Erkenntlichkeit, wie du sagest, an sein fühllo- ses Herz gedrückt hat, welches gewiß zu der Zeit empfindlicher, als jemals, gewesen ist!
Aus deiner Beschreibung von ihrem Ab- schiede sehe ich, daß du mit der Zeit ein zärtli- cher Bube werden wirst. Was mich bei dem Unwillen der Fräulein verdrießt, ist, daß du durch ihren Umgang einen neuen Glanz be- kommst. Jch beneide dich, daß du die Gele- genheit hast, sie zu sehen, und dich daraus zu bessern. Der letzte Absatz deines Briefes hat bei mir einen solchen Eindruck gemacht, daß ich nicht so bald Lust bekommen werde, mich zu bekehren, als du. Was würden wir dann für ein Paar kläglicher Narren abgeben, wenn wir einander unsre mistönenden Recitative ent- gegen heulten!
Laß mich den Gedanken ausarbeiten, und setzen, wir wären ein Paar Einsiedler geworden. Wir haben die beiden alten Hölen zu Horn- sey wieder geöfnet, oder ein par neue einge- hauen. Ein jeder hat zum Vorwurf seiner Betrachtung in seiner Zelle einen Todtenkopf und ein Stundenglaß aufgestellet. Jch habe einst solche ein Gemälde gesehen. Aber hatte der alte busfertige Huren-Hengst nicht einen langen grauen Bart, vor welchem er kaum Odem holen konnte? Was für Figuren würden ein par Stutzer in ihren seidenen und besetzten Kleidern, und mit ihren verdrieslichen halb aufgespannten Gesichtern, und halb verschlos-
senen
Erkenntlichkeit, wie du ſageſt, an ſein fuͤhllo- ſes Herz gedruͤckt hat, welches gewiß zu der Zeit empfindlicher, als jemals, geweſen iſt!
Aus deiner Beſchreibung von ihrem Ab- ſchiede ſehe ich, daß du mit der Zeit ein zaͤrtli- cher Bube werden wirſt. Was mich bei dem Unwillen der Fraͤulein verdrießt, iſt, daß du durch ihren Umgang einen neuen Glanz be- kommſt. Jch beneide dich, daß du die Gele- genheit haſt, ſie zu ſehen, und dich daraus zu beſſern. Der letzte Abſatz deines Briefes hat bei mir einen ſolchen Eindruck gemacht, daß ich nicht ſo bald Luſt bekommen werde, mich zu bekehren, als du. Was wuͤrden wir dann fuͤr ein Paar klaͤglicher Narren abgeben, wenn wir einander unſre mistoͤnenden Recitative ent- gegen heulten!
Laß mich den Gedanken ausarbeiten, und ſetzen, wir waͤren ein Paar Einſiedler geworden. Wir haben die beiden alten Hoͤlen zu Horn- ſey wieder geoͤfnet, oder ein par neue einge- hauen. Ein jeder hat zum Vorwurf ſeiner Betrachtung in ſeiner Zelle einen Todtenkopf und ein Stundenglaß aufgeſtellet. Jch habe einſt ſolche ein Gemaͤlde geſehen. Aber hatte der alte busfertige Huren-Hengſt nicht einen langen grauen Bart, vor welchem er kaum Odem holen konnte? Was fuͤr Figuren wuͤrden ein par Stutzer in ihren ſeidenen und beſetzten Kleidern, und mit ihren verdrieslichen halb aufgeſpannten Geſichtern, und halb verſchloſ-
ſenen
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Erkenntlichkeit, wie du ſageſt, an ſein fuͤhllo-
ſes Herz gedruͤckt hat, welches gewiß zu der
Zeit empfindlicher, als jemals, geweſen iſt!
Aus deiner Beſchreibung von ihrem Ab-
ſchiede ſehe ich, daß du mit der Zeit ein zaͤrtli-
cher Bube werden wirſt. Was mich bei dem
Unwillen der Fraͤulein verdrießt, iſt, daß du
durch ihren Umgang einen neuen Glanz be-
kommſt. Jch beneide dich, daß du die Gele-
genheit haſt, ſie zu ſehen, und dich daraus zu
beſſern. Der letzte Abſatz deines Briefes hat
bei mir einen ſolchen Eindruck gemacht, daß
ich nicht ſo bald Luſt bekommen werde, mich
zu bekehren, als du. Was wuͤrden wir dann
fuͤr ein Paar klaͤglicher Narren abgeben, wenn
wir einander unſre mistoͤnenden Recitative ent-
gegen heulten!
Laß mich den Gedanken ausarbeiten, und
ſetzen, wir waͤren ein Paar Einſiedler geworden.
Wir haben die beiden alten Hoͤlen zu Horn-
ſey wieder geoͤfnet, oder ein par neue einge-
hauen. Ein jeder hat zum Vorwurf ſeiner
Betrachtung in ſeiner Zelle einen Todtenkopf
und ein Stundenglaß aufgeſtellet. Jch habe
einſt ſolche ein Gemaͤlde geſehen. Aber hatte
der alte busfertige Huren-Hengſt nicht einen
langen grauen Bart, vor welchem er kaum
Odem holen konnte? Was fuͤr Figuren wuͤrden
ein par Stutzer in ihren ſeidenen und beſetzten
Kleidern, und mit ihren verdrieslichen halb
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 8. Göttingen, 1753, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753/236>, abgerufen am 21.11.2024.
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