> Vasen vorausgesetzt werden darf, daſs uns die meisten wirklich<lb/> populären und verbreiteten Typen vorliegen. Allein mehr Gewicht<lb/> glaube ich auf folgende Erwägung legen zu sollen. Die Dar-<lb/> stellung ist einmal eminent dramatisch und einheitlich und zeichnet<lb/> sich weiter dadurch aus, daſs alle sechs Personen vortrefflich cha-<lb/> rakterisiert sind und keine derselben entbehrt werden kann; bei<lb/> Typen jedoch, die schon früher entstanden, aber erst im fünften Jahr-<lb/> hundert im dramatischen Sinne umgestaltet sind, pflegt entweder<lb/> diese Einheit zu fehlen, oder das Einfügen der Flickfiguren fühl-<lb/> barer zu sein. So hängen doch bei der Entführung der Helena<lb/> die Schwestern und die Alten oder auf der andern Vase Aphrodite<lb/> und Peitho viel loser mit der Haupthandlung zusammen, als hier<lb/> Kassandra und Polyxena. Jene kann man unbeschadet wegnehmen,<lb/> man stellt dadurch nur den ursprünglichen Typus in seiner Ein-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [94/0108]
dieselbe Gewandung gegeben, wie auf der Vorderseite beim
Parisurteil. Um den Preis der Schönheit zu erlangen, hat ihm
Aphrodite den Besitz der Helena versprochen; die notwendige
Vorbedingung dazu ist die Rückkehr ins Vaterhaus, und so
sehen wir Aphrodite selbst ihn unter ihrem göttlichen Schutz ins
Vaterhaus zurückgeleiten.
Mit der uns geläufigen Vorstellung von des Paris Rückkehr
ins Vaterhaus stimmt diese Darstellung nun freilich nicht. Wir
haben uns einmal gewöhnt, die Fassung der Sage, wie sie im
attischen Drame vorlag, für alt und ursprünglich zu halten. Allein
es läſst sich leicht erkennen und soll unten (s. den Excurs: die
Jugend des Paris) ausführlich bewiesen werden, daſs die Sage
von Paris Aussetzung und Wiedererkennung vielleicht erst im
fünften Jahrhundert erfunden, jedenfalls aber dem Epos fremd
ist. Brygos aber folgt natürlich der epischen Fassung der Sage.
Daſs es nun Brygos selbst war, der diese Scene zuerst künst-
lerisch gestaltet hat und zwar eben in der Absicht sie als Gegen-
bild zum Parisurteil zu verwenden, schlieſse ich zunächst aus dem
Umstand, daſs dieselbe sowol auf schwarzfigurigen wie auf rot-
figurigen Vasen sonst völlig fehlt und überhaupt nur auf dieser
Vase vorkommt. Doch gebe ich das Trügerische dieser Argumen-
tation zu, obgleich bei der Fülle der zu Tage gekommenen
Vasen vorausgesetzt werden darf, daſs uns die meisten wirklich
populären und verbreiteten Typen vorliegen. Allein mehr Gewicht
glaube ich auf folgende Erwägung legen zu sollen. Die Dar-
stellung ist einmal eminent dramatisch und einheitlich und zeichnet
sich weiter dadurch aus, daſs alle sechs Personen vortrefflich cha-
rakterisiert sind und keine derselben entbehrt werden kann; bei
Typen jedoch, die schon früher entstanden, aber erst im fünften Jahr-
hundert im dramatischen Sinne umgestaltet sind, pflegt entweder
diese Einheit zu fehlen, oder das Einfügen der Flickfiguren fühl-
barer zu sein. So hängen doch bei der Entführung der Helena
die Schwestern und die Alten oder auf der andern Vase Aphrodite
und Peitho viel loser mit der Haupthandlung zusammen, als hier
Kassandra und Polyxena. Jene kann man unbeschadet wegnehmen,
man stellt dadurch nur den ursprünglichen Typus in seiner Ein-
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