eignen treuen Bedienten zu bestechen! Vielleicht mich endlich zu vergiften, wenn der ehrliche Kerl nicht - -
Keine Muthmaßungen! Herr Lovelace! - - Können sie denn keine würklich geschehene Dinge anführen, wenn sie ihre Leiden erzählen? - - Kein Vielleicht! wenn ich bitten darf!
Täglich allen Leuten Drohungen und Ausfor- derungen gegen mich in den Mund gegeben! Mich zu nöthigen, in Verkleidung herum zu kriechen! - - alle Stunden zu wachen. - -
Und bei allem Wetter! nicht wahr? - - Jch erinnere mich, das war ehedem ihre Kla- ge! - - bei allem Wetter! (*) Und daß alles die- ses Ungemach von ihnen selbst herrühret, und ihnen nicht von mir aufgelegt ist!
Gleich einem Diebe, oder Horcher, fuhr er fort. Da ich doch weder in Ansehung meiner Geburt noch meiner Familie ihrer Verwandschaft un- würdig bin, wie sehr ichs auch in Ansehung ihrer bewundernswürdigen Tochter seyn mag; Deren sie alle, keinen ausgenommen, wenig- stens eben so unwürdig find! - - Das nenne ich Leiden! gnädige Fräulein! Mit Recht nenne ich es so, wenn ich doch zuletzt einer un- vollkommnen Aussöhnung aufgeopfert werden soll. - - Einer unvollkommnen Aussöhnung, sage ich. Denn können sie, nach allem, was vorgegangen ist, erwarten, daß sie mit einem solchen Bruder und mit einer solchen Schwe-
ster
(*) Siehe Th. III. S. 65.
eignen treuen Bedienten zu beſtechen! Vielleicht mich endlich zu vergiften, wenn der ehrliche Kerl nicht ‒ ‒
Keine Muthmaßungen! Herr Lovelace! ‒ ‒ Koͤnnen ſie denn keine wuͤrklich geſchehene Dinge anfuͤhren, wenn ſie ihre Leiden erzaͤhlen? ‒ ‒ Kein Vielleicht! wenn ich bitten darf!
Taͤglich allen Leuten Drohungen und Ausfor- derungen gegen mich in den Mund gegeben! Mich zu noͤthigen, in Verkleidung herum zu kriechen! ‒ ‒ alle Stunden zu wachen. ‒ ‒
Und bei allem Wetter! nicht wahr? ‒ ‒ Jch erinnere mich, das war ehedem ihre Kla- ge! ‒ ‒ bei allem Wetter! (*) Und daß alles die- ſes Ungemach von ihnen ſelbſt herruͤhret, und ihnen nicht von mir aufgelegt iſt!
Gleich einem Diebe, oder Horcher, fuhr er fort. Da ich doch weder in Anſehung meiner Geburt noch meiner Familie ihrer Verwandſchaft un- wuͤrdig bin, wie ſehr ichs auch in Anſehung ihrer bewundernswuͤrdigen Tochter ſeyn mag; Deren ſie alle, keinen ausgenommen, wenig- ſtens eben ſo unwuͤrdig find! ‒ ‒ Das nenne ich Leiden! gnaͤdige Fraͤulein! Mit Recht nenne ich es ſo, wenn ich doch zuletzt einer un- vollkommnen Ausſoͤhnung aufgeopfert werden ſoll. ‒ ‒ Einer unvollkommnen Ausſoͤhnung, ſage ich. Denn koͤnnen ſie, nach allem, was vorgegangen iſt, erwarten, daß ſie mit einem ſolchen Bruder und mit einer ſolchen Schwe-
ſter
(*) Siehe Th. III. S. 65.
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eignen treuen Bedienten zu beſtechen! Vielleicht
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Keine Muthmaßungen! Herr Lovelace!
‒ ‒ Koͤnnen ſie denn keine wuͤrklich geſchehene
Dinge anfuͤhren, wenn ſie ihre Leiden erzaͤhlen?
‒ ‒ Kein Vielleicht! wenn ich bitten darf!
Taͤglich allen Leuten Drohungen und Ausfor-
derungen gegen mich in den Mund gegeben!
Mich zu noͤthigen, in Verkleidung herum zu
kriechen! ‒ ‒ alle Stunden zu wachen. ‒ ‒
Und bei allem Wetter! nicht wahr? ‒ ‒
Jch erinnere mich, das war ehedem ihre Kla-
ge! ‒ ‒ bei allem Wetter! (*) Und daß alles die-
ſes Ungemach von ihnen ſelbſt herruͤhret, und
ihnen nicht von mir aufgelegt iſt!
Gleich einem Diebe, oder Horcher, fuhr er fort.
Da ich doch weder in Anſehung meiner Geburt
noch meiner Familie ihrer Verwandſchaft un-
wuͤrdig bin, wie ſehr ichs auch in Anſehung
ihrer bewundernswuͤrdigen Tochter ſeyn mag;
Deren ſie alle, keinen ausgenommen, wenig-
ſtens eben ſo unwuͤrdig find! ‒ ‒ Das nenne
ich Leiden! gnaͤdige Fraͤulein! Mit Recht
nenne ich es ſo, wenn ich doch zuletzt einer un-
vollkommnen Ausſoͤhnung aufgeopfert werden
ſoll. ‒ ‒ Einer unvollkommnen Ausſoͤhnung,
ſage ich. Denn koͤnnen ſie, nach allem, was
vorgegangen iſt, erwarten, daß ſie mit einem
ſolchen Bruder und mit einer ſolchen Schwe-
ſter
(*) Siehe Th. III. S. 65.
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 8. Göttingen, 1753, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753/58>, abgerufen am 16.02.2025.
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