Jedoch, um zu zeigen, daß ich in vollkommener christlicher Liebe gegen alle Welt sterbe, ver- gebe ich dem Herrn Lovelace von ganzem Her- zen alles Böse, was er mir gethan hat.
Wo mein Vater das Versehen seines unwürdigen Kindes so weit verzeihen kann, daß er, wie ich oben gebeten habe, ihre Leiche zu den Füßen ihres Großvaters niedersetzen lassen will: so möchte ich wünschen, da meine Unglücksfälle so bekannt sind, daß über meinen Leichnam, ehe er zur Erde gebracht werde, eine kurze Rede gehalten wür- de. Den Grund zu dem Jnhalt derselben werde ich bestimmen, ehe ich diese Schrift schließe.
Daß ich so viel über etwas, das nicht die geringste Betrachtung verdienet, und über etwas, das Nichts seyn wird, wann diese Schrift zu öffnen und zu lesen ist, geschrieben habe, wird man entschuldigen, wenn man meine gegenwärtige unglück- liche Umstände und meine Entfernung von allen meinen Blutsfreunden in Er- wägung ziehet.
Was nun die weltlichen Güter betrifft, so wohl diejenigen, welche ich bey meinem Tode besitzen werde, als die, welche mir entweder durch mei- nes Großvaters Testament, oder sonst von Rechtswegen zugehören: so ist mein Wille, daß es auf folgende Art damit gehalten werde.
Zuerst
Jedoch, um zu zeigen, daß ich in vollkommener chriſtlicher Liebe gegen alle Welt ſterbe, ver- gebe ich dem Herrn Lovelace von ganzem Her- zen alles Boͤſe, was er mir gethan hat.
Wo mein Vater das Verſehen ſeines unwuͤrdigen Kindes ſo weit verzeihen kann, daß er, wie ich oben gebeten habe, ihre Leiche zu den Fuͤßen ihres Großvaters niederſetzen laſſen will: ſo moͤchte ich wuͤnſchen, da meine Ungluͤcksfaͤlle ſo bekannt ſind, daß uͤber meinen Leichnam, ehe er zur Erde gebracht werde, eine kurze Rede gehalten wuͤr- de. Den Grund zu dem Jnhalt derſelben werde ich beſtimmen, ehe ich dieſe Schrift ſchließe.
Daß ich ſo viel uͤber etwas, das nicht die geringſte Betrachtung verdienet, und uͤber etwas, das Nichts ſeyn wird, wann dieſe Schrift zu oͤffnen und zu leſen iſt, geſchrieben habe, wird man entſchuldigen, wenn man meine gegenwaͤrtige ungluͤck- liche Umſtaͤnde und meine Entfernung von allen meinen Blutsfreunden in Er- waͤgung ziehet.
Was nun die weltlichen Guͤter betrifft, ſo wohl diejenigen, welche ich bey meinem Tode beſitzen werde, als die, welche mir entweder durch mei- nes Großvaters Teſtament, oder ſonſt von Rechtswegen zugehoͤren: ſo iſt mein Wille, daß es auf folgende Art damit gehalten werde.
Zuerſt
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Jedoch, um zu zeigen, daß ich in vollkommener
chriſtlicher Liebe gegen alle Welt ſterbe, ver-
gebe ich dem Herrn Lovelace von ganzem Her-
zen alles Boͤſe, was er mir gethan hat.
Wo mein Vater das Verſehen ſeines unwuͤrdigen
Kindes ſo weit verzeihen kann, daß er, wie ich
oben gebeten habe, ihre Leiche zu den Fuͤßen ihres
Großvaters niederſetzen laſſen will: ſo moͤchte
ich wuͤnſchen, da meine Ungluͤcksfaͤlle ſo bekannt
ſind, daß uͤber meinen Leichnam, ehe er zur Erde
gebracht werde, eine kurze Rede gehalten wuͤr-
de. Den Grund zu dem Jnhalt derſelben
werde ich beſtimmen, ehe ich dieſe Schrift
ſchließe.
Daß ich ſo viel uͤber etwas, das nicht die
geringſte Betrachtung verdienet, und
uͤber etwas, das Nichts ſeyn wird, wann
dieſe Schrift zu oͤffnen und zu leſen iſt,
geſchrieben habe, wird man entſchuldigen,
wenn man meine gegenwaͤrtige ungluͤck-
liche Umſtaͤnde und meine Entfernung
von allen meinen Blutsfreunden in Er-
waͤgung ziehet.
Was nun die weltlichen Guͤter betrifft, ſo wohl
diejenigen, welche ich bey meinem Tode beſitzen
werde, als die, welche mir entweder durch mei-
nes Großvaters Teſtament, oder ſonſt von
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daß es auf folgende Art damit gehalten
werde.
Zuerſt
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 628. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/634>, abgerufen am 22.11.2024.
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