Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 8. Göttingen, 1753.

Bild:
<< vorherige Seite



senen Augen machen, wenn sie gegen einander
über knieten, und sich ihre verübten Schelme-
reien erzähleten? Wollten wir diese Lebensart
nur versuchen, und hernach zu unsern alten
Streichen zurückkehren, so könnte sie uns weit
eher, als des Horners Leben in der Land-
wirthin,
den Nutzen schaffen, daß die artigen
Huren uns zuliefen.

Halt! Der Verfasser des Hudibras hat ir-
gendwo eine Beschreibung, die auf uns passen
würde, wenn wir in unsern Hölen zusammen
sässen, und ein trauriges Concert machten.
Hier ist sie. So beschreibt er deinen Love-
velace:

Wie er auf seinem Steis dort melancho-
lisch sitzt.
Wie er das schwere Haupt mit beiden Hän-
den stützt.
Und neben ihm, allein, in einer andern
Höle
Sitzt Beford, die betrübte Seele!

Jch weiß, du hältest mich für zu spashaft.
Jch denke es selbst. Aufrichtig zu reden, ist
es auch nur ein gezwungener Spas. Denn
alle meine Leidenschaften sind so gespannet, daß
ich entweder lachen oder weinen muß: Gleich
dem ehrlichen Saufaus, dem Jacob Da-
ventry.
(Der arme Teufel! - - was nahm er
für ein unglückliches Ende!) Du weißt, ich
pflegte es anzumerken, wenn er aus einer lu-

stigen
P 3



ſenen Augen machen, wenn ſie gegen einander
uͤber knieten, und ſich ihre veruͤbten Schelme-
reien erzaͤhleten? Wollten wir dieſe Lebensart
nur verſuchen, und hernach zu unſern alten
Streichen zuruͤckkehren, ſo koͤnnte ſie uns weit
eher, als des Horners Leben in der Land-
wirthin,
den Nutzen ſchaffen, daß die artigen
Huren uns zuliefen.

Halt! Der Verfaſſer des Hudibras hat ir-
gendwo eine Beſchreibung, die auf uns paſſen
wuͤrde, wenn wir in unſern Hoͤlen zuſammen
ſaͤſſen, und ein trauriges Concert machten.
Hier iſt ſie. So beſchreibt er deinen Love-
velace:

Wie er auf ſeinem Steis dort melancho-
liſch ſitzt.
Wie er das ſchwere Haupt mit beiden Haͤn-
den ſtuͤtzt.
Und neben ihm, allein, in einer andern
Hoͤle
Sitzt Beford, die betruͤbte Seele!

Jch weiß, du haͤlteſt mich fuͤr zu ſpashaft.
Jch denke es ſelbſt. Aufrichtig zu reden, iſt
es auch nur ein gezwungener Spas. Denn
alle meine Leidenſchaften ſind ſo geſpannet, daß
ich entweder lachen oder weinen muß: Gleich
dem ehrlichen Saufaus, dem Jacob Da-
ventry.
(Der arme Teufel! ‒ ‒ was nahm er
fuͤr ein ungluͤckliches Ende!) Du weißt, ich
pflegte es anzumerken, wenn er aus einer lu-

