Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751.

Bild:
<< vorherige Seite



den Familien zu bedauren, welches verursachet
hätte, daß die Harloweische Familie eine Verbin-
dung mit einem Hause, das so viel auf wahre Eh-
re hielte, als dieses Beyspiel von dem unsrigen
zeigte, nicht so begierig gesucht hätte.

Jch erzählte ihm ferner, "daß, da ich von
"meinem Freunde; ich meynte dich; welcher
"den Zutritt zu ihr gehabt und allezeit ein Be-
"wunderer ihrer Tugend gewesen, auch mir von
"Zeit zu Zeit der Fräulein wegen so gut gera-
"then, daß ich ihm gefolgt zu haben wünschte,
"versichert worden, daß ein Besuch von mir ihr
"sehr unangenehm seyn würde, ich mich noch ein-
"mal entschlossen, zu versuchen, was ein Brief
"ausrichten würde, und dem zufolge den 7ten
"August ein Schreiben an sie abgelassen hätte.

"Dieß, Herr Obrist, ist die Abschrift davon.
"Jch stand damals nicht in gutem Vernehmen
"mit meinem Lord M. und den Ladies von unse-
"rer Familie. Sie werden ihn also für sich selbst
"lesen (*).

Dieser Brief that ihm vollkommen Genüge.
Sie schreiben hier von ganzem Herzen, Herr Lo-
velace. Es ist ein Brief voller Reue und Er-
kenntniß ihrer Schuld. Jhre Bitte ist vernünf-
tig - - daß sie nur in so weit Vergebung erlan-
gen mögen, als sie es nach einer Zeit der Prüfung,
welche sie ihr festzusetzen überlassen, zu verdienen

schei-
(*) Man sehe den VI Theil, S. 712.
O 4



den Familien zu bedauren, welches verurſachet
haͤtte, daß die Harloweiſche Familie eine Verbin-
dung mit einem Hauſe, das ſo viel auf wahre Eh-
re hielte, als dieſes Beyſpiel von dem unſrigen
zeigte, nicht ſo begierig geſucht haͤtte.

Jch erzaͤhlte ihm ferner, „daß, da ich von
„meinem Freunde; ich meynte dich; welcher
„den Zutritt zu ihr gehabt und allezeit ein Be-
„wunderer ihrer Tugend geweſen, auch mir von
„Zeit zu Zeit der Fraͤulein wegen ſo gut gera-
„then, daß ich ihm gefolgt zu haben wuͤnſchte,
„verſichert worden, daß ein Beſuch von mir ihr
„ſehr unangenehm ſeyn wuͤrde, ich mich noch ein-
„mal entſchloſſen, zu verſuchen, was ein Brief
„ausrichten wuͤrde, und dem zufolge den 7ten
„Auguſt ein Schreiben an ſie abgelaſſen haͤtte.

„Dieß, Herr Obriſt, iſt die Abſchrift davon.
„Jch ſtand damals nicht in gutem Vernehmen
„mit meinem Lord M. und den Ladies von unſe-
„rer Familie. Sie werden ihn alſo fuͤr ſich ſelbſt
„leſen (*).

Dieſer Brief that ihm vollkommen Genuͤge.
Sie ſchreiben hier von ganzem Herzen, Herr Lo-
velace. Es iſt ein Brief voller Reue und Er-
kenntniß ihrer Schuld. Jhre Bitte iſt vernuͤnf-
tig ‒ ‒ daß ſie nur in ſo weit Vergebung erlan-
gen moͤgen, als ſie es nach einer Zeit der Pruͤfung,
welche ſie ihr feſtzuſetzen uͤberlaſſen, zu verdienen

