fern er seine eigne Glückseligkeit kennet; wie glück- lich, in Vergleichung mit seinem armen sterben- den Freunde, daß er von seiner Krankheit wie- der aufgekommen ist und ihm noch eine bequeme Zeit gegönnet wird, für welche ich tausend Welten geben wollte, wenn ich sie zu geben hätte.
Jch billigte das, was er sagte, über alle Maßen, als Betrachtungen, die sich zu seinen gegenwärtigen Umständen schickten, und zog aus einem so gehörig gerührten Gemüthe Gründe, ihn zu trösten.
Er fuhr in eben diesen bußfertigen Reden fort. Jch habe ein sehr gottloses Leben geführet: und das haben wir alle. Wir haben uns nie- mals ein Gewissen gemacht, alles Unheil zu ver- üben, welches entweder Gewalt oder Betrug uns zu verüben in den Stand setzte. Wir haben un- schuldigen Herzen Fallstricke geleget, und kein Bedenken getragen, das Böse, welches wir ver- übet hatten, durch unsern allzufertigen Degen, wie es die Gelegenheit gab, auch über diejenigen Personen auszubreiten, die wir vorher in ihren liebsten Angehörigen beleidiget hatten. Aber dennoch denke ich in meinem Herzen, daß ich we- niger zu verantworten habe, als Lovelace oder Mowbray. Denn da ich die verfluchte Betrü- gerinn zu mir genommen hatte, von der du mich befreyet hast, und die manche Jahre über ohne mein Wissen einen Theil des Uebels, das ich an- dern zugefüget hatte, mir auf meinen Kopf wie- der vergolten hat; da ich mich auf mein Gut
bege-
fern er ſeine eigne Gluͤckſeligkeit kennet; wie gluͤck- lich, in Vergleichung mit ſeinem armen ſterben- den Freunde, daß er von ſeiner Krankheit wie- der aufgekommen iſt und ihm noch eine bequeme Zeit gegoͤnnet wird, fuͤr welche ich tauſend Welten geben wollte, wenn ich ſie zu geben haͤtte.
Jch billigte das, was er ſagte, uͤber alle Maßen, als Betrachtungen, die ſich zu ſeinen gegenwaͤrtigen Umſtaͤnden ſchickten, und zog aus einem ſo gehoͤrig geruͤhrten Gemuͤthe Gruͤnde, ihn zu troͤſten.
Er fuhr in eben dieſen bußfertigen Reden fort. Jch habe ein ſehr gottloſes Leben gefuͤhret: und das haben wir alle. Wir haben uns nie- mals ein Gewiſſen gemacht, alles Unheil zu ver- uͤben, welches entweder Gewalt oder Betrug uns zu veruͤben in den Stand ſetzte. Wir haben un- ſchuldigen Herzen Fallſtricke geleget, und kein Bedenken getragen, das Boͤſe, welches wir ver- uͤbet hatten, durch unſern allzufertigen Degen, wie es die Gelegenheit gab, auch uͤber diejenigen Perſonen auszubreiten, die wir vorher in ihren liebſten Angehoͤrigen beleidiget hatten. Aber dennoch denke ich in meinem Herzen, daß ich we- niger zu verantworten habe, als Lovelace oder Mowbray. Denn da ich die verfluchte Betruͤ- gerinn zu mir genommen hatte, von der du mich befreyet haſt, und die manche Jahre uͤber ohne mein Wiſſen einen Theil des Uebels, das ich an- dern zugefuͤget hatte, mir auf meinen Kopf wie- der vergolten hat; da ich mich auf mein Gut
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[14/0020]
fern er ſeine eigne Gluͤckſeligkeit kennet; wie gluͤck-
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den Freunde, daß er von ſeiner Krankheit wie-
der aufgekommen iſt und ihm noch eine bequeme
Zeit gegoͤnnet wird, fuͤr welche ich tauſend Welten
geben wollte, wenn ich ſie zu geben haͤtte.
Jch billigte das, was er ſagte, uͤber alle
Maßen, als Betrachtungen, die ſich zu ſeinen
gegenwaͤrtigen Umſtaͤnden ſchickten, und zog aus
einem ſo gehoͤrig geruͤhrten Gemuͤthe Gruͤnde, ihn
zu troͤſten.
Er fuhr in eben dieſen bußfertigen Reden
fort. Jch habe ein ſehr gottloſes Leben gefuͤhret:
und das haben wir alle. Wir haben uns nie-
mals ein Gewiſſen gemacht, alles Unheil zu ver-
uͤben, welches entweder Gewalt oder Betrug uns
zu veruͤben in den Stand ſetzte. Wir haben un-
ſchuldigen Herzen Fallſtricke geleget, und kein
Bedenken getragen, das Boͤſe, welches wir ver-
uͤbet hatten, durch unſern allzufertigen Degen,
wie es die Gelegenheit gab, auch uͤber diejenigen
Perſonen auszubreiten, die wir vorher in ihren
liebſten Angehoͤrigen beleidiget hatten. Aber
dennoch denke ich in meinem Herzen, daß ich we-
niger zu verantworten habe, als Lovelace oder
Mowbray. Denn da ich die verfluchte Betruͤ-
gerinn zu mir genommen hatte, von der du mich
befreyet haſt, und die manche Jahre uͤber ohne
mein Wiſſen einen Theil des Uebels, das ich an-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/20>, abgerufen am 23.11.2024.
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