Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751.

Bild:
<< vorherige Seite


Eines besorge ich. Die Fräulein mag in
Noth seyn: und dieser Belford, der ihr, wie Fr.
Smithinn gestehet, Geld angeboten hat, das
sie damals ausgeschlagen, kann vielleicht Gele-
genheit finden, sich diese Noth zu Nutze zu ma-
chen. Der Dichter aber merket gar wohl an:

Aegre formosam poteris seruare puellam:
Nunc prece, nunc auro forma petita ruit.

Und dieser Belford, der ein kühner Mensch
ist, und, wie man sagt, auch so aussiehet, kann
wohl den Ausspruch von Horaz; mit dessen
Schriften Sie so gut bekannt sind, daß es keiner
besser seyn mag; wahr machen:

Audax omnia perpeti,
Gens humana ruit per vetitum nefas.

Verzeihen Sie mir, mein Herr, was ich itzo
schreiben werde. Könnten Sie aber die Uebri-
gen von Jhrer Familie bewegen, sich den Vor-
schlag gefallen zu lassen, von welchem Sie und
ihre tugendhafte Schwester, die Fräulein
Arabella, nebst dem Archidiakonus und mir, ein-
mal redeten, daß die unglückliche Fräulein zu be-
reden wäre, sich auf eine anständige Weise zu
einer oder der andern von den auswärtigen Pflanz-
städten zu begeben: so möchte das nicht allein ih-
re eigne Ehre und guten Namen, sondern
auch die Ehre und das Ansehen ihrer ganzen
Familie retten, und noch dazu ein großes Theil

Ver-


Eines beſorge ich. Die Fraͤulein mag in
Noth ſeyn: und dieſer Belford, der ihr, wie Fr.
Smithinn geſtehet, Geld angeboten hat, das
ſie damals ausgeſchlagen, kann vielleicht Gele-
genheit finden, ſich dieſe Noth zu Nutze zu ma-
chen. Der Dichter aber merket gar wohl an:

Aegre formoſam poteris ſeruare puellam:
Nunc prece, nunc auro forma petita ruit.

Und dieſer Belford, der ein kuͤhner Menſch
iſt, und, wie man ſagt, auch ſo ausſiehet, kann
wohl den Ausſpruch von Horaz; mit deſſen
Schriften Sie ſo gut bekannt ſind, daß es keiner
beſſer ſeyn mag; wahr machen:

Audax omnia perpeti,
Gens humana ruit per vetitum nefas.

Verzeihen Sie mir, mein Herr, was ich itzo
ſchreiben werde. Koͤnnten Sie aber die Uebri-
gen von Jhrer Familie bewegen, ſich den Vor-
ſchlag gefallen zu laſſen, von welchem Sie und
ihre tugendhafte Schweſter, die Fraͤulein
Arabella, nebſt dem Archidiakonus und mir, ein-
mal redeten, daß die ungluͤckliche Fraͤulein zu be-
reden waͤre, ſich auf eine anſtaͤndige Weiſe zu
einer oder der andern von den auswaͤrtigen Pflanz-
ſtaͤdten zu begeben: ſo moͤchte das nicht allein ih-
re eigne Ehre und guten Namen, ſondern
auch die Ehre und das Anſehen ihrer ganzen
Familie retten, und noch dazu ein großes Theil

