Schmiede nicht gewissermaßen zur Vollziehung fertig auf den Ambos bearbeitet und gehämmert gekommen wäre: wenn ich oft selbst nichts dar- aus zu machen gewußt.
Was mir in der That das Ansehen gab, als wenn ich gottloser wäre, als du, war dieses, daß, wann wir ein Wildpret aufgetrieben und nieder- gejagt hatten, das arme erschreckte Thierlein sich gemeiniglich lieber in meine, als in deine Arme, werfen mochte, weil ich ein wohlgebildeter und du ein häßlicher Kerl bist. Alsdenn hast du dich allemal in deiner Hoffnung betrogen gefunden, dein Maul mit dicken Lippen gemischt und bist wieder abgezogen, ein neues Wild aufzutreiben: mich aber hast du unterdessen allezeit einen gott- losen Kerl genannt.
Kurz, Belford, du konntest vortrefflich auf- treiben und besetzen. Die alten Frauen waren ihrer Töchter wegen nicht besorgt, wenn sie ein solches Gesicht, als deines, sahen. Aber wenn ich kam: ey! so waren ihre Mägdchen den Au- genblick verschlossen. Und dennoch half alles nichts: denn die Liebe wird wohl, bey Gelegen- heit, einen Elephanten durch ein Schlüsselloch zie- hen. Allein was dein Herz, deine Gesinnung betrifft, Belford: wer hat daran wohl jemals ge- zweifelt?
Auch so gar in dieser Sache, die mich am mei- sten drückt, und aus welcher mein Gewissen einen solchen Handel gegen mich machet, bist du so un- schuldig nicht, als du dir selbst einbildest. Du
wirst
Schmiede nicht gewiſſermaßen zur Vollziehung fertig auf den Ambos bearbeitet und gehaͤmmert gekommen waͤre: wenn ich oft ſelbſt nichts dar- aus zu machen gewußt.
Was mir in der That das Anſehen gab, als wenn ich gottloſer waͤre, als du, war dieſes, daß, wann wir ein Wildpret aufgetrieben und nieder- gejagt hatten, das arme erſchreckte Thierlein ſich gemeiniglich lieber in meine, als in deine Arme, werfen mochte, weil ich ein wohlgebildeter und du ein haͤßlicher Kerl biſt. Alsdenn haſt du dich allemal in deiner Hoffnung betrogen gefunden, dein Maul mit dicken Lippen gemiſcht und biſt wieder abgezogen, ein neues Wild aufzutreiben: mich aber haſt du unterdeſſen allezeit einen gott- loſen Kerl genannt.
Kurz, Belford, du konnteſt vortrefflich auf- treiben und beſetzen. Die alten Frauen waren ihrer Toͤchter wegen nicht beſorgt, wenn ſie ein ſolches Geſicht, als deines, ſahen. Aber wenn ich kam: ey! ſo waren ihre Maͤgdchen den Au- genblick verſchloſſen. Und dennoch half alles nichts: denn die Liebe wird wohl, bey Gelegen- heit, einen Elephanten durch ein Schluͤſſelloch zie- hen. Allein was dein Herz, deine Geſinnung betrifft, Belford: wer hat daran wohl jemals ge- zweifelt?
