anders ansehen kann, als wie eine Person, die eben in die Gesellschaft der Heiligen und Engel tritt. Diese Vorstellung hatte mich so vollkom- men eingenommen, daß ich mich, da ich wegging, nicht enthalten konnte, sie um ihr Gebeth und ih- ren Segen zu ersuchen: und zwar mit derjenigen Ehrerbietung, die man einem Engel schuldig ist, und mit einem solchen Eifer, als vertraute Freun- de, die auf eine Beförderung warten, bezeigen, wenn sie sich eine Person geneigt machen wollen, die eben durch die Gnade ihres Fürsten zu einer der obersten Stuffen der Gewalt erhoben ist.
Des Abends war sie so matt und schwach, daß ich in weniger, als einer Viertelstunde, mei- nen Abschied nahm. Jch ging geradesweges zu Hause: wo ich nun, zum Vergnügen und zur Bewunderung meiner Base und ihrer Familie, manchen guten Abend zubringe; welches sie eurer Entfernung von London zuschreiben.
Jch werde mein Packet morgen frühe mit mei- nem eignen Bedienten absenden, damit ich euch die ungewisse Erwartung, worinn ich euch muß gehalten haben, vergelte. Jhr werdet mir dafür danken, hoffe ich: aber nicht dafür, das bin ich versichert, daß ich euren Diener ohne einen Brief zurückgeschickt habe.
Mich verlangt, die Umstände von der Unter- redung zwischen euch und dem Herrn Morden zu erfahren. Die Fräulein ist desfalls voller Sor- ge: wie ich schon angezeigt habe. Sendet mir dieß Packet wieder zurück; wenn ihr es durchge-
sehn
anders anſehen kann, als wie eine Perſon, die eben in die Geſellſchaft der Heiligen und Engel tritt. Dieſe Vorſtellung hatte mich ſo vollkom- men eingenommen, daß ich mich, da ich wegging, nicht enthalten konnte, ſie um ihr Gebeth und ih- ren Segen zu erſuchen: und zwar mit derjenigen Ehrerbietung, die man einem Engel ſchuldig iſt, und mit einem ſolchen Eifer, als vertraute Freun- de, die auf eine Befoͤrderung warten, bezeigen, wenn ſie ſich eine Perſon geneigt machen wollen, die eben durch die Gnade ihres Fuͤrſten zu einer der oberſten Stuffen der Gewalt erhoben iſt.
Des Abends war ſie ſo matt und ſchwach, daß ich in weniger, als einer Viertelſtunde, mei- nen Abſchied nahm. Jch ging geradesweges zu Hauſe: wo ich nun, zum Vergnuͤgen und zur Bewunderung meiner Baſe und ihrer Familie, manchen guten Abend zubringe; welches ſie eurer Entfernung von London zuſchreiben.
Jch werde mein Packet morgen fruͤhe mit mei- nem eignen Bedienten abſenden, damit ich euch die ungewiſſe Erwartung, worinn ich euch muß gehalten haben, vergelte. Jhr werdet mir dafuͤr danken, hoffe ich: aber nicht dafuͤr, das bin ich verſichert, daß ich euren Diener ohne einen Brief zuruͤckgeſchickt habe.
Mich verlangt, die Umſtaͤnde von der Unter- redung zwiſchen euch und dem Herrn Morden zu erfahren. Die Fraͤulein iſt desfalls voller Sor- ge: wie ich ſchon angezeigt habe. Sendet mir dieß Packet wieder zuruͤck; wenn ihr es durchge-
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anders anſehen kann, als wie eine Perſon, die
eben in die Geſellſchaft der Heiligen und Engel
tritt. Dieſe Vorſtellung hatte mich ſo vollkom-
men eingenommen, daß ich mich, da ich wegging,
nicht enthalten konnte, ſie um ihr Gebeth und ih-
ren Segen zu erſuchen: und zwar mit derjenigen
Ehrerbietung, die man einem Engel ſchuldig iſt,
und mit einem ſolchen Eifer, als vertraute Freun-
de, die auf eine Befoͤrderung warten, bezeigen,
wenn ſie ſich eine Perſon geneigt machen wollen,
die eben durch die Gnade ihres Fuͤrſten zu einer
der oberſten Stuffen der Gewalt erhoben iſt.
Des Abends war ſie ſo matt und ſchwach,
daß ich in weniger, als einer Viertelſtunde, mei-
nen Abſchied nahm. Jch ging geradesweges zu
Hauſe: wo ich nun, zum Vergnuͤgen und zur
Bewunderung meiner Baſe und ihrer Familie,
manchen guten Abend zubringe; welches ſie eurer
Entfernung von London zuſchreiben.
Jch werde mein Packet morgen fruͤhe mit mei-
nem eignen Bedienten abſenden, damit ich euch
die ungewiſſe Erwartung, worinn ich euch muß
gehalten haben, vergelte. Jhr werdet mir dafuͤr
danken, hoffe ich: aber nicht dafuͤr, das bin ich
verſichert, daß ich euren Diener ohne einen Brief
zuruͤckgeſchickt habe.
Mich verlangt, die Umſtaͤnde von der Unter-
redung zwiſchen euch und dem Herrn Morden zu
erfahren. Die Fraͤulein iſt desfalls voller Sor-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/181>, abgerufen am 23.11.2024.
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