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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751.

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ja bis zur Anbetung geliebet zu werden: da Sie
um der Ehre und Tugend willen eine Leidenschaft
überwältigen können, welche gemeine Gemüther;
ich spreche aus grausamer Erfahrung; unüber-
windlich befinden; und dieß noch dazu zu einer
Zeit, da der scheusliche Mensch, welcher Sie be-
leidigt hat, vor Jhnen knieet, und wie ich wohl
versichert bin, fußfällig um Vergebung bittet,
gleichwie alle seine Freunde ebenfalls inständigst
für ihn bitten.

Daß Sie ihm nicht vergeben, nicht so verge-
ben können, daß Sie ihn wieder gewogen anneh-
men sollten, ist kein Wunder. Seine Beleidi-
gung läuft wider die Tugend: diese ist ein Theil
von Jhrem Wesen. - - Was für Großmuth ist
dieß! Wie gerecht sind Sie gegen Sich selbst,
und gegen Jhre unbefleckte Gemüthsart! Jst es
ein Verdienst, eine Person von so erhöheter Ein-
sicht mehr als jemals zu bewundern? Nein es ist
keines. Jch kann daraus keinen Grund für mich
nehmen.

Was für Hoffnung habe ich übrig, mag man
sagen, nachdem mein Antrag schon vormals ver-
worfen ist: da nun Jhr Leiden, welches Sie so
edelmüthig getragen haben, bey allen tüchti-
gen Richtern
die gute Meynung von Jhrer
Gemüthsart erhöhet hat? Gleichwohl, gnädige
Fräulein, habe ich mich in einem Stücke zu rüh-
men. Jhre Freunde, welche Sie nicht von der
rechten Seite, wie ich, ansehen, verfolgen und ver-
bannen Sie. Jhr Vermögen und Jhr Gut wird

Jhnen
K 2



ja bis zur Anbetung geliebet zu werden: da Sie
um der Ehre und Tugend willen eine Leidenſchaft
uͤberwaͤltigen koͤnnen, welche gemeine Gemuͤther;
ich ſpreche aus grauſamer Erfahrung; unuͤber-
windlich befinden; und dieß noch dazu zu einer
Zeit, da der ſcheusliche Menſch, welcher Sie be-
leidigt hat, vor Jhnen knieet, und wie ich wohl
verſichert bin, fußfaͤllig um Vergebung bittet,
gleichwie alle ſeine Freunde ebenfalls inſtaͤndigſt
fuͤr ihn bitten.

Daß Sie ihm nicht vergeben, nicht ſo verge-
ben koͤnnen, daß Sie ihn wieder gewogen anneh-
men ſollten, iſt kein Wunder. Seine Beleidi-
gung laͤuft wider die Tugend: dieſe iſt ein Theil
von Jhrem Weſen. ‒ ‒ Was fuͤr Großmuth iſt
dieß! Wie gerecht ſind Sie gegen Sich ſelbſt,
und gegen Jhre unbefleckte Gemuͤthsart! Jſt es
ein Verdienſt, eine Perſon von ſo erhoͤheter Ein-
ſicht mehr als jemals zu bewundern? Nein es iſt
keines. Jch kann daraus keinen Grund fuͤr mich
nehmen.

Was fuͤr Hoffnung habe ich uͤbrig, mag man
ſagen, nachdem mein Antrag ſchon vormals ver-
worfen iſt: da nun Jhr Leiden, welches Sie ſo
edelmuͤthig getragen haben, bey allen tuͤchti-
gen Richtern
die gute Meynung von Jhrer
Gemuͤthsart erhoͤhet hat? Gleichwohl, gnaͤdige
Fraͤulein, habe ich mich in einem Stuͤcke zu ruͤh-
men. Jhre Freunde, welche Sie nicht von der
rechten Seite, wie ich, anſehen, verfolgen und ver-
bannen Sie. Jhr Vermoͤgen und Jhr Gut wird

Jhnen
K 2
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[147/0153] ja bis zur Anbetung geliebet zu werden: da Sie um der Ehre und Tugend willen eine Leidenſchaft uͤberwaͤltigen koͤnnen, welche gemeine Gemuͤther; ich ſpreche aus grauſamer Erfahrung; unuͤber- windlich befinden; und dieß noch dazu zu einer Zeit, da der ſcheusliche Menſch, welcher Sie be- leidigt hat, vor Jhnen knieet, und wie ich wohl verſichert bin, fußfaͤllig um Vergebung bittet, gleichwie alle ſeine Freunde ebenfalls inſtaͤndigſt fuͤr ihn bitten. Daß Sie ihm nicht vergeben, nicht ſo verge- ben koͤnnen, daß Sie ihn wieder gewogen anneh- men ſollten, iſt kein Wunder. Seine Beleidi- gung laͤuft wider die Tugend: dieſe iſt ein Theil von Jhrem Weſen. ‒ ‒ Was fuͤr Großmuth iſt dieß! Wie gerecht ſind Sie gegen Sich ſelbſt, und gegen Jhre unbefleckte Gemuͤthsart! Jſt es ein Verdienſt, eine Perſon von ſo erhoͤheter Ein- ſicht mehr als jemals zu bewundern? Nein es iſt keines. Jch kann daraus keinen Grund fuͤr mich nehmen. Was fuͤr Hoffnung habe ich uͤbrig, mag man ſagen, nachdem mein Antrag ſchon vormals ver- worfen iſt: da nun Jhr Leiden, welches Sie ſo edelmuͤthig getragen haben, bey allen tuͤchti- gen Richtern die gute Meynung von Jhrer Gemuͤthsart erhoͤhet hat? Gleichwohl, gnaͤdige Fraͤulein, habe ich mich in einem Stuͤcke zu ruͤh- men. Jhre Freunde, welche Sie nicht von der rechten Seite, wie ich, anſehen, verfolgen und ver- bannen Sie. Jhr Vermoͤgen und Jhr Gut wird Jhnen K 2

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/153>, abgerufen am 23.11.2024.