als wenn sie sich nicht selbst von ihren bey Gele- genheit gemachten Abweichungen Rechenschaft ge- ben müßte.
Diese Weise, welche andern verwirrend und unnöthig scheinen wird, hatte ihr frühes Aufste- hen und die Gewohnheit ihr leicht und angenehm gemacht.
Und in der That; wie ich ihr auch zu sagen pflegte; so sehr ich sie in allen ihren Einrichtun- gen bewunderte: so könnte ich mich zu dieser doch nicht bringen; ob ich mich gleich zu dem frühen Aufstehen gebracht hatte, und den Nutzen da- von finde; wenn ich auch die ganze Welt dafür haben sollte.
Sie pflegte zu antworten: "Jch halte nicht "alles, was ich thue, für einen andern für nöthig "zu thun: ja nicht einmal für mich selbst. Da "es mir aber angenehmer ist, eine solche Rech- "nung zu halten, als sie liegen zu lassen: warum "sollte ich denn nicht in meinen überflüßig guten "Werken fortfahren? - - Es kann kein Schade "daraus entstehen. Es erhält meine Aufmerk- "samkeit bey Rechnungen: und dieß kann mir "vielleicht einmal in wichtigern Fällen Dienste "thun. Diejenigen, die keine genaue Rechnung "halten wollen, halten selten lange irgend eine "Rechnung. Jch versäume darüber keine nützli- "chere Beschäfftigungen: und es lehrt mich, mit "der Zeit geizig zu seyn; dem einzigen Dinge, "womit man auf eine erlaubte Art geizig seyn "kann, da wir nur einmal in dieser Welt leben,
"und
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als wenn ſie ſich nicht ſelbſt von ihren bey Gele- genheit gemachten Abweichungen Rechenſchaft ge- ben muͤßte.
Dieſe Weiſe, welche andern verwirrend und unnoͤthig ſcheinen wird, hatte ihr fruͤhes Aufſte- hen und die Gewohnheit ihr leicht und angenehm gemacht.
Und in der That; wie ich ihr auch zu ſagen pflegte; ſo ſehr ich ſie in allen ihren Einrichtun- gen bewunderte: ſo koͤnnte ich mich zu dieſer doch nicht bringen; ob ich mich gleich zu dem fruͤhen Aufſtehen gebracht hatte, und den Nutzen da- von finde; wenn ich auch die ganze Welt dafuͤr haben ſollte.
Sie pflegte zu antworten: „Jch halte nicht „alles, was ich thue, fuͤr einen andern fuͤr noͤthig „zu thun: ja nicht einmal fuͤr mich ſelbſt. Da „es mir aber angenehmer iſt, eine ſolche Rech- „nung zu halten, als ſie liegen zu laſſen: warum „ſollte ich denn nicht in meinen uͤberfluͤßig guten „Werken fortfahren? ‒ ‒ Es kann kein Schade „daraus entſtehen. Es erhaͤlt meine Aufmerk- „ſamkeit bey Rechnungen: und dieß kann mir „vielleicht einmal in wichtigern Faͤllen Dienſte „thun. Diejenigen, die keine genaue Rechnung „halten wollen, halten ſelten lange irgend eine „Rechnung. Jch verſaͤume daruͤber keine nuͤtzli- „chere Beſchaͤfftigungen: und es lehrt mich, mit „der Zeit geizig zu ſeyn; dem einzigen Dinge, „womit man auf eine erlaubte Art geizig ſeyn „kann, da wir nur einmal in dieſer Welt leben,
„und
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als wenn ſie ſich nicht ſelbſt von ihren bey Gele-
genheit gemachten Abweichungen Rechenſchaft ge-
ben muͤßte.
Dieſe Weiſe, welche andern verwirrend und
unnoͤthig ſcheinen wird, hatte ihr fruͤhes Aufſte-
hen und die Gewohnheit ihr leicht und angenehm
gemacht.
Und in der That; wie ich ihr auch zu ſagen
pflegte; ſo ſehr ich ſie in allen ihren Einrichtun-
gen bewunderte: ſo koͤnnte ich mich zu dieſer doch
nicht bringen; ob ich mich gleich zu dem fruͤhen
Aufſtehen gebracht hatte, und den Nutzen da-
von finde; wenn ich auch die ganze Welt dafuͤr
haben ſollte.
Sie pflegte zu antworten: „Jch halte nicht
„alles, was ich thue, fuͤr einen andern fuͤr noͤthig
„zu thun: ja nicht einmal fuͤr mich ſelbſt. Da
„es mir aber angenehmer iſt, eine ſolche Rech-
„nung zu halten, als ſie liegen zu laſſen: warum
„ſollte ich denn nicht in meinen uͤberfluͤßig guten
„Werken fortfahren? ‒ ‒ Es kann kein Schade
„daraus entſtehen. Es erhaͤlt meine Aufmerk-
„ſamkeit bey Rechnungen: und dieß kann mir
„vielleicht einmal in wichtigern Faͤllen Dienſte
„thun. Diejenigen, die keine genaue Rechnung
„halten wollen, halten ſelten lange irgend eine
„Rechnung. Jch verſaͤume daruͤber keine nuͤtzli-
„chere Beſchaͤfftigungen: und es lehrt mich, mit
„der Zeit geizig zu ſeyn; dem einzigen Dinge,
„womit man auf eine erlaubte Art geizig ſeyn
„kann, da wir nur einmal in dieſer Welt leben,
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 823. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/829>, abgerufen am 25.11.2024.
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