Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 8. Göttingen, 1753.

Bild:
<< vorherige Seite



schen ihm und seinem Freunde von einer würk-
lich höllischen Natur gewesen seyn. Auch hat
man dies als eine Folge zu verstehen geben wol-
len, daß ein Mensch, der sich entweder in Wor-
ten oder Handlungen Freiheiten verstattet, de-
ren sich Herr Lovelace schämte, um viel är-
ger ist, als Lovelace. Daher hält er selbst
allenthalben, einen Scherz mit heiligen Dingen
zu treiben, wenn es auch Heiden mit ihren Göt-
tern thäten, für ein ungezweifeltes Kennzeichen
einer übeln Erziehung; unflätige Bilder und
Reden, für Freiheiten, die zu schändlich wären,
als daß selbst Bösewichter sich dieselben erlau-
ben sollten; und eine Ungerechtigkeit gegen sei-
ne Gläubiger, oder in Sachen, die das Mein
und Dein betreffen, als Verbrechen, die weit
unter ihm wären, sich derselben schuldig zu
machen.

Einige haben gegen die Sanftmuth, oder
wie sie es nennen, gegen die Feigheit in dem
Charackter des Herrn Hickmanns etwas ein-
zuwenden. Und doch gestehet Herr Lovela-
ce,
daß er in der Unterredung, so er mit ihm
hielt, sehr hitzig gegen ihn aufgefahren sei, da
er glaubte, daß man nur versteckter Weise et-
was zum Nachtheil der Fräulein Howe sa-
gen wollte; (*) Nicht weniger bald darauf,
da er sich einbildete, daß man ihm verächtlich
begegnete. (**) Man muß bekennen, daß

Fräulein
(*) Siehe Th. VI. S. 418. 419.
(**) Siehe Th. VI. S. 424.



ſchen ihm und ſeinem Freunde von einer wuͤrk-
lich hoͤlliſchen Natur geweſen ſeyn. Auch hat
man dies als eine Folge zu verſtehen geben wol-
len, daß ein Menſch, der ſich entweder in Wor-
ten oder Handlungen Freiheiten verſtattet, de-
ren ſich Herr Lovelace ſchaͤmte, um viel aͤr-
ger iſt, als Lovelace. Daher haͤlt er ſelbſt
allenthalben, einen Scherz mit heiligen Dingen
zu treiben, wenn es auch Heiden mit ihren Goͤt-
tern thaͤten, fuͤr ein ungezweifeltes Kennzeichen
einer uͤbeln Erziehung; unflaͤtige Bilder und
Reden, fuͤr Freiheiten, die zu ſchaͤndlich waͤren,
als daß ſelbſt Boͤſewichter ſich dieſelben erlau-
ben ſollten; und eine Ungerechtigkeit gegen ſei-
ne Glaͤubiger, oder in Sachen, die das Mein
und Dein betreffen, als Verbrechen, die weit
unter ihm waͤren, ſich derſelben ſchuldig zu
machen.

Einige haben gegen die Sanftmuth, oder
wie ſie es nennen, gegen die Feigheit in dem
Charackter des Herrn Hickmanns etwas ein-
zuwenden. Und doch geſtehet Herr Lovela-
ce,
daß er in der Unterredung, ſo er mit ihm
hielt, ſehr hitzig gegen ihn aufgefahren ſei, da
er glaubte, daß man nur verſteckter Weiſe et-
was zum Nachtheil der Fraͤulein Howe ſa-
gen wollte; (*) Nicht weniger bald darauf,
da er ſich einbildete, daß man ihm veraͤchtlich
begegnete. (**) Man muß bekennen, daß

