ich nicht aufdauren; daß ich mich der Ehre dieses Besuchs nicht beffer würdig machen kann: allein es will sich nicht thun lassen - - Und indem sie dieß sagte, sank sie in ihren Stuhl, und war stille.
Darauf gingen wir beyde weg, und verließen es so, daß wir zu Bedford-Head seyn wollten, wenn etwas außerordentliches vorfallen sollte.
Wir bestellten eine kleine Mahlzeit: weil kei- ner von uns beyden zu Mittage gegessen hatte. Jhr könnet leicht errathen, worauf unterdessen, da sie zubereitet wurde, unsere Unterredung gefal- len. Wir beklagten beyde einmüthig den ver- zweifelten Zustand der Fräulein; bewunderten ihre mannichfaltigen Vorzüge; und verdammten euch und ihre Freunde mit vieler Strenge. Je- doch, damit ich ihm eine bessere Meynung von euch beybringen möchte, las ich ihm einige Stel- len aus euren letzten Briefen, welche von eurer Betrübniß über das Böse, das ihr derselben zu- gefüget, und von eurem empfindlich gerührten Gewissen zeugeten: und er sagte, es wäre etwas schreckliches, unter der Empfindung einer so uner- setzlichen Schuld zu seufzen.
Wir machten die Anstalt, daß Herr God- dard, weil Dr. H. nicht zu Hause war, sie noch einmal besuchte, und auf seinem Rückwege bey uns anspräche. Er war so gut und that es: aber verzog nicht fünf Minuten bey ihr, und brachte uns die Nachricht, daß es mit ihr zum Abschied eilte; daß er besorgte, sie würde nicht bis Mor-
gen
ich nicht aufdauren; daß ich mich der Ehre dieſes Beſuchs nicht beffer wuͤrdig machen kann: allein es will ſich nicht thun laſſen ‒ ‒ Und indem ſie dieß ſagte, ſank ſie in ihren Stuhl, und war ſtille.
Darauf gingen wir beyde weg, und verließen es ſo, daß wir zu Bedford-Head ſeyn wollten, wenn etwas außerordentliches vorfallen ſollte.
Wir beſtellten eine kleine Mahlzeit: weil kei- ner von uns beyden zu Mittage gegeſſen hatte. Jhr koͤnnet leicht errathen, worauf unterdeſſen, da ſie zubereitet wurde, unſere Unterredung gefal- len. Wir beklagten beyde einmuͤthig den ver- zweifelten Zuſtand der Fraͤulein; bewunderten ihre mannichfaltigen Vorzuͤge; und verdammten euch und ihre Freunde mit vieler Strenge. Je- doch, damit ich ihm eine beſſere Meynung von euch beybringen moͤchte, las ich ihm einige Stel- len aus euren letzten Briefen, welche von eurer Betruͤbniß uͤber das Boͤſe, das ihr derſelben zu- gefuͤget, und von eurem empfindlich geruͤhrten Gewiſſen zeugeten: und er ſagte, es waͤre etwas ſchreckliches, unter der Empfindung einer ſo uner- ſetzlichen Schuld zu ſeufzen.
Wir machten die Anſtalt, daß Herr God- dard, weil Dr. H. nicht zu Hauſe war, ſie noch einmal beſuchte, und auf ſeinem Ruͤckwege bey uns anſpraͤche. Er war ſo gut und that es: aber verzog nicht fuͤnf Minuten bey ihr, und brachte uns die Nachricht, daß es mit ihr zum Abſchied eilte; daß er beſorgte, ſie wuͤrde nicht bis Mor-
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ich nicht aufdauren; daß ich mich der Ehre dieſes
Beſuchs nicht beffer wuͤrdig machen kann: allein
es will ſich nicht thun laſſen ‒ ‒ Und indem ſie
dieß ſagte, ſank ſie in ihren Stuhl, und war ſtille.
Darauf gingen wir beyde weg, und verließen
es ſo, daß wir zu Bedford-Head ſeyn wollten,
wenn etwas außerordentliches vorfallen ſollte.
Wir beſtellten eine kleine Mahlzeit: weil kei-
ner von uns beyden zu Mittage gegeſſen hatte.
Jhr koͤnnet leicht errathen, worauf unterdeſſen,
da ſie zubereitet wurde, unſere Unterredung gefal-
len. Wir beklagten beyde einmuͤthig den ver-
zweifelten Zuſtand der Fraͤulein; bewunderten
ihre mannichfaltigen Vorzuͤge; und verdammten
euch und ihre Freunde mit vieler Strenge. Je-
doch, damit ich ihm eine beſſere Meynung von
euch beybringen moͤchte, las ich ihm einige Stel-
len aus euren letzten Briefen, welche von eurer
Betruͤbniß uͤber das Boͤſe, das ihr derſelben zu-
gefuͤget, und von eurem empfindlich geruͤhrten
Gewiſſen zeugeten: und er ſagte, es waͤre etwas
ſchreckliches, unter der Empfindung einer ſo uner-
ſetzlichen Schuld zu ſeufzen.
Wir machten die Anſtalt, daß Herr God-
dard, weil Dr. H. nicht zu Hauſe war, ſie noch
einmal beſuchte, und auf ſeinem Ruͤckwege bey
uns anſpraͤche. Er war ſo gut und that es: aber
verzog nicht fuͤnf Minuten bey ihr, und brachte
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 436. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/442>, abgerufen am 24.11.2024.
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