Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751.

Bild:
<< vorherige Seite



wofern wir ihre Freunde bewegen könnten, es zu-
zugeben?

Obr. Eine solche List würde sich besser für
die italiänische Spitzfindigkeit, als für die engli-
sche Aufrichtigkeit schicken. Jhre Gnaden siud
vermuthlich in Jtalien gewesen?

Lovel. Mein Lord hat vielleicht Boccacio
gelesen: und das ist eben so gut; in Absicht auf
die berührte Anmerkung, welche sich aus einer
von den Erzählungen dieses Schriftstellers ent-
lehnen lässet. Allein die Fräulein Clarissa Har-
lowe ist über alle listige Kunstgriffe erhaben. Sie
muß etwas meynen, das ich nicht ergründen
kann.

Ohr. Jch kann nur so viel sagen, mein Lord, daß
ich die Briefe, welche Herr Lovelace mir aus beson-
derer Höflichkeit mitzunehmen erlaubt hat, auf
einige Art gebrauchen werde: und wenn ich erst
mit meinem Vetter Jakob, der alle Stunden er-
wartet wird, einige Unterredung gehabt, und ein
oder ein paar Dinge, die mir sehr auf dem Halse
liegen, zur Richtigkeit gebracht habe; so will ich
meiner schönen Base meine Aufwartung machen.
Alsdenn werde ich im Stande seyn, besser von al-
lem zu urtheilen. Unterdessen will ich an sie schrei-
ben: denn ich habe mich nach ihr erkundigen las-
sen, und finde, daß sie Trost nöthig hat.

Lovel. Wenn sie die Gewogenheit haben wol-
len, Herr Obrist, mir den verdammten Brief von
dem Kerl, dem Brand, auf einen oder zween Tage
zu überlassen: so werden sie mich sehr verbinden.

Obr.



wofern wir ihre Freunde bewegen koͤnnten, es zu-
zugeben?

Obr. Eine ſolche Liſt wuͤrde ſich beſſer fuͤr
die italiaͤniſche Spitzfindigkeit, als fuͤr die engli-
ſche Aufrichtigkeit ſchicken. Jhre Gnaden ſiud
vermuthlich in Jtalien geweſen?

Lovel. Mein Lord hat vielleicht Boccacio
geleſen: und das iſt eben ſo gut; in Abſicht auf
die beruͤhrte Anmerkung, welche ſich aus einer
von den Erzaͤhlungen dieſes Schriftſtellers ent-
lehnen laͤſſet. Allein die Fraͤulein Clariſſa Har-
lowe iſt uͤber alle liſtige Kunſtgriffe erhaben. Sie
muß etwas meynen, das ich nicht ergruͤnden
kann.

Ohr. Jch kann nur ſo viel ſagen, mein Lord, daß
ich die Briefe, welche Herr Lovelace mir aus beſon-
derer Hoͤflichkeit mitzunehmen erlaubt hat, auf
einige Art gebrauchen werde: und wenn ich erſt
mit meinem Vetter Jakob, der alle Stunden er-
wartet wird, einige Unterredung gehabt, und ein
oder ein paar Dinge, die mir ſehr auf dem Halſe
liegen, zur Richtigkeit gebracht habe; ſo will ich
meiner ſchoͤnen Baſe meine Aufwartung machen.
Alsdenn werde ich im Stande ſeyn, beſſer von al-
lem zu urtheilen. Unterdeſſen will ich an ſie ſchrei-
ben: denn ich habe mich nach ihr erkundigen laſ-
ſen, und finde, daß ſie Troſt noͤthig hat.

Lovel. Wenn ſie die Gewogenheit haben wol-
len, Herr Obriſt, mir den verdammten Brief von
dem Kerl, dem Brand, auf einen oder zween Tage
zu uͤberlaſſen: ſo werden ſie mich ſehr verbinden.

