ben, die sie nicht vorher schon gewußt hätten! Daß man mich zu einem Zweikampf genöthi- get, den ich zu vermeiden gewünscht habe, den ersten, den ich jemals, wenn man mich so sehr gereizet hatte, zu vermeiden gewünscht! Und zwar, weil der Bösewicht ihr Bruder war!
Bösewicht! und mein Bruder! Das konnte mir kein Mensch auf der Welt unter die Au- gen sagen, als der, mit dem ich jetzt rede!
Um Vergebung, gnädige Fräulein! - - Aber o! wie unwürdig ist er doch, ihr Bruder zu seyn! - - Auf eine alte Universitäts-Feind- schaft, wo jedermann weiß, daß er der angrei- fende Theil gewesen ist, einen neuen Zank zu gründen; und diese aus Absichten hervor zu suchen, die sowol für sie als für mich nieder- trächtig und beleidigend waren! - - Dem- jenigen das Leben zu schenken, der es mir gerne genommen hätte!
Das war ihre Grosmuth! Herr Love- lace, und nicht ihre Leiden. Noch ein wenig mehr von ihren Leiden, wenn sie belieben! - - Jch denke doch, sie werden es nicht bereuen, daß sie meinen Bruder nicht ermordet haben!
Meiner ganzen Aufführung nachgespüret! Mein Leben und Wandel als gottlos ausge- schrieen! Von Leuten angeklagt, deren einige auch nicht die besten sind!
Das ist eine Verläumdung!
Spionen hinter mir hergeschickt, mich zu be- obachten! Einen darunter gedungen, meinen
eignen
Zusätze zur Cl. D
ben, die ſie nicht vorher ſchon gewußt haͤtten! Daß man mich zu einem Zweikampf genoͤthi- get, den ich zu vermeiden gewuͤnſcht habe, den erſten, den ich jemals, wenn man mich ſo ſehr gereizet hatte, zu vermeiden gewuͤnſcht! Und zwar, weil der Boͤſewicht ihr Bruder war!
Boͤſewicht! und mein Bruder! Das konnte mir kein Menſch auf der Welt unter die Au- gen ſagen, als der, mit dem ich jetzt rede!
Um Vergebung, gnaͤdige Fraͤulein! ‒ ‒ Aber o! wie unwuͤrdig iſt er doch, ihr Bruder zu ſeyn! ‒ ‒ Auf eine alte Univerſitaͤts-Feind- ſchaft, wo jedermann weiß, daß er der angrei- fende Theil geweſen iſt, einen neuen Zank zu gruͤnden; und dieſe aus Abſichten hervor zu ſuchen, die ſowol fuͤr ſie als fuͤr mich nieder- traͤchtig und beleidigend waren! ‒ ‒ Dem- jenigen das Leben zu ſchenken, der es mir gerne genommen haͤtte!
Das war ihre Grosmuth! Herr Love- lace, und nicht ihre Leiden. Noch ein wenig mehr von ihren Leiden, wenn ſie belieben! ‒ ‒ Jch denke doch, ſie werden es nicht bereuen, daß ſie meinen Bruder nicht ermordet haben!
Meiner ganzen Auffuͤhrung nachgeſpuͤret! Mein Leben und Wandel als gottlos ausge- ſchrieen! Von Leuten angeklagt, deren einige auch nicht die beſten ſind!
Das iſt eine Verlaͤumdung!
Spionen hinter mir hergeſchickt, mich zu be- obachten! Einen darunter gedungen, meinen
eignen
Zuſaͤtze zur Cl. D
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[49/0057]
ben, die ſie nicht vorher ſchon gewußt haͤtten!
Daß man mich zu einem Zweikampf genoͤthi-
get, den ich zu vermeiden gewuͤnſcht habe, den
erſten, den ich jemals, wenn man mich ſo ſehr
gereizet hatte, zu vermeiden gewuͤnſcht! Und
zwar, weil der Boͤſewicht ihr Bruder war!
Boͤſewicht! und mein Bruder! Das konnte
mir kein Menſch auf der Welt unter die Au-
gen ſagen, als der, mit dem ich jetzt rede!
Um Vergebung, gnaͤdige Fraͤulein! ‒ ‒ Aber
o! wie unwuͤrdig iſt er doch, ihr Bruder zu
ſeyn! ‒ ‒ Auf eine alte Univerſitaͤts-Feind-
ſchaft, wo jedermann weiß, daß er der angrei-
fende Theil geweſen iſt, einen neuen Zank zu
gruͤnden; und dieſe aus Abſichten hervor zu
ſuchen, die ſowol fuͤr ſie als fuͤr mich nieder-
traͤchtig und beleidigend waren! ‒ ‒ Dem-
jenigen das Leben zu ſchenken, der es mir gerne
genommen haͤtte!
Das war ihre Grosmuth! Herr Love-
lace, und nicht ihre Leiden. Noch ein wenig
mehr von ihren Leiden, wenn ſie belieben! ‒ ‒
Jch denke doch, ſie werden es nicht bereuen,
daß ſie meinen Bruder nicht ermordet haben!
Meiner ganzen Auffuͤhrung nachgeſpuͤret!
Mein Leben und Wandel als gottlos ausge-
ſchrieen! Von Leuten angeklagt, deren einige
auch nicht die beſten ſind!
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 8. Göttingen, 1753, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753/57>, abgerufen am 20.07.2024.
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