Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 8. Göttingen, 1753.

Bild:
<< vorherige Seite



mich so zu beleidigen, Arabella? - - Wenn
man mir so begegnen muß, so denket, daß, wenn
ich einer Kühnheit schuldig werde, die Art, wie
man mit mir umgehet, es rechtfertigen wird.

So, Clärgen, denkt ihr schon auf einen
Vorwand, wie ich sehe, etwas zu entschuldigen,
das euch schon lange, wie wir nicht gezweifelt
haben, im Kopfe herumgehet.

Wenn das seyn sollte, so scheinet ihr an eurer
Seite, so wie mein Bruder an der seinigen,
entschlossen zu seyn, zu machen, daß es mir an
keiner Entschuldigung fehlen möge. - - Aber in
Warheit, Arabella, ich kan die Wiederholung
des schlimmsten Theils der gestrigen Zusammen-
kunft nicht länger aushalten. Jch verlange,
mich zu meines Vaters und meiner Mutter
Füßen zu werfen, und von ihnen mein Urtheil
zu hören. Wenigstens werde ich dadurch den
Trotz vermeiden, womit ihr mir begegnet, und
der sich so wenig für eine Schwester schickt.

Ei! Ei! Wie? Seid ihr das! meine sanft-
müthige Schwester Clärgen?

Ja, das bin ich, Arabella, und ich werde
auf den Schutz einen rechtlichen Anspruch ma-
chen, der einem Kinde im Hause gebühret. We-
nigstens will ich wissen, warum man so mit mir
umgehet, da ich mir nichts als das Recht vor-
behalte, eine abschlägige Antwort geben zu
dürfen, welches meinem Geschlecht zukommt;
und da ich, meinen Aeltern zu gefallen, meine

Wahl



mich ſo zu beleidigen, Arabella? ‒ ‒ Wenn
man mir ſo begegnen muß, ſo denket, daß, wenn
ich einer Kuͤhnheit ſchuldig werde, die Art, wie
man mit mir umgehet, es rechtfertigen wird.

So, Claͤrgen, denkt ihr ſchon auf einen
Vorwand, wie ich ſehe, etwas zu entſchuldigen,
das euch ſchon lange, wie wir nicht gezweifelt
haben, im Kopfe herumgehet.

Wenn das ſeyn ſollte, ſo ſcheinet ihr an eurer
Seite, ſo wie mein Bruder an der ſeinigen,
entſchloſſen zu ſeyn, zu machen, daß es mir an
keiner Entſchuldigung fehlen moͤge. ‒ ‒ Aber in
Warheit, Arabella, ich kan die Wiederholung
des ſchlimmſten Theils der geſtrigen Zuſammen-
kunft nicht laͤnger aushalten. Jch verlange,
mich zu meines Vaters und meiner Mutter
Fuͤßen zu werfen, und von ihnen mein Urtheil
zu hoͤren. Wenigſtens werde ich dadurch den
Trotz vermeiden, womit ihr mir begegnet, und
der ſich ſo wenig fuͤr eine Schweſter ſchickt.

Ei! Ei! Wie? Seid ihr das! meine ſanft-
muͤthige Schweſter Claͤrgen?

Ja, das bin ich, Arabella, und ich werde
auf den Schutz einen rechtlichen Anſpruch ma-
chen, der einem Kinde im Hauſe gebuͤhret. We-
nigſtens will ich wiſſen, warum man ſo mit mir
umgehet, da ich mir nichts als das Recht vor-
behalte, eine abſchlaͤgige Antwort geben zu
duͤrfen, welches meinem Geſchlecht zukommt;
und da ich, meinen Aeltern zu gefallen, meine