Ver-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0241" n="235"/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>Eines be&#x017F;orge ich. Die Fra&#x0364;ulein mag in<lb/><hi rendition="#fr">Noth</hi> &#x017F;eyn: und die&#x017F;er Belford, der ihr, wie Fr.<lb/>
Smithinn ge&#x017F;tehet, <hi rendition="#fr">Geld angeboten hat,</hi> das<lb/>
&#x017F;ie <hi rendition="#fr">damals</hi> ausge&#x017F;chlagen, kann vielleicht Gele-<lb/>
genheit finden, &#x017F;ich die&#x017F;e <hi rendition="#fr">Noth</hi> zu Nutze zu ma-<lb/>
chen. Der Dichter aber merket gar wohl an:</p><lb/>
          <cit>
            <quote> <hi rendition="#aq">Aegre formo&#x017F;am poteris &#x017F;eruare puellam:<lb/><hi rendition="#et">Nunc prece, nunc auro forma petita ruit.</hi></hi> </quote>
          </cit><lb/>
          <p>Und die&#x017F;er Belford, der ein <hi rendition="#fr">ku&#x0364;hner Men&#x017F;ch</hi><lb/>
i&#x017F;t, und, wie man &#x017F;agt, auch &#x017F;o <hi rendition="#fr">aus&#x017F;iehet,</hi> kann<lb/>
wohl den Aus&#x017F;pruch von Horaz; mit de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Schriften Sie &#x017F;o gut bekannt &#x017F;ind, daß es keiner<lb/>
be&#x017F;&#x017F;er &#x017F;eyn mag; wahr machen:</p><lb/>
          <cit>
            <quote> <hi rendition="#aq">Audax omnia perpeti,<lb/>
Gens humana ruit per vetitum nefas.</hi> </quote>
          </cit><lb/>
          <p>Verzeihen Sie mir, mein Herr, was ich itzo<lb/>
&#x017F;chreiben werde. Ko&#x0364;nnten Sie aber die Uebri-<lb/>
gen von Jhrer Familie bewegen, &#x017F;ich den Vor-<lb/>
&#x017F;chlag gefallen zu la&#x017F;&#x017F;en, von welchem Sie und<lb/>
ihre <hi rendition="#fr">tugendhafte Schwe&#x017F;ter,</hi> die Fra&#x0364;ulein<lb/>
Arabella, neb&#x017F;t dem Archidiakonus und mir, ein-<lb/>
mal redeten, daß die unglu&#x0364;ckliche Fra&#x0364;ulein zu be-<lb/>
reden wa&#x0364;re, &#x017F;ich auf eine <hi rendition="#fr">an&#x017F;ta&#x0364;ndige Wei&#x017F;e</hi> zu<lb/>
einer oder der andern von den auswa&#x0364;rtigen Pflanz-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;dten zu begeben: &#x017F;o mo&#x0364;chte das nicht allein ih-<lb/>
re <hi rendition="#fr">eigne Ehre</hi> und <hi rendition="#fr">guten Namen,</hi> &#x017F;ondern<lb/>
auch die <hi rendition="#fr">Ehre</hi> und <hi rendition="#fr">das An&#x017F;ehen</hi> ihrer ganzen<lb/>
Familie retten, und noch dazu ein großes Theil<lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">Ver-</hi></fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[235/0241] Eines beſorge ich. Die Fraͤulein mag in Noth ſeyn: und dieſer Belford, der ihr, wie Fr. Smithinn geſtehet, Geld angeboten hat, das ſie damals ausgeſchlagen, kann vielleicht Gele- genheit finden, ſich dieſe Noth zu Nutze zu ma- chen. Der Dichter aber merket gar wohl an: Aegre formoſam poteris ſeruare puellam: Nunc prece, nunc auro forma petita ruit. Und dieſer Belford, der ein kuͤhner Menſch iſt, und, wie man ſagt, auch ſo ausſiehet, kann wohl den Ausſpruch von Horaz; mit deſſen Schriften Sie ſo gut bekannt ſind, daß es keiner beſſer ſeyn mag; wahr machen: Audax omnia perpeti, Gens humana ruit per vetitum nefas. Verzeihen Sie mir, mein Herr, was ich itzo ſchreiben werde. Koͤnnten Sie aber die Uebri- gen von Jhrer Familie bewegen, ſich den Vor- ſchlag gefallen zu laſſen, von welchem Sie und ihre tugendhafte Schweſter, die Fraͤulein Arabella, nebſt dem Archidiakonus und mir, ein- mal redeten, daß die ungluͤckliche Fraͤulein zu be- reden waͤre, ſich auf eine anſtaͤndige Weiſe zu einer oder der andern von den auswaͤrtigen Pflanz- ſtaͤdten zu begeben: ſo moͤchte das nicht allein ih- re eigne Ehre und guten Namen, ſondern auch die Ehre und das Anſehen ihrer ganzen Familie retten, und noch dazu ein großes Theil Ver-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/241
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/241>, abgerufen am 23.11.2024.