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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751.

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son auf der Welt, auch es ehemals selbst zu seyn
gewünschet hat: was ist es denn für ein Ueber-
muth an einem jeden Menschen, der in der Welt
lebet, vorzugeben, als wenn er sie an mir rächen
wollte! - - Glücklich! glücklich! dreymal glück-
lich! wenn ich gewußt hätte, wie ich den Ruhm
eines solchen Vorzugs so, wie ich ihn billig hät-
te schätzen müssen, schätzen sollte!

Jch will bey mir selbst diese Beschwerde ge-
gen den Obristen, daß er sich herausnimmt, mich
wegen meines Verfahrens mit einer Fräulein, die
mir so nahe als mein Eigenthum gewe-
sen ist, zur Rechenschaft zu fordern, größer vor-
stellen, damit mein Herz nicht in der bevorstehen-
den Zusammenkunft gegen eine so nahe mit ihr
verwandte Person, und einen Mann, der ihrem
Angedenken Ehre und Gerechtigkeit zu verschaffen
meynet, erweichet werden, und ich ihm dadurch ei-
nige Vortheile, die er sonst nicht haben kann,
über mich geben möchte. Denn ich weiß, daß
ich geneigt seyn werde, mich auf meine Geschick-
lichkeit zu verlassen, damit ich einen Mann, der von
ihr so hoch und mit so vielem Rechte geschätzet wor-
den ist, erhalten möge, und daß ich schwerlich mei-
nem Unwillen als ein Mann, dem man gedrohet
hat, werde den Zügel lassen können. Und in die-
ser Betrachtung allein ist mir vor seiner Geschick-
lichkeit, und vor seinem Muth bange, damit ich
nicht genöthigt seyn möchte, zu meiner eignen Ver-
theidigung ein Kerbholz, das schon ohne das zu
lang ist, noch zu verlängern.

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ſon auf der Welt, auch es ehemals ſelbſt zu ſeyn
gewuͤnſchet hat: was iſt es denn fuͤr ein Ueber-
muth an einem jeden Menſchen, der in der Welt
lebet, vorzugeben, als wenn er ſie an mir raͤchen
wollte! ‒ ‒ Gluͤcklich! gluͤcklich! dreymal gluͤck-
lich! wenn ich gewußt haͤtte, wie ich den Ruhm
eines ſolchen Vorzugs ſo, wie ich ihn billig haͤt-
te ſchaͤtzen muͤſſen, ſchaͤtzen ſollte!

Jch will bey mir ſelbſt dieſe Beſchwerde ge-
gen den Obriſten, daß er ſich herausnimmt, mich
wegen meines Verfahrens mit einer Fraͤulein, die
mir ſo nahe als mein Eigenthum gewe-
ſen iſt, zur Rechenſchaft zu fordern, groͤßer vor-
ſtellen, damit mein Herz nicht in der bevorſtehen-
den Zuſammenkunft gegen eine ſo nahe mit ihr
verwandte Perſon, und einen Mann, der ihrem
Angedenken Ehre und Gerechtigkeit zu verſchaffen
meynet, erweichet werden, und ich ihm dadurch ei-
nige Vortheile, die er ſonſt nicht haben kann,
uͤber mich geben moͤchte. Denn ich weiß, daß
ich geneigt ſeyn werde, mich auf meine Geſchick-
lichkeit zu verlaſſen, damit ich einen Mann, der von
ihr ſo hoch und mit ſo vielem Rechte geſchaͤtzet wor-
den iſt, erhalten moͤge, und daß ich ſchwerlich mei-
nem Unwillen als ein Mann, dem man gedrohet
hat, werde den Zuͤgel laſſen koͤnnen. Und in die-
ſer Betrachtung allein iſt mir vor ſeiner Geſchick-
lichkeit, und vor ſeinem Muth bange, damit ich
nicht genoͤthigt ſeyn moͤchte, zu meiner eignen Ver-
theidigung ein Kerbholz, das ſchon ohne das zu
lang iſt, noch zu verlaͤngern.

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[855/0861] ſon auf der Welt, auch es ehemals ſelbſt zu ſeyn gewuͤnſchet hat: was iſt es denn fuͤr ein Ueber- muth an einem jeden Menſchen, der in der Welt lebet, vorzugeben, als wenn er ſie an mir raͤchen wollte! ‒ ‒ Gluͤcklich! gluͤcklich! dreymal gluͤck- lich! wenn ich gewußt haͤtte, wie ich den Ruhm eines ſolchen Vorzugs ſo, wie ich ihn billig haͤt- te ſchaͤtzen muͤſſen, ſchaͤtzen ſollte! Jch will bey mir ſelbſt dieſe Beſchwerde ge- gen den Obriſten, daß er ſich herausnimmt, mich wegen meines Verfahrens mit einer Fraͤulein, die mir ſo nahe als mein Eigenthum gewe- ſen iſt, zur Rechenſchaft zu fordern, groͤßer vor- ſtellen, damit mein Herz nicht in der bevorſtehen- den Zuſammenkunft gegen eine ſo nahe mit ihr verwandte Perſon, und einen Mann, der ihrem Angedenken Ehre und Gerechtigkeit zu verſchaffen meynet, erweichet werden, und ich ihm dadurch ei- nige Vortheile, die er ſonſt nicht haben kann, uͤber mich geben moͤchte. Denn ich weiß, daß ich geneigt ſeyn werde, mich auf meine Geſchick- lichkeit zu verlaſſen, damit ich einen Mann, der von ihr ſo hoch und mit ſo vielem Rechte geſchaͤtzet wor- den iſt, erhalten moͤge, und daß ich ſchwerlich mei- nem Unwillen als ein Mann, dem man gedrohet hat, werde den Zuͤgel laſſen koͤnnen. Und in die- ſer Betrachtung allein iſt mir vor ſeiner Geſchick- lichkeit, und vor ſeinem Muth bange, damit ich nicht genoͤthigt ſeyn moͤchte, zu meiner eignen Ver- theidigung ein Kerbholz, das ſchon ohne das zu lang iſt, noch zu verlaͤngern. Jn H h h 4

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 855. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/861>, abgerufen am 20.05.2024.