Riegl, Alois: Stilfragen. Berlin, 1893.B. Das Pflanzenornament in der griechischen Kunst. ist hiebei hervorzuheben, dass die Windungen der Bänder immer klarnebeneinander gelegt sind im Gegensatze zu den "Bandverschlingungen" der "nordisch-frühmittelalterlichen" Kunst. Sollte nicht auch diese [Abbildung]
Fig. 62. Regelmässigkeit, so wie der rhythmischSkulpirtes Bandornament von einem undulirende Verlauf der mykenischen Bandornamente auf Rechnung des in der mykenischen Kunst latenten klassi- schen Kunstgeistes zu setzen sein41)? An Fig. 61 ist ferner der Umstand Von mykenischen Bandmustern 41) Das spätere griechische Labyrinth bildet hievon nur eine scheinbare Ausnahme, da in diesem Falle das Räthselhafte beabsichtigt war; um so be- zeichnender ist hiebei der Umstand, dass das griechische Labyrinth die Ver- schlingungen verschmäht, wogegen die "nordischen" Labyrinthe ihren wirren Charakter hauptsächlich dem vielfachen Sichkreuzen und Untereinanderver- schwinden der Bänder verdanken. 42) In diesem Lichte betrachtet könnte auch das mesopotamische Flecht-
band (Fig. 28, S. 88), das sich gleichfalls um ein Auge rollt, sowohl von egyptischen als von mykenischen Bildungen unabhängig sein. Verwandte aber keineswegs gleichartige Beispiele aus mykenischem Bereich sind bei Schliemann, Mykenä Fig. 359, Myken. Vasen XXXIV. 338. B. Das Pflanzenornament in der griechischen Kunst. ist hiebei hervorzuheben, dass die Windungen der Bänder immer klarnebeneinander gelegt sind im Gegensatze zu den „Bandverschlingungen“ der „nordisch-frühmittelalterlichen“ Kunst. Sollte nicht auch diese [Abbildung]
Fig. 62. Regelmässigkeit, so wie der rhythmischSkulpirtes Bandornament von einem undulirende Verlauf der mykenischen Bandornamente auf Rechnung des in der mykenischen Kunst latenten klassi- schen Kunstgeistes zu setzen sein41)? An Fig. 61 ist ferner der Umstand Von mykenischen Bandmustern 41) Das spätere griechische Labyrinth bildet hievon nur eine scheinbare Ausnahme, da in diesem Falle das Räthselhafte beabsichtigt war; um so be- zeichnender ist hiebei der Umstand, dass das griechische Labyrinth die Ver- schlingungen verschmäht, wogegen die „nordischen“ Labyrinthe ihren wirren Charakter hauptsächlich dem vielfachen Sichkreuzen und Untereinanderver- schwinden der Bänder verdanken. 42) In diesem Lichte betrachtet könnte auch das mesopotamische Flecht-
band (Fig. 28, S. 88), das sich gleichfalls um ein Auge rollt, sowohl von egyptischen als von mykenischen Bildungen unabhängig sein. Verwandte aber keineswegs gleichartige Beispiele aus mykenischem Bereich sind bei Schliemann, Mykenä Fig. 359, Myken. Vasen XXXIV. 338. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0166" n="140"/><fw place="top" type="header">B. Das Pflanzenornament in der griechischen Kunst.</fw><lb/> ist hiebei hervorzuheben, dass die Windungen der Bänder immer klar<lb/> nebeneinander gelegt sind im Gegensatze zu den „Bandverschlingungen“<lb/> der „nordisch-frühmittelalterlichen“ Kunst. Sollte nicht auch diese<lb/><figure><head>Fig. 62.</head><lb/><p>Skulpirtes Bandornament von einem<lb/> Grabstein.</p></figure><lb/> Regelmässigkeit, so wie der rhythmisch<lb/> undulirende Verlauf der mykenischen<lb/> Bandornamente auf Rechnung des in<lb/> der mykenischen Kunst latenten klassi-<lb/> schen Kunstgeistes zu setzen sein<note place="foot" n="41)">Das spätere griechische Labyrinth bildet hievon nur eine scheinbare<lb/> Ausnahme, da in diesem Falle das Räthselhafte beabsichtigt war; um so be-<lb/> zeichnender ist hiebei der Umstand, dass das griechische Labyrinth die Ver-<lb/> schlingungen verschmäht, wogegen die „nordischen“ Labyrinthe ihren wirren<lb/> Charakter hauptsächlich dem vielfachen Sichkreuzen und Untereinanderver-<lb/> schwinden der Bänder verdanken.