ſchei-
(*) Man ſehe den VI Theil, S. 712.
O 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0221" n="215"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
den Familien zu bedauren, welches verur&#x017F;achet<lb/>
ha&#x0364;tte, daß die Harlowei&#x017F;che Familie eine Verbin-<lb/>
dung mit einem Hau&#x017F;e, das &#x017F;o viel auf wahre Eh-<lb/>
re hielte, als die&#x017F;es Bey&#x017F;piel von dem un&#x017F;rigen<lb/>
zeigte, nicht &#x017F;o begierig ge&#x017F;ucht ha&#x0364;tte.</p><lb/>
          <p>Jch erza&#x0364;hlte ihm ferner, &#x201E;daß, da ich von<lb/>
&#x201E;meinem Freunde; <hi rendition="#fr">ich meynte dich;</hi> welcher<lb/>
&#x201E;den Zutritt zu ihr gehabt und allezeit ein Be-<lb/>
&#x201E;wunderer ihrer Tugend gewe&#x017F;en, auch mir von<lb/>
&#x201E;Zeit zu Zeit der Fra&#x0364;ulein wegen &#x017F;o gut gera-<lb/>
&#x201E;then, daß ich ihm gefolgt zu haben wu&#x0364;n&#x017F;chte,<lb/>
&#x201E;ver&#x017F;ichert worden, daß ein Be&#x017F;uch von mir ihr<lb/>
&#x201E;&#x017F;ehr unangenehm &#x017F;eyn wu&#x0364;rde, ich mich noch ein-<lb/>
&#x201E;mal ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, zu ver&#x017F;uchen, was ein Brief<lb/>
&#x201E;ausrichten wu&#x0364;rde, und dem zufolge den 7ten<lb/>
&#x201E;Augu&#x017F;t ein Schreiben an &#x017F;ie abgela&#x017F;&#x017F;en ha&#x0364;tte.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Dieß, Herr Obri&#x017F;t, i&#x017F;t die Ab&#x017F;chrift davon.<lb/>
&#x201E;Jch &#x017F;tand damals nicht in gutem Vernehmen<lb/>
&#x201E;mit meinem Lord M. und den Ladies von un&#x017F;e-<lb/>
&#x201E;rer Familie. Sie werden ihn al&#x017F;o fu&#x0364;r &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
&#x201E;le&#x017F;en <note place="foot" n="(*)">Man &#x017F;ehe den <hi rendition="#aq">VI</hi> Theil, S. 712.</note>.</p><lb/>
          <p>Die&#x017F;er Brief that ihm vollkommen Genu&#x0364;ge.<lb/>
Sie &#x017F;chreiben hier von ganzem Herzen, Herr Lo-<lb/>
velace. Es i&#x017F;t ein Brief voller Reue und Er-<lb/>
kenntniß ihrer Schuld. Jhre Bitte i&#x017F;t vernu&#x0364;nf-<lb/>
tig &#x2012; &#x2012; daß &#x017F;ie nur in &#x017F;o weit Vergebung erlan-<lb/>
gen mo&#x0364;gen, als &#x017F;ie es nach einer Zeit der Pru&#x0364;fung,<lb/>
welche &#x017F;ie ihr fe&#x017F;tzu&#x017F;etzen u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;en, zu verdienen<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">O 4</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;chei-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[215/0221] den Familien zu bedauren, welches verurſachet haͤtte, daß die Harloweiſche Familie eine Verbin- dung mit einem Hauſe, das ſo viel auf wahre Eh- re hielte, als dieſes Beyſpiel von dem unſrigen zeigte, nicht ſo begierig geſucht haͤtte. Jch erzaͤhlte ihm ferner, „daß, da ich von „meinem Freunde; ich meynte dich; welcher „den Zutritt zu ihr gehabt und allezeit ein Be- „wunderer ihrer Tugend geweſen, auch mir von „Zeit zu Zeit der Fraͤulein wegen ſo gut gera- „then, daß ich ihm gefolgt zu haben wuͤnſchte, „verſichert worden, daß ein Beſuch von mir ihr „ſehr unangenehm ſeyn wuͤrde, ich mich noch ein- „mal entſchloſſen, zu verſuchen, was ein Brief „ausrichten wuͤrde, und dem zufolge den 7ten „Auguſt ein Schreiben an ſie abgelaſſen haͤtte. „Dieß, Herr Obriſt, iſt die Abſchrift davon. „Jch ſtand damals nicht in gutem Vernehmen „mit meinem Lord M. und den Ladies von unſe- „rer Familie. Sie werden ihn alſo fuͤr ſich ſelbſt „leſen (*). Dieſer Brief that ihm vollkommen Genuͤge. Sie ſchreiben hier von ganzem Herzen, Herr Lo- velace. Es iſt ein Brief voller Reue und Er- kenntniß ihrer Schuld. Jhre Bitte iſt vernuͤnf- tig ‒ ‒ daß ſie nur in ſo weit Vergebung erlan- gen moͤgen, als ſie es nach einer Zeit der Pruͤfung, welche ſie ihr feſtzuſetzen uͤberlaſſen, zu verdienen ſchei- (*) Man ſehe den VI Theil, S. 712. O 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/221
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/221>, abgerufen am 03.05.2024.