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Riehl, Wilhelm Heinrich: Jörg Muckenbuber. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 8. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 67–94. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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nicht, weil sie noch gar nicht leben gelernt haben; diese aber schreckt er noch viel minder, weil sie so ganz zu leben verstehen. Ich will diesen meinen Sohn nun leben lehren, damit er den Tod, welchen er in der ersten, wilden Weise so wohl zu verachten gewußt, auch in der anderen, feinen Weise eines wahren Christen verachten lerne.

Die Alte hielt Wort. Jörg ward in ihrem Hause ein redlicher und tapferer Mann, der seiner neuen Vaterstadt Ulm im ersten Jahrzehnt des dreißigjährigen Krieges große Dienste leistete, daß man dort seines Namens noch lange in Dank und Ehren gedachte. Die Nördlinger Hexenrichter aber mußten ihr Amt niederlegen, der ganze Magistrat ward gereinigt und erneuert, und auf jene fünf Jahre des Schreckens folgte ein besseres Jahrzehnt, in welchem Recht und Gerechtigkeit wieder herrschten in der altehrwürdigen Reichsstadt.

nicht, weil sie noch gar nicht leben gelernt haben; diese aber schreckt er noch viel minder, weil sie so ganz zu leben verstehen. Ich will diesen meinen Sohn nun leben lehren, damit er den Tod, welchen er in der ersten, wilden Weise so wohl zu verachten gewußt, auch in der anderen, feinen Weise eines wahren Christen verachten lerne.

Die Alte hielt Wort. Jörg ward in ihrem Hause ein redlicher und tapferer Mann, der seiner neuen Vaterstadt Ulm im ersten Jahrzehnt des dreißigjährigen Krieges große Dienste leistete, daß man dort seines Namens noch lange in Dank und Ehren gedachte. Die Nördlinger Hexenrichter aber mußten ihr Amt niederlegen, der ganze Magistrat ward gereinigt und erneuert, und auf jene fünf Jahre des Schreckens folgte ein besseres Jahrzehnt, in welchem Recht und Gerechtigkeit wieder herrschten in der altehrwürdigen Reichsstadt.

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T10:09:41Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T10:09:41Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Riehl, Wilhelm Heinrich: Jörg Muckenbuber. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 8. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 67–94. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/riehl_muckenhuber_1910/30>, abgerufen am 25.11.2024.