</note>?</p><lb/> <p>An Fig. 61 ist ferner der Umstand<lb/> zu beachten, dass die einzelnen Band-<lb/> windungen um <hi rendition="#i">Augen</hi> herumgelegt sind.<lb/> Aehnliches haben wir allerdings auch<lb/> in der Spiralornamentik der Egypter<lb/> (S. 72) wahrnehmen können. Wenn nun<lb/> die Mykenäer ihre Spiralen um Augen<lb/> laufen liessen (Fig. 59), so läge es zwar<lb/> am nächsten, diesen Umstand ebenso<lb/> wie das Motiv der Spirale selbst auf<lb/> Rechnung egyptischen Einflusses zu<lb/> setzen. Hingegen kennen wir um Augen<lb/> gerollte <hi rendition="#i">Bänder</hi> aus der egyptischen<lb/> Kunst nicht. Könnte da das Auge an<lb/> Beispielen wie Fig. 61 nicht ebenso<lb/> selbständig zur Anwendung und Gel-<lb/> tung im Künstlerischen gelangt sein,<lb/> wie etwa die sphärischen Zwickeldrei-<lb/> ecke in Fig. 59?<note place="foot" n="42)">In diesem Lichte betrachtet könnte auch das mesopotamische Flecht-<lb/> band (Fig. 28, S. 88), das sich gleichfalls um ein Auge rollt, sowohl von<lb/> egyptischen als von mykenischen Bildungen unabhängig sein. Verwandte<lb/> aber keineswegs gleichartige Beispiele aus mykenischem Bereich sind bei<lb/> Schliemann, Mykenä Fig. 359, Myken. Vasen XXXIV. 338.</note>.</p><lb/> <p>Von mykenischen Bandmustern<lb/> möge noch dasjenige von einer steiner-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [140/0166]
B. Das Pflanzenornament in der griechischen Kunst.
ist hiebei hervorzuheben, dass die Windungen der Bänder immer klar
nebeneinander gelegt sind im Gegensatze zu den „Bandverschlingungen“
der „nordisch-frühmittelalterlichen“ Kunst. Sollte nicht auch diese
[Abbildung Fig. 62.
Skulpirtes Bandornament von einem
Grabstein.]
Regelmässigkeit, so wie der rhythmisch
undulirende Verlauf der mykenischen
Bandornamente auf Rechnung des in
der mykenischen Kunst latenten klassi-
schen Kunstgeistes zu setzen sein 41)?
An Fig. 61 ist ferner der Umstand
zu beachten, dass die einzelnen Band-
windungen um Augen herumgelegt sind.
Aehnliches haben wir allerdings auch
in der Spiralornamentik der Egypter
(S. 72) wahrnehmen können. Wenn nun
die Mykenäer ihre Spiralen um Augen
laufen liessen (Fig. 59), so läge es zwar
am nächsten, diesen Umstand ebenso
wie das Motiv der Spirale selbst auf
Rechnung egyptischen Einflusses zu
setzen. Hingegen kennen wir um Augen
gerollte Bänder aus der egyptischen
Kunst nicht. Könnte da das Auge an
Beispielen wie Fig. 61 nicht ebenso
selbständig zur Anwendung und Gel-
tung im Künstlerischen gelangt sein,
wie etwa die sphärischen Zwickeldrei-
ecke in Fig. 59? 42).
Von mykenischen Bandmustern
möge noch dasjenige von einer steiner-
41) Das spätere griechische Labyrinth bildet hievon nur eine scheinbare
Ausnahme, da in diesem Falle das Räthselhafte beabsichtigt war; um so be-
zeichnender ist hiebei der Umstand, dass das griechische Labyrinth die Ver-
schlingungen verschmäht, wogegen die „nordischen“ Labyrinthe ihren wirren
Charakter hauptsächlich dem vielfachen Sichkreuzen und Untereinanderver-
schwinden der Bänder verdanken.
42) In diesem Lichte betrachtet könnte auch das mesopotamische Flecht-
band (Fig. 28, S. 88), das sich gleichfalls um ein Auge rollt, sowohl von
egyptischen als von mykenischen Bildungen unabhängig sein. Verwandte
aber keineswegs gleichartige Beispiele aus mykenischem Bereich sind bei
Schliemann, Mykenä Fig. 359, Myken. Vasen XXXIV. 338.
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