Wahl
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0023" n="15"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
mich &#x017F;o zu beleidigen, <hi rendition="#fr">Arabella?</hi> &#x2012; &#x2012; Wenn<lb/>
man mir &#x017F;o begegnen muß, &#x017F;o denket, daß, wenn<lb/>
ich einer Ku&#x0364;hnheit &#x017F;chuldig werde, die Art, wie<lb/>
man mit mir umgehet, es rechtfertigen wird.</p><lb/>
          <p>So, <hi rendition="#fr">Cla&#x0364;rgen,</hi> denkt ihr &#x017F;chon auf einen<lb/>
Vorwand, wie ich &#x017F;ehe, etwas zu ent&#x017F;chuldigen,<lb/>
das euch &#x017F;chon lange, wie wir nicht gezweifelt<lb/>
haben, im Kopfe herumgehet.</p><lb/>
          <p>Wenn das &#x017F;eyn &#x017F;ollte, &#x017F;o &#x017F;cheinet ihr an eurer<lb/>
Seite, &#x017F;o wie mein Bruder an der &#x017F;einigen,<lb/>
ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en zu &#x017F;eyn, zu machen, daß es mir an<lb/>
keiner Ent&#x017F;chuldigung fehlen mo&#x0364;ge. &#x2012; &#x2012; Aber in<lb/>
Warheit, <hi rendition="#fr">Arabella,</hi> ich kan die Wiederholung<lb/>
des &#x017F;chlimm&#x017F;ten Theils der ge&#x017F;trigen Zu&#x017F;ammen-<lb/>
kunft nicht la&#x0364;nger aushalten. Jch verlange,<lb/>
mich zu meines Vaters und meiner Mutter<lb/>
Fu&#x0364;ßen zu werfen, und von ihnen mein Urtheil<lb/>
zu ho&#x0364;ren. Wenig&#x017F;tens werde ich dadurch den<lb/>
Trotz vermeiden, womit ihr mir begegnet, und<lb/>
der &#x017F;ich &#x017F;o wenig fu&#x0364;r eine Schwe&#x017F;ter &#x017F;chickt.</p><lb/>
          <p>Ei! Ei! Wie? Seid ihr das! meine &#x017F;anft-<lb/>
mu&#x0364;thige Schwe&#x017F;ter <hi rendition="#fr">Cla&#x0364;rgen?</hi></p><lb/>
          <p>Ja, das bin ich, <hi rendition="#fr">Arabella,</hi> und ich werde<lb/>
auf den Schutz einen rechtlichen An&#x017F;pruch ma-<lb/>
chen, der einem Kinde im Hau&#x017F;e gebu&#x0364;hret. We-<lb/>
nig&#x017F;tens will ich wi&#x017F;&#x017F;en, warum man &#x017F;o mit mir<lb/>
umgehet, da ich mir nichts als das Recht vor-<lb/>
behalte, eine ab&#x017F;chla&#x0364;gige Antwort geben zu<lb/>
du&#x0364;rfen, welches meinem Ge&#x017F;chlecht zukommt;<lb/>
und da ich, meinen Aeltern zu gefallen, meine<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Wahl</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[15/0023] mich ſo zu beleidigen, Arabella? ‒ ‒ Wenn man mir ſo begegnen muß, ſo denket, daß, wenn ich einer Kuͤhnheit ſchuldig werde, die Art, wie man mit mir umgehet, es rechtfertigen wird. So, Claͤrgen, denkt ihr ſchon auf einen Vorwand, wie ich ſehe, etwas zu entſchuldigen, das euch ſchon lange, wie wir nicht gezweifelt haben, im Kopfe herumgehet. Wenn das ſeyn ſollte, ſo ſcheinet ihr an eurer Seite, ſo wie mein Bruder an der ſeinigen, entſchloſſen zu ſeyn, zu machen, daß es mir an keiner Entſchuldigung fehlen moͤge. ‒ ‒ Aber in Warheit, Arabella, ich kan die Wiederholung des ſchlimmſten Theils der geſtrigen Zuſammen- kunft nicht laͤnger aushalten. Jch verlange, mich zu meines Vaters und meiner Mutter Fuͤßen zu werfen, und von ihnen mein Urtheil zu hoͤren. Wenigſtens werde ich dadurch den Trotz vermeiden, womit ihr mir begegnet, und der ſich ſo wenig fuͤr eine Schweſter ſchickt. Ei! Ei! Wie? Seid ihr das! meine ſanft- muͤthige Schweſter Claͤrgen? Ja, das bin ich, Arabella, und ich werde auf den Schutz einen rechtlichen Anſpruch ma- chen, der einem Kinde im Hauſe gebuͤhret. We- nigſtens will ich wiſſen, warum man ſo mit mir umgehet, da ich mir nichts als das Recht vor- behalte, eine abſchlaͤgige Antwort geben zu duͤrfen, welches meinem Geſchlecht zukommt; und da ich, meinen Aeltern zu gefallen, meine Wahl

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753/23
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 8. Göttingen, 1753, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753/23>, abgerufen am 18.12.2024.