Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 8. Göttingen, 1753.

Bild:
<< vorherige Seite



der sich oft in einem haut gout endigt, indem
sie einander mit todten Hunden und Katzen
werfen, ehe sie sich zerstreuen; (*) wobei sie
oft eben so viele Freude haben, als bei dem er-
sten Theil des feierlichen Aufzuges. Uns hin-
gegen erwarten sie mit allen Zeichen einer ehr-
furchtsvollen oder stillschweigenden Hochach-
tung; aufs höchste reden sie einander leise zu.
Sie sperren das Maul auf, als wenn sie ge-
knebelt wären, machen grosse Kalbs-Augen,
und ihre Stimmen verlieren sich in eine allge-
meine Bewunderung.

Aber gesetzt, wir werden verurtheilet, so ha-
ben wir nichts mehr zu thun, als bei Zeiten
unsre Güter fortzubringen, damit die She-
riffs
sich nicht mit unsrer Beute lustig machen.
Wir brauchen nicht zu fürchten, daß man uns
um ein solches Verbrechen henken wird, so lan-
ge wir Geld und Freunde haben. Setze end-
lich das allerärgste, daß zween oder drei von
uns den Hals hergeben müßten, kann nicht
ein jeder von uns so glücklich seyn und davon
kommen? Denn das müßte der Teufel seyn,
wenn sie fünfe darum henken wollten, daß
drei genothzüchtiget worden.

Jch weiß, ich komme statt eines von euch
davon, - - sollte es nur meiner Familie halber
seyn; und da ich ein schöner Kerl bin, so wer-
de ich ein oder ein par Dutzend junge Mädgen

haben,
(*) Eine Gewonheit des Pöbels in London bei
dergleichen Auflauf.



der ſich oft in einem haut gout endigt, indem
ſie einander mit todten Hunden und Katzen
werfen, ehe ſie ſich zerſtreuen; (*) wobei ſie
oft eben ſo viele Freude haben, als bei dem er-
ſten Theil des feierlichen Aufzuges. Uns hin-
gegen erwarten ſie mit allen Zeichen einer ehr-
furchtsvollen oder ſtillſchweigenden Hochach-
tung; aufs hoͤchſte reden ſie einander leiſe zu.
Sie ſperren das Maul auf, als wenn ſie ge-
knebelt waͤren, machen groſſe Kalbs-Augen,
und ihre Stimmen verlieren ſich in eine allge-
meine Bewunderung.

Aber geſetzt, wir werden verurtheilet, ſo ha-
ben wir nichts mehr zu thun, als bei Zeiten
unſre Guͤter fortzubringen, damit die She-
riffs
ſich nicht mit unſrer Beute luſtig machen.
Wir brauchen nicht zu fuͤrchten, daß man uns
um ein ſolches Verbrechen henken wird, ſo lan-
ge wir Geld und Freunde haben. Setze end-
lich das alleraͤrgſte, daß zween oder drei von
uns den Hals hergeben muͤßten, kann nicht
ein jeder von uns ſo gluͤcklich ſeyn und davon
kommen? Denn das muͤßte der Teufel ſeyn,
wenn ſie fuͤnfe darum henken wollten, daß
drei genothzuͤchtiget worden.

Jch weiß, ich komme ſtatt eines von euch
davon, ‒ ‒ ſollte es nur meiner Familie halber
ſeyn; und da ich ein ſchoͤner Kerl bin, ſo wer-
de ich ein oder ein par Dutzend junge Maͤdgen

