Riegl, Alois: Stilfragen. Berlin, 1893.7. Die Ausbildung der Ranken-Bordüre. motive sind die Hauptsache geworden und sollen nicht mehr Zwickel-füllungen sein, was sich schon darin deutlich ausspricht, dass nicht jeder äussere Zwickel des Flechtbandes, sondern nur jeder zweite durch eine Blüthe gefüllt erscheint. Das Aufsetzen eines Lotus oder eines Palmettenfächers auf zwei Schlingen, anstatt auf einen Voluten- kelch war ja auch sonst gebräuchlich, wofür bloss auf die Fig. 83, 84 zurück gewiesen zu werden braucht. [Abbildung]
Fig. 93. Gemaltes griechisches Vasenornament. Ein drittes Medium zu friesartiger Aufreihung vegetabilischer Die vierte Art bildet die Wellenranke, und zwar in der [Abbildung]
Fig. 94. Fig. 95. Die Kelche an den Intermissionsstellen fallen häufig hinweg, so dassVerzierungen einer etruskischen Elfenbeinsitula aus Chiusi. die Motive genau so unvermittelt an die Rankenstengel ansetzen wie zu Mykenä (Fig. 52). Einer Verkümmerung der Blüthenformen (Fig. 94)9) begegnen wir an der bekannten Elfenbeinsitula aus Chiusi; dass in diesem Falle thatsächlich das intermittirende Schema zu Grunde liegt, beweist Fig. 95, wo die zur Intermission verwendeten Blüthen deutlich mit dem dreispältigen Profil charakterisirt erscheinen. Das Stück ist übrigens so merkwürdig, dass es von ornamentgeschichtlichem Stand- punkt eine besondere Besprechung verdiente. 9) Mon. ined. X. 39 a. 13*
7. Die Ausbildung der Ranken-Bordüre. motive sind die Hauptsache geworden und sollen nicht mehr Zwickel-füllungen sein, was sich schon darin deutlich ausspricht, dass nicht jeder äussere Zwickel des Flechtbandes, sondern nur jeder zweite durch eine Blüthe gefüllt erscheint. Das Aufsetzen eines Lotus oder eines Palmettenfächers auf zwei Schlingen, anstatt auf einen Voluten- kelch war ja auch sonst gebräuchlich, wofür bloss auf die Fig. 83, 84 zurück gewiesen zu werden braucht. [Abbildung]
Fig. 93. Gemaltes griechisches Vasenornament. Ein drittes Medium zu friesartiger Aufreihung vegetabilischer Die vierte Art bildet die Wellenranke, und zwar in der [Abbildung]
Fig. 94. Fig. 95. Die Kelche an den Intermissionsstellen fallen häufig hinweg, so dassVerzierungen einer etruskischen Elfenbeinsitula aus Chiusi. die Motive genau so unvermittelt an die Rankenstengel ansetzen wie zu Mykenä (Fig. 52). Einer Verkümmerung der Blüthenformen (Fig. 94)9) begegnen wir an der bekannten Elfenbeinsitula aus Chiusi; dass in diesem Falle thatsächlich das intermittirende Schema zu Grunde liegt, beweist Fig. 95, wo die zur Intermission verwendeten Blüthen deutlich mit dem dreispältigen Profil charakterisirt erscheinen. Das Stück ist übrigens so merkwürdig, dass es von ornamentgeschichtlichem Stand- punkt eine besondere Besprechung verdiente. 9) Mon. ined. X. 39 a. 13*
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7. Die Ausbildung der Ranken-Bordüre.
motive sind die Hauptsache geworden und sollen nicht mehr Zwickel-
füllungen sein, was sich schon darin deutlich ausspricht, dass nicht
jeder äussere Zwickel des Flechtbandes, sondern nur jeder zweite
durch eine Blüthe gefüllt erscheint. Das Aufsetzen eines Lotus oder
eines Palmettenfächers auf zwei Schlingen, anstatt auf einen Voluten-
kelch war ja auch sonst gebräuchlich, wofür bloss auf die Fig. 83, 84
zurück gewiesen zu werden braucht.
[Abbildung Fig. 93.
Gemaltes griechisches Vasenornament. ]
Ein drittes Medium zu friesartiger Aufreihung vegetabilischer
Einzelmotive bildete die einfache gerade Linie: also der Blätterzweig.
In älterer Zeit waren es gewöhnlich „Epheublätter“, späterhin, in der
naturalisirenden Periode, Lorbeerblätter, womit man den Zweig be-
setzte. Specifisch griechisch ist die häufig vorkommende Schwingung
der Blattstengel (Fig. 93).
Die vierte Art bildet die Wellenranke, und zwar in der
schwarzfigurigen Zeit vornehmlich die intermittirende Wellenranke.
[Abbildung Fig. 94. Fig. 95.
Verzierungen einer etruskischen Elfenbeinsitula aus Chiusi.]
Die Kelche an den Intermissionsstellen fallen häufig hinweg, so dass
die Motive genau so unvermittelt an die Rankenstengel ansetzen wie zu
Mykenä (Fig. 52). Einer Verkümmerung der Blüthenformen (Fig. 94) 9)
begegnen wir an der bekannten Elfenbeinsitula aus Chiusi; dass in
diesem Falle thatsächlich das intermittirende Schema zu Grunde liegt,
beweist Fig. 95, wo die zur Intermission verwendeten Blüthen deutlich
mit dem dreispältigen Profil charakterisirt erscheinen. Das Stück ist
übrigens so merkwürdig, dass es von ornamentgeschichtlichem Stand-
punkt eine besondere Besprechung verdiente.
9) Mon. ined. X. 39 a.
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Zitationshilfe: | Riegl, Alois: Stilfragen. Berlin, 1893, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/riegl_stilfragen_1893/221>, abgerufen am 23.07.2024. |