Riegl, Alois: Stilfragen. Berlin, 1893.1. Mykenisches. lässt, die mykenische Spirale auf ausschliesslichen Anstoss von egyp-tischer Seite zurückzuführen, ist vielmehr der Umstand, dass die my- kenische Kunst eine mit der Spirale sehr verwandte Orna- mentik gebraucht hat, welche in der egyptischen, soviel wir sehen, nicht in Verwendung stand. Das Element der Spiralornamentik in der mykenischen wie auch [Abbildung]
Fig. 61. anderen Configurationen angeordnet vor. Namentlich getriebene Gold-Goldplättchen mit getriebenen Verzierungen. Mykenisch. plättchen (Fig. 61)40) zeigen diese Bandornamentik. Als charakteristisch 39) Bei der herrschenden Neigung überall hinter den primitiven Ver- zierungsformen die Einwirkungen der Textilkunst zu vermuthen, halte ich es für nöthig ausdrücklich zu betonen, dass mit der oben gebrauchten Bezeich- nung "Band" durchaus keine Bezugnahme auf die Vorbildlichkeit eines textilen Bandes verknüpft zu denken ist. Das "Band" ist in diesem Fall nur eine be- sonders körperlich zur Darstellung gebrachte Linie. Bandornamentik in diesem Sinne treffen wir bei Völkern (Maori), die niemals ein textiles Band gekannt haben. 40) Schliemann, Mykenä Fig. 245.
1. Mykenisches. lässt, die mykenische Spirale auf ausschliesslichen Anstoss von egyp-tischer Seite zurückzuführen, ist vielmehr der Umstand, dass die my- kenische Kunst eine mit der Spirale sehr verwandte Orna- mentik gebraucht hat, welche in der egyptischen, soviel wir sehen, nicht in Verwendung stand. Das Element der Spiralornamentik in der mykenischen wie auch [Abbildung]
Fig. 61. anderen Configurationen angeordnet vor. Namentlich getriebene Gold-Goldplättchen mit getriebenen Verzierungen. Mykenisch. plättchen (Fig. 61)40) zeigen diese Bandornamentik. Als charakteristisch 39) Bei der herrschenden Neigung überall hinter den primitiven Ver- zierungsformen die Einwirkungen der Textilkunst zu vermuthen, halte ich es für nöthig ausdrücklich zu betonen, dass mit der oben gebrauchten Bezeich- nung „Band“ durchaus keine Bezugnahme auf die Vorbildlichkeit eines textilen Bandes verknüpft zu denken ist. Das „Band“ ist in diesem Fall nur eine be- sonders körperlich zur Darstellung gebrachte Linie. Bandornamentik in diesem Sinne treffen wir bei Völkern (Maori), die niemals ein textiles Band gekannt haben. 40) Schliemann, Mykenä Fig. 245.
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1. Mykenisches.
lässt, die mykenische Spirale auf ausschliesslichen Anstoss von egyp-
tischer Seite zurückzuführen, ist vielmehr der Umstand, dass die my-
kenische Kunst eine mit der Spirale sehr verwandte Orna-
mentik gebraucht hat, welche in der egyptischen, soviel wir
sehen, nicht in Verwendung stand.
Das Element der Spiralornamentik in der mykenischen wie auch
in der egyptischen Kunst ist das Band 39). In der mykenischen Kunst
kommt aber das Band nicht bloss in Spiralwindungen, sondern auch zu
[Abbildung Fig. 61.
Goldplättchen mit getriebenen Verzierungen. Mykenisch.]
anderen Configurationen angeordnet vor. Namentlich getriebene Gold-
plättchen (Fig. 61) 40) zeigen diese Bandornamentik. Als charakteristisch
39) Bei der herrschenden Neigung überall hinter den primitiven Ver-
zierungsformen die Einwirkungen der Textilkunst zu vermuthen, halte ich es
für nöthig ausdrücklich zu betonen, dass mit der oben gebrauchten Bezeich-
nung „Band“ durchaus keine Bezugnahme auf die Vorbildlichkeit eines textilen
Bandes verknüpft zu denken ist. Das „Band“ ist in diesem Fall nur eine be-
sonders körperlich zur Darstellung gebrachte Linie. Bandornamentik in
diesem Sinne treffen wir bei Völkern (Maori), die niemals ein textiles Band
gekannt haben.
40) Schliemann, Mykenä Fig. 245.
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Zitationshilfe: | Riegl, Alois: Stilfragen. Berlin, 1893, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/riegl_stilfragen_1893/165>, abgerufen am 16.02.2025. |