und würde auch itzo nicht das Glück gehabt haben; wenn es die Gelegenheit nicht so mit sich gebracht hätte. Hättest du es gethan: so würdest du, wie ich glaube, ein liederliches Weibsbild so, wie eine von des Swifts Yahoos, oder des Virgils unflätigen Harpyen, die ihren Unrath auf die Tel- ler der Trojaner fallen ließen, hassen: indem sol- che Frauensleute in ihren Kammern eben so un- sauber von Person, als von Gemüthe, sind - - Hasse sie eben so sehr, als ich: und so sehr, als ich ein wahrhaftig tugendhaftes und sauberes Frauenzim- mer bewundere und bis zur Anbetung verehre. Denn für mich ist es augenscheinlich, daß, wie ein nettes und reinliches Frauenzimmer ein Engel von einem Geschöpfe seyn muß, also ein unsauberes Weibsbild das unreinste Thier in der Natur ist.
Allein dieß waren die ältern, die ausgesuchte Bande. Denn bisweilen kamen auf eine kurze Zeit, wechselsweise, zu halben Dutzent oder mehrere, un- ter diesen stehende Sünderinnen herein, die eine Stuffe niedriger waren und jünger, als einige von dem auserwählten Haufen. Aber sie waren nicht weniger unflätig von Ansehen: ob sie gleich nicht so viel von Schminke und Pflaster hatten. Sie waren doch ohne Schnürbrust, unsauber, lieder-
lich
enzimmer gesehen hat, wird diese Beschreibung des Hrn. Belfords nicht allein für eine natürlichere, son- dern auch geziemendere Abschilderung halten, die sich auch durch die Absicht und den Nutzen, wozu man sie anwenden kann, besser rechtfertigen läßt.
und wuͤrde auch itzo nicht das Gluͤck gehabt haben; wenn es die Gelegenheit nicht ſo mit ſich gebracht haͤtte. Haͤtteſt du es gethan: ſo wuͤrdeſt du, wie ich glaube, ein liederliches Weibsbild ſo, wie eine von des Swifts Yahoos, oder des Virgils unflaͤtigen Harpyen, die ihren Unrath auf die Tel- ler der Trojaner fallen ließen, haſſen: indem ſol- che Frauensleute in ihren Kammern eben ſo un- ſauber von Perſon, als von Gemuͤthe, ſind ‒ ‒ Haſſe ſie eben ſo ſehr, als ich: und ſo ſehr, als ich ein wahrhaftig tugendhaftes und ſauberes Frauenzim- mer bewundere und bis zur Anbetung verehre. Denn fuͤr mich iſt es augenſcheinlich, daß, wie ein nettes und reinliches Frauenzimmer ein Engel von einem Geſchoͤpfe ſeyn muß, alſo ein unſauberes Weibsbild das unreinſte Thier in der Natur iſt.
Allein dieß waren die aͤltern, die ausgeſuchte Bande. Denn bisweilen kamen auf eine kurze Zeit, wechſelsweiſe, zu halben Dutzent oder mehrere, un- ter dieſen ſtehende Suͤnderinnen herein, die eine Stuffe niedriger waren und juͤnger, als einige von dem auserwaͤhlten Haufen. Aber ſie waren nicht weniger unflaͤtig von Anſehen: ob ſie gleich nicht ſo viel von Schminke und Pflaſter hatten. Sie waren doch ohne Schnuͤrbruſt, unſauber, lieder-
lich
enzimmer geſehen hat, wird dieſe Beſchreibung des Hrn. Belfords nicht allein fuͤr eine natuͤrlichere, ſon- dern auch geziemendere Abſchilderung halten, die ſich auch durch die Abſicht und den Nutzen, wozu man ſie anwenden kann, beſſer rechtfertigen laͤßt.
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und wuͤrde auch itzo nicht das Gluͤck gehabt haben;
wenn es die Gelegenheit nicht ſo mit ſich gebracht
haͤtte. Haͤtteſt du es gethan: ſo wuͤrdeſt du,
wie ich glaube, ein liederliches Weibsbild ſo, wie
eine von des Swifts Yahoos, oder des Virgils
unflaͤtigen Harpyen, die ihren Unrath auf die Tel-
ler der Trojaner fallen ließen, haſſen: indem ſol-
che Frauensleute in ihren Kammern eben ſo un-
ſauber von Perſon, als von Gemuͤthe, ſind ‒ ‒
Haſſe ſie eben ſo ſehr, als ich: und ſo ſehr, als ich ein
wahrhaftig tugendhaftes und ſauberes Frauenzim-
mer bewundere und bis zur Anbetung verehre.
Denn fuͤr mich iſt es augenſcheinlich, daß, wie ein
nettes und reinliches Frauenzimmer ein Engel von
einem Geſchoͤpfe ſeyn muß, alſo ein unſauberes
Weibsbild das unreinſte Thier in der Natur iſt.
Allein dieß waren die aͤltern, die ausgeſuchte
Bande. Denn bisweilen kamen auf eine kurze Zeit,
wechſelsweiſe, zu halben Dutzent oder mehrere, un-
ter dieſen ſtehende Suͤnderinnen herein, die eine
Stuffe niedriger waren und juͤnger, als einige von
dem auserwaͤhlten Haufen. Aber ſie waren nicht
weniger unflaͤtig von Anſehen: ob ſie gleich nicht
ſo viel von Schminke und Pflaſter hatten. Sie
waren doch ohne Schnuͤrbruſt, unſauber, lieder-
lich
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(*) enzimmer geſehen hat, wird dieſe Beſchreibung des
Hrn. Belfords nicht allein fuͤr eine natuͤrlichere, ſon-
dern auch geziemendere Abſchilderung halten, die ſich
auch durch die Abſicht und den Nutzen, wozu man
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 543. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/549>, abgerufen am 22.11.2024.
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