Jch vernehme von der Fr. Smithinn, daß Herr Hickmann sie vor einiger Zeit im Namen der Fräulein Howe besucht habe, und erfahre von einer andern Hand; Sie sehen, mein Herr, wie sorgfältig ich gewesen bin, das, was sie mir auf- getragen haben, auszurichten; daß er anfangs keine außerordentliche Meynung von diesem Belford gehabt, ob man sie gleich in der Nachbar- schaft einmal des Morgens zum Frühstück bey der Fräulein beysammen gesehen. Ein anderes mal hat man bemerket, daß dieser Belford auf den Herrn Hickmann, wie er von ihr gekommen, gewartet: so daß es scheinen möchte, als wenn er sehr begierig gewesen, sich bey dem Herrn Hick- mann in Gunst zu setzen; sonder Zweifel aus kei- ner andern Ursache, als damit er ihn gewinnen möch- te, bey der Fräulein Howe von der Vertrau- lichkeit, zu welcher er bey ihrer unglücklichen Frundinn gelassen worden, eine vortheilhafte Vorstellung zu machen. Die Fräulein mag wohl keine böse Absicht haben, weswegen sie seine Besuche gestattet: da sie sich sehr schlecht befindet. Denn es scheint, daß er den Arzt und Apotheker, die sie besuchen, zu ihr gebracht, oder wenigstens beyde ihr angerühmet habe. Allein ich denke überhaupt, es sieht nicht wohl aus.
Es ist mir leid, mein Herr, daß ich Jhnen kei- ne bessere Nachricht von der Klugheit der Fräu- lein geben kann. Aber was soll man sagen?
Vuaque conspecta liuorem ducit ab vua,
wie Juvenal bemerket.
Eines
Jch vernehme von der Fr. Smithinn, daß Herr Hickmann ſie vor einiger Zeit im Namen der Fraͤulein Howe beſucht habe, und erfahre von einer andern Hand; Sie ſehen, mein Herr, wie ſorgfaͤltig ich geweſen bin, das, was ſie mir auf- getragen haben, auszurichten; daß er anfangs keine außerordentliche Meynung von dieſem Belford gehabt, ob man ſie gleich in der Nachbar- ſchaft einmal des Morgens zum Fruͤhſtuͤck bey der Fraͤulein beyſammen geſehen. Ein anderes mal hat man bemerket, daß dieſer Belford auf den Herrn Hickmann, wie er von ihr gekommen, gewartet: ſo daß es ſcheinen moͤchte, als wenn er ſehr begierig geweſen, ſich bey dem Herrn Hick- mann in Gunſt zu ſetzen; ſonder Zweifel aus kei- ner andern Urſache, als damit er ihn gewinnen moͤch- te, bey der Fraͤulein Howe von der Vertrau- lichkeit, zu welcher er bey ihrer ungluͤcklichen Frundinn gelaſſen worden, eine vortheilhafte Vorſtellung zu machen. Die Fraͤulein mag wohl keine boͤſe Abſicht haben, weswegen ſie ſeine Beſuche geſtattet: da ſie ſich ſehr ſchlecht befindet. Denn es ſcheint, daß er den Arzt und Apotheker, die ſie beſuchen, zu ihr gebracht, oder wenigſtens beyde ihr angeruͤhmet habe. Allein ich denke uͤberhaupt, es ſieht nicht wohl aus.
Es iſt mir leid, mein Herr, daß ich Jhnen kei- ne beſſere Nachricht von der Klugheit der Fraͤu- lein geben kann. Aber was ſoll man ſagen?
Vuaque conſpecta liuorem ducit ab vua,
wie Juvenal bemerket.
Eines
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Jch vernehme von der Fr. Smithinn, daß
Herr Hickmann ſie vor einiger Zeit im Namen
der Fraͤulein Howe beſucht habe, und erfahre von
einer andern Hand; Sie ſehen, mein Herr, wie
ſorgfaͤltig ich geweſen bin, das, was ſie mir auf-
getragen haben, auszurichten; daß er anfangs
keine außerordentliche Meynung von dieſem
Belford gehabt, ob man ſie gleich in der Nachbar-
ſchaft einmal des Morgens zum Fruͤhſtuͤck bey
der Fraͤulein beyſammen geſehen. Ein anderes
mal hat man bemerket, daß dieſer Belford auf
den Herrn Hickmann, wie er von ihr gekommen,
gewartet: ſo daß es ſcheinen moͤchte, als wenn er
ſehr begierig geweſen, ſich bey dem Herrn Hick-
mann in Gunſt zu ſetzen; ſonder Zweifel aus kei-
ner andern Urſache, als damit er ihn gewinnen moͤch-
te, bey der Fraͤulein Howe von der Vertrau-
lichkeit, zu welcher er bey ihrer ungluͤcklichen
Frundinn gelaſſen worden, eine vortheilhafte
Vorſtellung zu machen. Die Fraͤulein mag
wohl keine boͤſe Abſicht haben, weswegen ſie
ſeine Beſuche geſtattet: da ſie ſich ſehr ſchlecht
befindet. Denn es ſcheint, daß er den Arzt und
Apotheker, die ſie beſuchen, zu ihr gebracht, oder
wenigſtens beyde ihr angeruͤhmet habe. Allein
ich denke uͤberhaupt, es ſieht nicht wohl aus.
Es iſt mir leid, mein Herr, daß ich Jhnen kei-
ne beſſere Nachricht von der Klugheit der Fraͤu-
lein geben kann. Aber was ſoll man ſagen?
Vuaque conſpecta liuorem ducit ab vua,
wie Juvenal bemerket.
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/240>, abgerufen am 23.11.2024.
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