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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751.

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Des Menschen Tage sind nur, wie Graß.
Denn er blühet, wie eine Blume auf
dem Felde: so bald der Wind darüber
gehet, ist sie dahin, und ihre Stätte
wird sie nicht mehr kennen.
Ps. CIII,
15. 16.

Sie entschuldigte sich gegen die Weibsleute
mit ihrer Jugend, und Gewohnheit, zu ihrem
Stickwerke Risse zu machen, daß sie mehr Ein-
bildungskraft gezeiget hätte, als man vielleicht bey
einer so feyerlichen Gelegenheit für schicklich halten
würde.

Von der Wahl des gesetzten Tages, des 10ten
Aprils, gab sie zum Grunde an: weil sie nicht im
Stande wäre, zu sagen, welches ihr letzter Tag
seyn würde, und dieß der unglückliche Tag ge-
wesen, an dem sie ihres Vaters Haus verlassen
hätte.

Sie bezahlte des Tischlers Rechnung, nach-
dem ich weggegangen war, mit eben so vieler
Munterkeit, als sie jemals die Kleider bezahlt ha-
ben konnte, die sie verkaufte, um diesen ihren Pa-
last;
denn so nannte sie ihn; zu kaufen. Sie
machte sich selbst wegen der darauf gewandten
Kosten einen Vorwurf, und sagte, sie möchten
an ihr bemerken, daß der Stolz die armen Sterb-
lichen bis auf die letzte Stunde nicht verließe:
jedoch wüßte sie in der That nicht anders, als daß
ihr Vater erlauben würde, ihn, wenn er mit allem,
was zu ihm gehörte, versehen wäre, hinunter brin-
gen und bey ihren Voreltern niedersetzen zu lassen;

und
S 2


Des Menſchen Tage ſind nur, wie Graß.
Denn er bluͤhet, wie eine Blume auf
dem Felde: ſo bald der Wind daruͤber
gehet, iſt ſie dahin, und ihre Staͤtte
wird ſie nicht mehr kennen.
Pſ. CIII,
15. 16.

Sie entſchuldigte ſich gegen die Weibsleute
mit ihrer Jugend, und Gewohnheit, zu ihrem
Stickwerke Riſſe zu machen, daß ſie mehr Ein-
bildungskraft gezeiget haͤtte, als man vielleicht bey
einer ſo feyerlichen Gelegenheit fuͤr ſchicklich halten
wuͤrde.

Von der Wahl des geſetzten Tages, des 10ten
Aprils, gab ſie zum Grunde an: weil ſie nicht im
Stande waͤre, zu ſagen, welches ihr letzter Tag
ſeyn wuͤrde, und dieß der ungluͤckliche Tag ge-
weſen, an dem ſie ihres Vaters Haus verlaſſen
haͤtte.

Sie bezahlte des Tiſchlers Rechnung, nach-
dem ich weggegangen war, mit eben ſo vieler
Munterkeit, als ſie jemals die Kleider bezahlt ha-
ben konnte, die ſie verkaufte, um dieſen ihren Pa-
laſt;
denn ſo nannte ſie ihn; zu kaufen. Sie
machte ſich ſelbſt wegen der darauf gewandten
Koſten einen Vorwurf, und ſagte, ſie moͤchten
an ihr bemerken, daß der Stolz die armen Sterb-
lichen bis auf die letzte Stunde nicht verließe:
jedoch wuͤßte ſie in der That nicht anders, als daß
ihr Vater erlauben wuͤrde, ihn, wenn er mit allem,
was zu ihm gehoͤrte, verſehen waͤre, hinunter brin-
gen und bey ihren Voreltern niederſetzen zu laſſen;

und
S 2
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[275/0281] Des Menſchen Tage ſind nur, wie Graß. Denn er bluͤhet, wie eine Blume auf dem Felde: ſo bald der Wind daruͤber gehet, iſt ſie dahin, und ihre Staͤtte wird ſie nicht mehr kennen. Pſ. CIII, 15. 16. Sie entſchuldigte ſich gegen die Weibsleute mit ihrer Jugend, und Gewohnheit, zu ihrem Stickwerke Riſſe zu machen, daß ſie mehr Ein- bildungskraft gezeiget haͤtte, als man vielleicht bey einer ſo feyerlichen Gelegenheit fuͤr ſchicklich halten wuͤrde. Von der Wahl des geſetzten Tages, des 10ten Aprils, gab ſie zum Grunde an: weil ſie nicht im Stande waͤre, zu ſagen, welches ihr letzter Tag ſeyn wuͤrde, und dieß der ungluͤckliche Tag ge- weſen, an dem ſie ihres Vaters Haus verlaſſen haͤtte. Sie bezahlte des Tiſchlers Rechnung, nach- dem ich weggegangen war, mit eben ſo vieler Munterkeit, als ſie jemals die Kleider bezahlt ha- ben konnte, die ſie verkaufte, um dieſen ihren Pa- laſt; denn ſo nannte ſie ihn; zu kaufen. Sie machte ſich ſelbſt wegen der darauf gewandten Koſten einen Vorwurf, und ſagte, ſie moͤchten an ihr bemerken, daß der Stolz die armen Sterb- lichen bis auf die letzte Stunde nicht verließe: jedoch wuͤßte ſie in der That nicht anders, als daß ihr Vater erlauben wuͤrde, ihn, wenn er mit allem, was zu ihm gehoͤrte, verſehen waͤre, hinunter brin- gen und bey ihren Voreltern niederſetzen zu laſſen; und S 2

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/281>, abgerufen am 25.11.2024.