haben,
(*) Eine Gewonheit des Poͤbels in London bei
dergleichen Auflauf.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0188" n="180"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
der &#x017F;ich oft in einem <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">haut gout</hi></hi> endigt, indem<lb/>
&#x017F;ie einander mit todten Hunden und Katzen<lb/>
werfen, ehe &#x017F;ie &#x017F;ich zer&#x017F;treuen; <note place="foot" n="(*)">Eine Gewonheit des Po&#x0364;bels in London bei<lb/>
dergleichen Auflauf.</note> wobei &#x017F;ie<lb/>
oft eben &#x017F;o viele Freude haben, als bei dem er-<lb/>
&#x017F;ten Theil des feierlichen Aufzuges. Uns hin-<lb/>
gegen erwarten &#x017F;ie mit allen Zeichen einer ehr-<lb/>
furchtsvollen oder &#x017F;till&#x017F;chweigenden Hochach-<lb/>
tung; aufs ho&#x0364;ch&#x017F;te reden &#x017F;ie einander lei&#x017F;e zu.<lb/>
Sie &#x017F;perren das Maul auf, als wenn &#x017F;ie ge-<lb/>
knebelt wa&#x0364;ren, machen gro&#x017F;&#x017F;e Kalbs-Augen,<lb/>
und ihre Stimmen verlieren &#x017F;ich in eine allge-<lb/>
meine Bewunderung.</p><lb/>
          <p>Aber ge&#x017F;etzt, wir werden verurtheilet, &#x017F;o ha-<lb/>
ben wir nichts mehr zu thun, als bei Zeiten<lb/>
un&#x017F;re Gu&#x0364;ter fortzubringen, damit die <hi rendition="#fr">She-<lb/>
riffs</hi> &#x017F;ich nicht mit un&#x017F;rer Beute lu&#x017F;tig machen.<lb/>
Wir brauchen nicht zu fu&#x0364;rchten, daß man uns<lb/>
um ein &#x017F;olches Verbrechen henken wird, &#x017F;o lan-<lb/>
ge wir Geld und Freunde haben. Setze end-<lb/>
lich das allera&#x0364;rg&#x017F;te, daß zween oder drei von<lb/>
uns den Hals hergeben mu&#x0364;ßten, kann nicht<lb/>
ein jeder von uns &#x017F;o glu&#x0364;cklich &#x017F;eyn und davon<lb/>
kommen? Denn das mu&#x0364;ßte der Teufel &#x017F;eyn,<lb/>
wenn &#x017F;ie <hi rendition="#fr">fu&#x0364;nfe</hi> darum henken wollten, daß<lb/><hi rendition="#fr">drei</hi> genothzu&#x0364;chtiget worden.</p><lb/>
          <p>Jch weiß, ich komme &#x017F;tatt eines von euch<lb/>
davon, &#x2012; &#x2012; &#x017F;ollte es nur meiner Familie halber<lb/>
&#x017F;eyn; und da ich ein &#x017F;cho&#x0364;ner Kerl bin, &#x017F;o wer-<lb/>
de ich ein oder ein par Dutzend junge Ma&#x0364;dgen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">haben,</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[180/0188] der ſich oft in einem haut gout endigt, indem ſie einander mit todten Hunden und Katzen werfen, ehe ſie ſich zerſtreuen; (*) wobei ſie oft eben ſo viele Freude haben, als bei dem er- ſten Theil des feierlichen Aufzuges. Uns hin- gegen erwarten ſie mit allen Zeichen einer ehr- furchtsvollen oder ſtillſchweigenden Hochach- tung; aufs hoͤchſte reden ſie einander leiſe zu. Sie ſperren das Maul auf, als wenn ſie ge- knebelt waͤren, machen groſſe Kalbs-Augen, und ihre Stimmen verlieren ſich in eine allge- meine Bewunderung. Aber geſetzt, wir werden verurtheilet, ſo ha- ben wir nichts mehr zu thun, als bei Zeiten unſre Guͤter fortzubringen, damit die She- riffs ſich nicht mit unſrer Beute luſtig machen. Wir brauchen nicht zu fuͤrchten, daß man uns um ein ſolches Verbrechen henken wird, ſo lan- ge wir Geld und Freunde haben. Setze end- lich das alleraͤrgſte, daß zween oder drei von uns den Hals hergeben muͤßten, kann nicht ein jeder von uns ſo gluͤcklich ſeyn und davon kommen? Denn das muͤßte der Teufel ſeyn, wenn ſie fuͤnfe darum henken wollten, daß drei genothzuͤchtiget worden. Jch weiß, ich komme ſtatt eines von euch davon, ‒ ‒ ſollte es nur meiner Familie halber ſeyn; und da ich ein ſchoͤner Kerl bin, ſo wer- de ich ein oder ein par Dutzend junge Maͤdgen haben, (*) Eine Gewonheit des Poͤbels in London bei dergleichen Auflauf.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753/188
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 8. Göttingen, 1753, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753/188>, abgerufen am 25.04.2024.