gen leben; und daß sie den Obrist Morden gern alsobald sehen möchte.
Der Obrist machte Entschuldigungen, wo kei- ne nöthig waren, und ging unmittelbar darauf fort, ob gleich unsere kleine Mahlzeit eben herein- gebracht wurde.
Jch konnte keinen Bissen anrühren, und nahm Feder und Dinte, mich dadurch selbst zu unter- halten und euch einen Gefallen zu erweisen, weil ich wußte wie ungedultig ihr auf ein paar Zeilen warten würdet. Denn aus dem, was ich erzäh- let habe, werdet ihr sehen, daß ich mich unmög- lich damals, als euer Bedienter um halb sechfe ge- kommen, habe wegbegeben, und schreiben, oder bis itzo eine bequeme Gelegenheit dazu haben kön- nen: und die gegenwärtige ist bloß zufällig. Gleichwohl scheuete sich euer armer Kerl mit der mündlichen Nachricht, welche ich euch geben ließ, abzugehen. Sie bestand aber, wie er euch ohne Zweifel hinterbracht hat, darinn, daß der Obrist bey uns wäre, die Fräulein sich ungemein schlecht befände, und ich nicht von der Stelle kommen könnte, eine Zeile zu schreiben.
Um zehn.
Der Obrist ließ mir nachher sagen, die Fräu- lein hätte heftige Zuckungen gehabt, und da- durch wäre er so sehr in Unordnung gerathen, daß es ihm nicht möglich wäre, mir aufzuwarten.
Jch habe alle halbe Stunden hingeschickt und fragen lassen, wie es mit ihr stehe. Eben itzo
habe
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gen leben; und daß ſie den Obriſt Morden gern alſobald ſehen moͤchte.
Der Obriſt machte Entſchuldigungen, wo kei- ne noͤthig waren, und ging unmittelbar darauf fort, ob gleich unſere kleine Mahlzeit eben herein- gebracht wurde.
Jch konnte keinen Biſſen anruͤhren, und nahm Feder und Dinte, mich dadurch ſelbſt zu unter- halten und euch einen Gefallen zu erweiſen, weil ich wußte wie ungedultig ihr auf ein paar Zeilen warten wuͤrdet. Denn aus dem, was ich erzaͤh- let habe, werdet ihr ſehen, daß ich mich unmoͤg- lich damals, als euer Bedienter um halb ſechfe ge- kommen, habe wegbegeben, und ſchreiben, oder bis itzo eine bequeme Gelegenheit dazu haben koͤn- nen: und die gegenwaͤrtige iſt bloß zufaͤllig. Gleichwohl ſcheuete ſich euer armer Kerl mit der muͤndlichen Nachricht, welche ich euch geben ließ, abzugehen. Sie beſtand aber, wie er euch ohne Zweifel hinterbracht hat, darinn, daß der Obriſt bey uns waͤre, die Fraͤulein ſich ungemein ſchlecht befaͤnde, und ich nicht von der Stelle kommen koͤnnte, eine Zeile zu ſchreiben.
Um zehn.
Der Obriſt ließ mir nachher ſagen, die Fraͤu- lein haͤtte heftige Zuckungen gehabt, und da- durch waͤre er ſo ſehr in Unordnung gerathen, daß es ihm nicht moͤglich waͤre, mir aufzuwarten.
Jch habe alle halbe Stunden hingeſchickt und fragen laſſen, wie es mit ihr ſtehe. Eben itzo
habe
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gen leben; und daß ſie den Obriſt Morden gern
alſobald ſehen moͤchte.
Der Obriſt machte Entſchuldigungen, wo kei-
ne noͤthig waren, und ging unmittelbar darauf
fort, ob gleich unſere kleine Mahlzeit eben herein-
gebracht wurde.
Jch konnte keinen Biſſen anruͤhren, und nahm
Feder und Dinte, mich dadurch ſelbſt zu unter-
halten und euch einen Gefallen zu erweiſen, weil
ich wußte wie ungedultig ihr auf ein paar Zeilen
warten wuͤrdet. Denn aus dem, was ich erzaͤh-
let habe, werdet ihr ſehen, daß ich mich unmoͤg-
lich damals, als euer Bedienter um halb ſechfe ge-
kommen, habe wegbegeben, und ſchreiben, oder
bis itzo eine bequeme Gelegenheit dazu haben koͤn-
nen: und die gegenwaͤrtige iſt bloß zufaͤllig.
Gleichwohl ſcheuete ſich euer armer Kerl mit der
muͤndlichen Nachricht, welche ich euch geben ließ,
abzugehen. Sie beſtand aber, wie er euch ohne
Zweifel hinterbracht hat, darinn, daß der Obriſt
bey uns waͤre, die Fraͤulein ſich ungemein ſchlecht
befaͤnde, und ich nicht von der Stelle kommen
koͤnnte, eine Zeile zu ſchreiben.
Um zehn.
Der Obriſt ließ mir nachher ſagen, die Fraͤu-
lein haͤtte heftige Zuckungen gehabt, und da-
durch waͤre er ſo ſehr in Unordnung gerathen, daß
es ihm nicht moͤglich waͤre, mir aufzuwarten.
Jch habe alle halbe Stunden hingeſchickt und
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 437. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/443>, abgerufen am 21.11.2024.
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