Obr.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0230" n="224"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
wofern wir ihre Freunde bewegen <hi rendition="#fr">ko&#x0364;nnten,</hi> es zu-<lb/>
zugeben?</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Obr.</hi> Eine &#x017F;olche Li&#x017F;t wu&#x0364;rde &#x017F;ich be&#x017F;&#x017F;er fu&#x0364;r<lb/>
die italia&#x0364;ni&#x017F;che Spitzfindigkeit, als fu&#x0364;r die engli-<lb/>
&#x017F;che Aufrichtigkeit &#x017F;chicken. Jhre Gnaden &#x017F;iud<lb/>
vermuthlich in Jtalien gewe&#x017F;en?</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Lovel.</hi> Mein Lord hat vielleicht Boccacio<lb/>
gele&#x017F;en: und das i&#x017F;t eben &#x017F;o gut; in Ab&#x017F;icht auf<lb/>
die beru&#x0364;hrte Anmerkung, welche &#x017F;ich aus einer<lb/>
von den Erza&#x0364;hlungen die&#x017F;es Schrift&#x017F;tellers ent-<lb/>
lehnen la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et. Allein die Fra&#x0364;ulein Clari&#x017F;&#x017F;a Har-<lb/>
lowe i&#x017F;t u&#x0364;ber alle li&#x017F;tige Kun&#x017F;tgriffe erhaben. Sie<lb/>
muß etwas meynen, das ich nicht ergru&#x0364;nden<lb/>
kann.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Ohr.</hi> Jch kann nur &#x017F;o viel &#x017F;agen, mein Lord, daß<lb/>
ich die Briefe, welche Herr Lovelace mir aus be&#x017F;on-<lb/>
derer Ho&#x0364;flichkeit mitzunehmen erlaubt hat, auf<lb/>
einige Art gebrauchen werde: und wenn ich er&#x017F;t<lb/>
mit meinem Vetter Jakob, der alle Stunden er-<lb/>
wartet wird, einige Unterredung gehabt, und ein<lb/>
oder ein paar Dinge, die mir &#x017F;ehr auf dem Hal&#x017F;e<lb/>
liegen, zur Richtigkeit gebracht habe; &#x017F;o will ich<lb/>
meiner &#x017F;cho&#x0364;nen Ba&#x017F;e meine Aufwartung machen.<lb/>
Alsdenn werde ich im Stande &#x017F;eyn, be&#x017F;&#x017F;er von al-<lb/>
lem zu urtheilen. Unterde&#x017F;&#x017F;en will ich an &#x017F;ie &#x017F;chrei-<lb/>
ben: denn ich habe mich nach ihr erkundigen la&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en, und finde, daß &#x017F;ie Tro&#x017F;t no&#x0364;thig hat.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Lovel.</hi> Wenn &#x017F;ie die Gewogenheit haben wol-<lb/>
len, Herr Obri&#x017F;t, mir den verdammten Brief von<lb/>
dem Kerl, dem Brand, auf einen oder zween Tage<lb/>
zu u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;en: &#x017F;o werden &#x017F;ie mich &#x017F;ehr verbinden.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Obr.</hi> </fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[224/0230] wofern wir ihre Freunde bewegen koͤnnten, es zu- zugeben? Obr. Eine ſolche Liſt wuͤrde ſich beſſer fuͤr die italiaͤniſche Spitzfindigkeit, als fuͤr die engli- ſche Aufrichtigkeit ſchicken. Jhre Gnaden ſiud vermuthlich in Jtalien geweſen? Lovel. Mein Lord hat vielleicht Boccacio geleſen: und das iſt eben ſo gut; in Abſicht auf die beruͤhrte Anmerkung, welche ſich aus einer von den Erzaͤhlungen dieſes Schriftſtellers ent- lehnen laͤſſet. Allein die Fraͤulein Clariſſa Har- lowe iſt uͤber alle liſtige Kunſtgriffe erhaben. Sie muß etwas meynen, das ich nicht ergruͤnden kann. Ohr. Jch kann nur ſo viel ſagen, mein Lord, daß ich die Briefe, welche Herr Lovelace mir aus beſon- derer Hoͤflichkeit mitzunehmen erlaubt hat, auf einige Art gebrauchen werde: und wenn ich erſt mit meinem Vetter Jakob, der alle Stunden er- wartet wird, einige Unterredung gehabt, und ein oder ein paar Dinge, die mir ſehr auf dem Halſe liegen, zur Richtigkeit gebracht habe; ſo will ich meiner ſchoͤnen Baſe meine Aufwartung machen. Alsdenn werde ich im Stande ſeyn, beſſer von al- lem zu urtheilen. Unterdeſſen will ich an ſie ſchrei- ben: denn ich habe mich nach ihr erkundigen laſ- ſen, und finde, daß ſie Troſt noͤthig hat. Lovel. Wenn ſie die Gewogenheit haben wol- len, Herr Obriſt, mir den verdammten Brief von dem Kerl, dem Brand, auf einen oder zween Tage zu uͤberlaſſen: ſo werden ſie mich ſehr verbinden. Obr.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/230
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/230>, abgerufen am 03.05.2024.