leicht an eine andere Mannsperson gedenken; und faßte in der That aus der Entdeckung seiner Be- schaffenheit einen dauerhaften Abscheu vor dem ganzen männlichen Geschlechte.
Endlich bot sich Herr Hickmann dar: ein Mann, der einer bessern Wahl würdig ist. Er hatte das Glück, wie er es auslegt, meiner Mut- ter zu gefallen und ihr auch seinen Antrag gefäl- lig zu machen.
Was mich selbst betrifft: so gestehe ich, daß, wenn ich mir hätte einen Bruder aussuchen sol- len, Herr Hickmann es gewesen seyn sollte; da er tugendhaft, mäßig, aufrichtig, freundschaftlich ist. Allein ich wünschte gar nicht zu heyrathen: und wußte auch keinen Mann in der Welt, den ich meiner geliebten Freundinn würdig achten konnte. Jedoch keine von uns beyden hatte Eltern, die uns im ledigen Stande leben lassen wollten.
Meiner Freundinn ward zu einer Zeit der verfluchte Lovelace vorgeschlagen: und, da sie nur noch gleichgültig gegen ihn war, brachten sie es dahin, indem sie ihm auf eine unedelmüthige Art begegneten; denn damals war er noch nicht für den Beelzebub selbst bekannt; und ihre Neigun- gen erst zum Vortheil eines Unwürdigen, hernach wieder eines andern, aus Haß gegen ihn, zu er- zwingen suchten, daß sie, durch ihres thörichten Bruders Eigensinn, diese Gleichgültigkeit aus ihrer natürlichen Großmuth in eine Achtung ver- wandelten, welche sie sonst gegen einen Menschen
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leicht an eine andere Mannsperſon gedenken; und faßte in der That aus der Entdeckung ſeiner Be- ſchaffenheit einen dauerhaften Abſcheu vor dem ganzen maͤnnlichen Geſchlechte.
Endlich bot ſich Herr Hickmann dar: ein Mann, der einer beſſern Wahl wuͤrdig iſt. Er hatte das Gluͤck, wie er es auslegt, meiner Mut- ter zu gefallen und ihr auch ſeinen Antrag gefaͤl- lig zu machen.
Was mich ſelbſt betrifft: ſo geſtehe ich, daß, wenn ich mir haͤtte einen Bruder ausſuchen ſol- len, Herr Hickmann es geweſen ſeyn ſollte; da er tugendhaft, maͤßig, aufrichtig, freundſchaftlich iſt. Allein ich wuͤnſchte gar nicht zu heyrathen: und wußte auch keinen Mann in der Welt, den ich meiner geliebten Freundinn wuͤrdig achten konnte. Jedoch keine von uns beyden hatte Eltern, die uns im ledigen Stande leben laſſen wollten.
Meiner Freundinn ward zu einer Zeit der verfluchte Lovelace vorgeſchlagen: und, da ſie nur noch gleichguͤltig gegen ihn war, brachten ſie es dahin, indem ſie ihm auf eine unedelmuͤthige Art begegneten; denn damals war er noch nicht fuͤr den Beelzebub ſelbſt bekannt; und ihre Neigun- gen erſt zum Vortheil eines Unwuͤrdigen, hernach wieder eines andern, aus Haß gegen ihn, zu er- zwingen ſuchten, daß ſie, durch ihres thoͤrichten Bruders Eigenſinn, dieſe Gleichguͤltigkeit aus ihrer natuͤrlichen Großmuth in eine Achtung ver- wandelten, welche ſie ſonſt gegen einen Menſchen
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leicht an eine andere Mannsperſon gedenken; und
faßte in der That aus der Entdeckung ſeiner Be-
ſchaffenheit einen dauerhaften Abſcheu vor dem
ganzen maͤnnlichen Geſchlechte.
Endlich bot ſich Herr Hickmann dar: ein
Mann, der einer beſſern Wahl wuͤrdig iſt. Er
hatte das Gluͤck, wie er es auslegt, meiner Mut-
ter zu gefallen und ihr auch ſeinen Antrag gefaͤl-
lig zu machen.
Was mich ſelbſt betrifft: ſo geſtehe ich, daß,
wenn ich mir haͤtte einen Bruder ausſuchen ſol-
len, Herr Hickmann es geweſen ſeyn ſollte; da er
tugendhaft, maͤßig, aufrichtig, freundſchaftlich iſt.
Allein ich wuͤnſchte gar nicht zu heyrathen: und
wußte auch keinen Mann in der Welt, den ich
meiner geliebten Freundinn wuͤrdig achten konnte.
Jedoch keine von uns beyden hatte Eltern, die uns
im ledigen Stande leben laſſen wollten.
Meiner Freundinn ward zu einer Zeit der
verfluchte Lovelace vorgeſchlagen: und, da ſie nur
noch gleichguͤltig gegen ihn war, brachten ſie es
dahin, indem ſie ihm auf eine unedelmuͤthige Art
begegneten; denn damals war er noch nicht fuͤr
den Beelzebub ſelbſt bekannt; und ihre Neigun-
gen erſt zum Vortheil eines Unwuͤrdigen, hernach
wieder eines andern, aus Haß gegen ihn, zu er-
zwingen ſuchten, daß ſie, durch ihres thoͤrichten
Bruders Eigenſinn, dieſe Gleichguͤltigkeit aus
ihrer natuͤrlichen Großmuth in eine Achtung ver-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 773. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/779>, abgerufen am 23.11.2024.
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