ſtigen
P 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0237" n="229"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
&#x017F;enen Augen machen, wenn &#x017F;ie gegen einander<lb/>
u&#x0364;ber knieten, und &#x017F;ich ihre veru&#x0364;bten Schelme-<lb/>
reien erza&#x0364;hleten? Wollten wir die&#x017F;e Lebensart<lb/>
nur ver&#x017F;uchen, und hernach zu un&#x017F;ern alten<lb/>
Streichen zuru&#x0364;ckkehren, &#x017F;o ko&#x0364;nnte &#x017F;ie uns weit<lb/>
eher, als des <hi rendition="#fr">Horners</hi> Leben in der <hi rendition="#fr">Land-<lb/>
wirthin,</hi> den Nutzen &#x017F;chaffen, daß die artigen<lb/>
Huren uns zuliefen.</p><lb/>
          <p>Halt! Der Verfa&#x017F;&#x017F;er des <hi rendition="#fr">Hudibras</hi> hat ir-<lb/>
gendwo eine Be&#x017F;chreibung, die auf uns pa&#x017F;&#x017F;en<lb/>
wu&#x0364;rde, wenn wir in un&#x017F;ern Ho&#x0364;len zu&#x017F;ammen<lb/>
&#x017F;a&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, und ein trauriges Concert machten.<lb/>
Hier i&#x017F;t &#x017F;ie. So be&#x017F;chreibt er deinen <hi rendition="#fr">Love-<lb/>
velace:</hi></p><lb/>
          <cit>
            <quote>
              <lg type="poem">
                <l>Wie er auf &#x017F;einem Steis dort melancho-</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">li&#x017F;ch &#x017F;itzt.</hi> </l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Wie er das &#x017F;chwere Haupt mit beiden Ha&#x0364;n-</hi> </l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">den &#x017F;tu&#x0364;tzt.</hi> </l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Und neben ihm, allein, in einer andern</hi> </l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Ho&#x0364;le</hi> </l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Sitzt <hi rendition="#fr">Beford,</hi> die betru&#x0364;bte Seele!</hi> </l>
              </lg>
            </quote>
          </cit><lb/>
          <p>Jch weiß, du ha&#x0364;lte&#x017F;t mich fu&#x0364;r zu &#x017F;pashaft.<lb/>
Jch denke es &#x017F;elb&#x017F;t. Aufrichtig zu reden, i&#x017F;t<lb/>
es auch nur ein gezwungener Spas. Denn<lb/>
alle meine Leiden&#x017F;chaften &#x017F;ind &#x017F;o ge&#x017F;pannet, daß<lb/>
ich entweder lachen oder weinen muß: Gleich<lb/>
dem ehrlichen Saufaus, dem <hi rendition="#fr">Jacob Da-<lb/>
ventry.</hi> (Der arme Teufel! &#x2012; &#x2012; was nahm er<lb/>
fu&#x0364;r ein unglu&#x0364;ckliches Ende!) Du weißt, ich<lb/>
pflegte es anzumerken, wenn er aus einer lu-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">P 3</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;tigen</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[229/0237] ſenen Augen machen, wenn ſie gegen einander uͤber knieten, und ſich ihre veruͤbten Schelme- reien erzaͤhleten? Wollten wir dieſe Lebensart nur verſuchen, und hernach zu unſern alten Streichen zuruͤckkehren, ſo koͤnnte ſie uns weit eher, als des Horners Leben in der Land- wirthin, den Nutzen ſchaffen, daß die artigen Huren uns zuliefen. Halt! Der Verfaſſer des Hudibras hat ir- gendwo eine Beſchreibung, die auf uns paſſen wuͤrde, wenn wir in unſern Hoͤlen zuſammen ſaͤſſen, und ein trauriges Concert machten. Hier iſt ſie. So beſchreibt er deinen Love- velace: Wie er auf ſeinem Steis dort melancho- liſch ſitzt. Wie er das ſchwere Haupt mit beiden Haͤn- den ſtuͤtzt. Und neben ihm, allein, in einer andern Hoͤle Sitzt Beford, die betruͤbte Seele! Jch weiß, du haͤlteſt mich fuͤr zu ſpashaft. Jch denke es ſelbſt. Aufrichtig zu reden, iſt es auch nur ein gezwungener Spas. Denn alle meine Leidenſchaften ſind ſo geſpannet, daß ich entweder lachen oder weinen muß: Gleich dem ehrlichen Saufaus, dem Jacob Da- ventry. (Der arme Teufel! ‒ ‒ was nahm er fuͤr ein ungluͤckliches Ende!) Du weißt, ich pflegte es anzumerken, wenn er aus einer lu- ſtigen P 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753/237
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 8. Göttingen, 1753, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753/237>, abgerufen am 03.12.2024.