Fraͤulein
(*) Siehe Th. VI. S. 418. 419.
(**) Siehe Th. VI. S. 424.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0359" n="351"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
&#x017F;chen ihm und &#x017F;einem Freunde von einer wu&#x0364;rk-<lb/>
lich ho&#x0364;lli&#x017F;chen Natur gewe&#x017F;en &#x017F;eyn. Auch hat<lb/>
man dies als eine Folge zu ver&#x017F;tehen geben wol-<lb/>
len, daß ein Men&#x017F;ch, der &#x017F;ich entweder in Wor-<lb/>
ten oder Handlungen Freiheiten ver&#x017F;tattet, de-<lb/>
ren &#x017F;ich Herr <hi rendition="#fr">Lovelace</hi> &#x017F;cha&#x0364;mte, um viel a&#x0364;r-<lb/>
ger i&#x017F;t, als <hi rendition="#fr">Lovelace.</hi> Daher ha&#x0364;lt er &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
allenthalben, einen Scherz mit heiligen Dingen<lb/>
zu treiben, wenn es auch Heiden mit ihren Go&#x0364;t-<lb/>
tern tha&#x0364;ten, fu&#x0364;r ein ungezweifeltes Kennzeichen<lb/>
einer u&#x0364;beln Erziehung; unfla&#x0364;tige Bilder und<lb/>
Reden, fu&#x0364;r Freiheiten, die zu &#x017F;cha&#x0364;ndlich wa&#x0364;ren,<lb/>
als daß &#x017F;elb&#x017F;t Bo&#x0364;&#x017F;ewichter &#x017F;ich die&#x017F;elben erlau-<lb/>
ben &#x017F;ollten; und eine Ungerechtigkeit gegen &#x017F;ei-<lb/>
ne Gla&#x0364;ubiger, oder in Sachen, die das <hi rendition="#fr">Mein</hi><lb/>
und <hi rendition="#fr">Dein</hi> betreffen, als Verbrechen, die weit<lb/>
unter ihm wa&#x0364;ren, &#x017F;ich der&#x017F;elben &#x017F;chuldig zu<lb/>
machen.</p><lb/>
          <p>Einige haben gegen die Sanftmuth, oder<lb/>
wie &#x017F;ie es nennen, gegen die Feigheit in dem<lb/>
Charackter des Herrn <hi rendition="#fr">Hickmanns</hi> etwas ein-<lb/>
zuwenden. Und doch ge&#x017F;tehet Herr <hi rendition="#fr">Lovela-<lb/>
ce,</hi> daß er in der Unterredung, &#x017F;o er mit ihm<lb/>
hielt, &#x017F;ehr hitzig gegen ihn aufgefahren &#x017F;ei, da<lb/>
er glaubte, daß man nur ver&#x017F;teckter Wei&#x017F;e et-<lb/>
was zum Nachtheil der Fra&#x0364;ulein <hi rendition="#fr">Howe</hi> &#x017F;a-<lb/>
gen wollte; <note place="foot" n="(*)">Siehe Th. <hi rendition="#aq">VI.</hi> S. 418. 419.</note> Nicht weniger bald darauf,<lb/>
da er &#x017F;ich einbildete, daß man ihm vera&#x0364;chtlich<lb/>
begegnete. <note place="foot" n="(**)">Siehe Th. <hi rendition="#aq">VI.</hi> S. 424.</note> Man muß bekennen, daß<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Fra&#x0364;ulein</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[351/0359] ſchen ihm und ſeinem Freunde von einer wuͤrk- lich hoͤlliſchen Natur geweſen ſeyn. Auch hat man dies als eine Folge zu verſtehen geben wol- len, daß ein Menſch, der ſich entweder in Wor- ten oder Handlungen Freiheiten verſtattet, de- ren ſich Herr Lovelace ſchaͤmte, um viel aͤr- ger iſt, als Lovelace. Daher haͤlt er ſelbſt allenthalben, einen Scherz mit heiligen Dingen zu treiben, wenn es auch Heiden mit ihren Goͤt- tern thaͤten, fuͤr ein ungezweifeltes Kennzeichen einer uͤbeln Erziehung; unflaͤtige Bilder und Reden, fuͤr Freiheiten, die zu ſchaͤndlich waͤren, als daß ſelbſt Boͤſewichter ſich dieſelben erlau- ben ſollten; und eine Ungerechtigkeit gegen ſei- ne Glaͤubiger, oder in Sachen, die das Mein und Dein betreffen, als Verbrechen, die weit unter ihm waͤren, ſich derſelben ſchuldig zu machen. Einige haben gegen die Sanftmuth, oder wie ſie es nennen, gegen die Feigheit in dem Charackter des Herrn Hickmanns etwas ein- zuwenden. Und doch geſtehet Herr Lovela- ce, daß er in der Unterredung, ſo er mit ihm hielt, ſehr hitzig gegen ihn aufgefahren ſei, da er glaubte, daß man nur verſteckter Weiſe et- was zum Nachtheil der Fraͤulein Howe ſa- gen wollte; (*) Nicht weniger bald darauf, da er ſich einbildete, daß man ihm veraͤchtlich begegnete. (**) Man muß bekennen, daß Fraͤulein (*) Siehe Th. VI. S. 418. 419. (**) Siehe Th. VI. S. 424.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753/359
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 8. Göttingen, 1753, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753/359>, abgerufen am 22.11.2024.