Auch ſo gar in dieſer Sache, die mich am mei- ſten druͤckt, und aus welcher mein Gewiſſen einen ſolchen Handel gegen mich machet, biſt du ſo un- ſchuldig nicht, als du dir ſelbſt einbildeſt. Du
wirſt
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0726"n="720"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
Schmiede nicht gewiſſermaßen zur Vollziehung<lb/>
fertig auf den Ambos bearbeitet und gehaͤmmert<lb/>
gekommen waͤre: wenn ich oft ſelbſt nichts dar-<lb/>
aus zu machen gewußt.</p><lb/><p>Was mir in der That das Anſehen gab, als<lb/>
wenn ich gottloſer waͤre, als du, war dieſes, daß,<lb/>
wann wir ein Wildpret aufgetrieben und nieder-<lb/>
gejagt hatten, das arme erſchreckte Thierlein ſich<lb/>
gemeiniglich lieber in meine, als in deine Arme,<lb/>
werfen mochte, weil ich ein wohlgebildeter und du<lb/>
ein haͤßlicher Kerl biſt. Alsdenn haſt du dich<lb/>
allemal in deiner Hoffnung betrogen gefunden,<lb/>
dein Maul mit dicken Lippen gemiſcht und biſt<lb/>
wieder abgezogen, ein neues Wild aufzutreiben:<lb/>
mich aber haſt du unterdeſſen allezeit einen gott-<lb/>
loſen Kerl genannt.</p><lb/><p>Kurz, Belford, du konnteſt vortrefflich <hirendition="#fr">auf-<lb/>
treiben</hi> und <hirendition="#fr">beſetzen.</hi> Die alten Frauen waren<lb/>
ihrer Toͤchter wegen nicht beſorgt, wenn ſie ein<lb/>ſolches Geſicht, als deines, ſahen. Aber wenn<lb/>
ich kam: ey! ſo waren ihre Maͤgdchen den Au-<lb/>
genblick verſchloſſen. Und dennoch half alles<lb/>
nichts: denn die Liebe wird wohl, bey Gelegen-<lb/>
heit, einen Elephanten durch ein Schluͤſſelloch zie-<lb/>
hen. Allein was dein <hirendition="#fr">Herz,</hi> deine <hirendition="#fr">Geſinnung</hi><lb/>
betrifft, Belford: wer hat daran wohl jemals ge-<lb/>
zweifelt?</p><lb/><p>Auch ſo gar in dieſer Sache, die mich am mei-<lb/>ſten druͤckt, und aus welcher mein Gewiſſen einen<lb/>ſolchen Handel gegen mich machet, biſt du ſo un-<lb/>ſchuldig nicht, als du dir ſelbſt einbildeſt. Du<lb/><fwplace="bottom"type="catch">wirſt</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[720/0726]
Schmiede nicht gewiſſermaßen zur Vollziehung
fertig auf den Ambos bearbeitet und gehaͤmmert
gekommen waͤre: wenn ich oft ſelbſt nichts dar-
aus zu machen gewußt.
Was mir in der That das Anſehen gab, als
wenn ich gottloſer waͤre, als du, war dieſes, daß,
wann wir ein Wildpret aufgetrieben und nieder-
gejagt hatten, das arme erſchreckte Thierlein ſich
gemeiniglich lieber in meine, als in deine Arme,
werfen mochte, weil ich ein wohlgebildeter und du
ein haͤßlicher Kerl biſt. Alsdenn haſt du dich
allemal in deiner Hoffnung betrogen gefunden,
dein Maul mit dicken Lippen gemiſcht und biſt
wieder abgezogen, ein neues Wild aufzutreiben:
mich aber haſt du unterdeſſen allezeit einen gott-
loſen Kerl genannt.
Kurz, Belford, du konnteſt vortrefflich auf-
treiben und beſetzen. Die alten Frauen waren
ihrer Toͤchter wegen nicht beſorgt, wenn ſie ein
ſolches Geſicht, als deines, ſahen. Aber wenn
ich kam: ey! ſo waren ihre Maͤgdchen den Au-
genblick verſchloſſen. Und dennoch half alles
nichts: denn die Liebe wird wohl, bey Gelegen-
heit, einen Elephanten durch ein Schluͤſſelloch zie-
hen. Allein was dein Herz, deine Geſinnung
betrifft, Belford: wer hat daran wohl jemals ge-
zweifelt?
Auch ſo gar in dieſer Sache, die mich am mei-
ſten druͤckt, und aus welcher mein Gewiſſen einen
ſolchen Handel gegen mich machet, biſt du ſo un-
ſchuldig nicht, als du dir ſelbſt einbildeſt. Du
wirſt
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 720. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/726>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.